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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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in seiner Beziehung zu Katrina als unwürdiger Mann erwiesen. Er hatte ihre Liebe angenommen, so lange es ihm passte, und sie fallen lassen, als sich durch Livia Baltimore eine finanziell lukrativere Verbindung geboten hatte. Aber auch das war kein Verbrechen … wenngleich eine Sünde, deren sich viele schuldig machten.
    Aber nichts davon konnte Motiv genug für Dalgarno sein, Katrina zu ermorden.
    Einen Betrug zu verdecken wäre ein Motiv gewesen, aber worin lag er? Monk konnte nichts beweisen. Alles, was er hatte, waren Ideen und Verdächtigungen. Monk erinnerte sich an den Brief, in dem er namentlich erwähnt wurde und den er bei Katrina mitgenommen hatte. Seine Hand tat ihm weh, als hätte er sich die Finger daran verbrannt. Hätte er ihn dort gelassen, wäre Runcorn jetzt hinter ihm her, und wäre es nicht Runcorn, sondern einer seiner Kollegen, wäre dieser von seiner Schuld genauso überzeugt!
    »Natürlich ist er schuldig!«, sagte Runcorn ungehalten, als Monk vom Bahnhof aus direkt zu ihm fuhr, um ihm von seinem Misserfolg zu berichten. Sein Büro war wie immer mit Akten überhäuft, aber sie waren alle ordentlich gestapelt, als hätte er sie bereits durchgearbeitet. Er war zu beschäftigt, um Monk einen Tee anzubieten. Wie dem auch sei, er schien ihn inzwischen eher als Kollegen denn als Gast zu betrachten. Er sah ihn skeptisch und ein wenig enttäuscht an. »Die Tatsache, dass Sie keinen Beweis für einen Betrug mitgebracht haben, bedeutet nicht, dass er unschuldig ist«, sagte er grimmig. »Es heißt nur, dass er es so gut verborgen hat, dass Sie es nicht aufdecken können. Vermutlich hat er aus Dundas' Fehlern gelernt. Zwei Farmen oder Landsitze, oder was sagten Sie?«
    »Ja«, antwortete Monk zugeknöpft. »Und wenn ich die Strecke geplant hätte, hätte man mir kein Bestechungsgeld zahlen müssen, damit ich sie um den Hügel herum- und nicht hindurchführe, um die Teilung eines solchen Landgutes zu vermeiden.«
    »Wollen Sie sich etwa mit Dalgarno vergleichen?« Runcorn zog in einer Mischung aus Überraschung und Zweifel die Augenbrauen hoch.
    Monk zögerte. Die Frage war sarkastisch gemeint gewesen, aber er erkannte ein Körnchen Wahrheit darin. Es gab eine physische Ähnlichkeit, die durch entsprechendes Selbstbewusstsein – man könnte auch Arroganz sagen –, die Vorliebe für exzellente Kleidung und eine gewisse Anmut in den Bewegungen noch verstärkt wurde. Wenn der Zeuge tatsächlich jemanden auf dem Dach bei Katrina gesehen hatte und seine Beschreibung auf Dalgarno passte, passte sie auch auf Monk. Viele Leute hatten ihn mit Katrina gesehen – zum Beispiel im Park. Auf einen zufälligen Betrachter mochte es gewirkt haben, als hätten sie gestritten. Mit einem Frösteln in der Magengrube erinnerte sich Monk daran, wie sie seinen Mantel gepackt und dabei den Knopf abgerissen hatte. Er wusste, wann das passiert war, aber sie hatte ihn in der Hand gehalten, als sie starb. Warum? Warum hatte sie ihn so viel später immer noch in der Hand gehalten? Ohne ein Motiv war Dalgarno nicht schuldiger als Monk. Vielleicht war der Beweis gegen Dalgar-no genauso vom Zufall oder vom Unglück begünstigt?
    »Monk!«, sagte Runcorn laut. »Wollen Sie sich mit Dalgarno vergleichen?«
    Monk zwang sich mit einem Ruck in die Gegenwart zurück. »Irgendwie schon«, antwortete er.
    »Irgendwie?«, fragte Runcorn, der sich darüber wunderte, dass Monk dies ernst meinte.
    Monk spürte, dass er an einem Abgrund stand, und zog sich zurück. »Oberflächlich betrachtet«, antwortete er. Sein Kopf war bereits mit etwas anderem beschäftigt, mit seinen Zweifeln und seiner Not. »Nur oberflächlich.« Er wollte sich so rasch wie möglich entschuldigen. Er musste zu Rathbone. Es war dringend. Womöglich war es schon zu spät.
    »Mehr ist da nicht«, sagte er. »Sie werden sich auf die Staatsanwaltschaft verlassen müssen. Es tut mir Leid.«
    Runcorn stöhnte. »Ich nehme an, ich sollte dankbar sein, dass Sie's versucht haben.«
    Monk musste anderthalb Stunden warten, bis Rathbone Zeit hatte, ihn zu empfangen. Es waren unglückliche anderthalb Stunden, viel zu lang, um dazusitzen und darüber nachzudenken, wie schwierig das war, was er tun musste, und in welche Verlegenheit es ihn brachte.
    Als Rathbone schließlich kam und Monk in sein vertrautes elegantes Büro führte, machte er keine langen Worte.
    »Michael Dalgarno wurde des Mordes an Katrina Harcus angeklagt, aber der Beweis hängt davon ab, ob er ein Motiv hat«, sagte

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