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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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er freiheraus.
    »Natürlich.« Rathbone nickte und sah Monk mit wachsendem Interesse an. Sie kannten sich so gut, dass er wusste, dass Monk ihn nicht aufsuchte, um etwas so Offensichtliches zu sagen. Er wäre auch nicht so angespannt und seine Stimme nicht so gepresst, ginge es nicht um eine äußerst wichtige und schmerzliche Angelegenheit. Die Beziehung zwischen ihnen war tief, doch gelegentlich gab es auch Rivalität zwischen dem geistig abgeklärten und selbstsicheren Rathbone, dem es jedoch an emotionalem Mut fehlte, und dem arroganten, unsicheren Monk, der fast so aussah und sich verhielt wie ein Gentleman und der doch die innere Leidenschaft besaß, sein Herz zu binden, und der jetzt verzweifelt fürchtete, nach aller Mühe, Veränderung und Hoffnung am Ende doch zu verlieren.
    Rathbone betrachtete ihn ernst und wartete darauf, dass er sich erklärte.
    »Runcorn hält Dalgarno für schuldig, weil Katrina einen Beweis dafür hatte, dass er in den betrügerischen Kauf und Verkauf von Land für die neue Eisenbahnstrecke von Baltimore und Söhne nach Derby verwickelt war«, fing er an. »Ich dachte das auch, aber ich habe so gründlich wie möglich gesucht, habe sogar alle geschäftlichen Transaktionen mit denen bei dem Betrug von Baltimore und Söhne in Liverpool vor sechzehn Jahren verglichen, als ich noch selbst für die besagte Bank arbeitete.« Er sah, dass Rathbone überrascht war, dies jedoch gleich wieder verbarg. »Aber ich kann keinen Beweis finden«, fuhr er fort. »Jedenfalls nicht genug, um einen Mann wegen eines Mordes zu hängen.«
    Rathbone betrachtete seine Hände, dann sah er Monk an. »Worin genau bestand Ihre Verwicklung in den ersten Betrug damals, soweit Sie wissen?«, fragte er.
    Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem nur die nackte Wahrheit weiterhelfen konnte. Jedes Ausweichen konnte als Schuld auf ihn zurückfallen wie ein Messer, das alles Gute zerstörte, das ihm geblieben war.
    »Arrol Dundas, der Mann, der mir alles Wissenswerte beibrachte und fast wie ein Vater zu mir war, wurde beschuldigt, Land billig gekauft und es dann, nachdem er die Messtischblätter geändert hatte, damit die Strecke verlegt wurde, mit riesigem Gewinn verkauft zu haben«, antwortete er. »Man befand ihn für schuldig, und er starb im Gefängnis.« Es war merkwürdig, es in so knappen Worten zusammenzufassen. Es klang wie ein juristischer Fall und nicht wie das Leben von Menschen, das man zerstört hatte. Am besten brachte er es hinter sich und fügte den hässlichsten Part auch gleich hinzu. »Und während er im Gefängnis war, geschah der schlimmste Eisenbahnunfall aller Zeiten. Ein Kohlenzug stieß mit einem Sonderzug voller Kinder zusammen.«
    Rathbone war so entsetzt, dass er erst einmal schwieg. »Verstehe«, sagte er schließlich, wobei seine Stimme so leise war, dass man sie kaum hörte. »Und hatte er etwas mit dem Betrug zu tun?«
    »Nicht dass ich wüsste. Der Unfall wurde menschlichem Versagen zugeschrieben, womöglich sowohl des Zugführers als auch des Bremsers.«
    »Beweise?« Rathbone hob leicht die Augenbrauen.
    »Keine. Niemand hat je etwas herausgefunden. Aber man hat noch nie von Streckenarbeitern gehört, die eine fehlerhafte Strecke gebaut hätten. Es gibt zu viele Kontrollen, und es sind zu viele Leute daran beteiligt, die ihr Handwerk verstehen.«
    »Verstehe. Und hatte Dundas den Betrug begangen, oder war es jemand, der noch lebt? Dalgarno?«
    »Nicht Dalgarno, er war vor sechzehn Jahren noch ein Schuljunge. Ich weiß nicht, ob es Dundas war. Damals war ich von seiner Unschuld überzeugt … Zumindest glaubte ich es.« Er wich Rathbones Blick nicht aus. »Ich habe darum gekämpft, dass er freigesprochen wird … und ich kann mich an den Kummer und die Hilflosigkeit erinnern, als er verurteilt wurde.«
    »Aber …«, stocherte Rathbone vorsichtig wie ein Chirurg mit einem Skalpell, und deshalb tat es auch weh.
    »Aber ich kann mich nicht erinnern. Ich fühle mich wegen irgendetwas schuldig. Ich weiß nicht, ob deswegen, weil ich ihm nicht helfen konnte. Ich war gerade in Liverpool und habe mir die finanziellen Angelegenheiten angeschaut, so weit mir das ohne weitere Befugnisse möglich war. Er war damals recht wohlhabend. Vermutlich hatte er Gewinne aus dem Landverkauf gezogen …«
    Rathbone nickte. »Natürlich. Man nimmt an, dass das zum Beweis des Betrugs beitrug. Was ist damit?«
    »Er starb sehr arm.« Diesmal sah Monk Rathbone nicht an. »Er verkaufte sein großes Haus, und

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