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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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jenem Abend gesehen? Irgendeine Idee, wann er das Haus verlassen hat und ob er allein war oder in Begleitung?«
    Sie sah ihn unverwandt an, um sich ein Bild von ihm zu machen.
    Er erwiderte ihren Blick und überlegte, ob sie Geld wollte oder ob es ihren Stolz verletzen würde, wenn er es ungeschickt anging.
    »Es wäre sehr erfreulich, wenn sich herausstellen würde, dass es nichts mit den Frauen in der Leather Lane zu tun hat«, bemerkte er.
    In ihren Augen blitzte ehrliches Interesse auf. »Allerdings«, stimmte sie ihm zu. »Aber selbst wenn ich ihn gesehen hätte, und jemand wäre ihm gefolgt, heißt das noch lange nicht, dass sie weiter als bis zum Ende der Straße gegangen sind, oder?«
    »Nein, keineswegs«, sagte er und versuchte, sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen. Er wusste nicht einmal, ob er aufgeregt war oder sich fürchtete. Er wollte nicht, dass Dalgar-no schuldig war! Es war nur eine Fährte, die seinen Eifer entfachte, endlich ein Faden Wahrheit zwischen diesem Knäuel voller Knoten. »Aber wenn ich wüsste, in welche Richtung sie gegangen sind, könnte ich womöglich die Droschke finden, die sie mitgenommen hat.«
    »Josiah Wardrup«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken. »Hab ihn selbst gesehen. Fast, als hätte er den alten Mistkerl erwartet.«
    »Sehr interessant«, sagte Monk aufrichtig. »Vielleicht hat er das? Vielleicht ging Mr. Baltimore diesen Weg regelmäßig um diese Zeit?«
    Aus der Tiefe ihrer Kehle stieg ein anerkennendes Geräusch auf. »Ganz schön clever sind Sie, was?«
    »Na, ab und zu«, meinte er. Er griff in seine Tasche und holte zwei Shilling hervor. »Ich glaube, ich belohne mich mit Weinbrandtrüffeln für ein paar Pence.«
    »Klar, und für wie viele Pence soll's denn sein?«, fragte sie und nahm die zwei Shilling.
    »Vier«, sagte er, ohne zu zögern.
    Sie grinste und gab ihm eine großzügige Portion.
    »Vielen Dank. Behalten Sie das Wechselgeld. Ich bin Ihnen sehr verbunden.«
    Sie schob sich die Tonpfeife wieder in den Mund und saugte höchst zufrieden daran. Sie hatte eine vergnügliche Unterredung genossen, ein paar Shillings für nichts verdient und vielleicht der Sache der Gerechtigkeit gedient, den armen Frauen, die in der Gegend um die Farringdon Avenue arbeiteten, die Polypen vom Hals zu schaffen. Nicht schlecht für kaum 'ne halbe Stunde Arbeit.
    Monk brauchte bis zum nächsten Tag, um Josiah Wardrup zu finden, und auf nur milden Druck gab der Droschkenkutscher zu, dass er Nolan Baltimore in den letzten zwei oder drei Jahren mindestens einmal die Woche an dieser Ecke aufgenommen und zur Ecke Theobald's Road und Gray's Inn Road gebracht hatte, was nur einen Katzensprung von der Leather Lane entfernt war.
    Monk war sich nicht sicher, ob es das war, was er hören wollte. Es sah sehr danach aus, als wäre Baltimore regelmäßig hierher gekommen, in diesem Fall hätte aber jeder, der ihm schaden wollte, es herausfinden und ihm folgen können.
    Falls Wardrup noch jemanden gesehen hatte, dann gab er es nicht zu. Er sah Monk mit verdutztem, unschuldigem Blick an und verlangte die verdiente Anerkennung. Und nein, er hatte keine Ahnung, wohin Mr. Baltimore von dort aus zu gehen pflegte. Immer noch stand Monk dort und wartete, bis Wardrup gefahren war, was diesen merkwürdig amüsierte. Was machte ein Gentleman schon in einer solchen Gegend?
    Die einzige Tatsache, die Monk einigermaßen interessant fand, war, dass es jedes Mal dieselbe Ecke gewesen war. Die Zeiten variierten, die Wochentage, aber niemals der Ort.
    In dem Bordell in der Leather Lane, wo seine Leiche gefunden worden war, leugnete man jedoch, ihn je zuvor gesehen zu haben. Er sei nicht nur an jenem Abend nicht dort gewesen, sondern auch nie zuvor.
    Monk mochte noch so viel schmeicheln und drohen – keine Frau sagte etwas Abweichendes, und obwohl man sie im Allgemeinen nicht für ehrlich hielt und trotz der Tatsache, dass Baltimore unzweifelhaft dort gefunden worden war, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass er ihnen glaubte. Natürlich war er sich auch bewusst, dass er bei weitem nicht der Erste war, der sie fragte, und sie mehr als genug Zeit gehabt hatten, ihre Geschichten miteinander abzusprechen.
    Dennoch war Abel Smiths dubioses und alles andere als verlockendes Etablissement nicht die Art von Lokalität, die gemeinhin von wohlhabenden Männern wie Baltimore frequentiert wurde. Aber die Geschmäcker waren verschieden, die einen mochten Schmutz, die anderen Gefahr. Monk kannte

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