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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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allerdings niemanden, der Krankheit mochte – außer denen natürlich, die bereits infiziert waren.
    Nach zwei Tagen war er kaum klüger.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit Dalgarno zu und war überrascht, wie sehr er sich vor dem, was er herausfinden würde, fürchtete. Zudem war die Suche selbst alles andere als einfach. Dalgarno war ein Mann, der sehr viele Dinge allein zu tun schien. Herauszufinden, um welche Zeit er die Büros von Baltimore und Söhne verlassen hatte, war nicht schwierig. Ein paar Erkundigungen am Empfang erbrachten diese Information, aber sie war von geringem Nutzen. Dalgarno war um sechs Uhr gegangen, fünf Stunden bevor Baltimore einen Hansom bestiegen hatte und zur Ecke Gray's Inn Road gefahren war.
    Ein Zeitungsjunge hatte gesehen, wie jemand – mit großer Wahrscheinlichkeit Dalgarno – das Haus der Baltimores betreten hatte, und eine halbe Stunde später war auch Jarvis Baltimore nach Hause gekommen, aber der Zeitungsjunge hatte den Platz vor acht Uhr verlassen, und keiner der Befragten wusste mehr. Die Dienstboten der Baltimores würden es wissen, aber er hatte keine Befugnis, mit ihnen zu sprechen, und eine Entschuldigung fiel ihm nicht ein. Und selbst wenn, Baltimore konnte jederzeit zwischen Mitternacht und Morgendämmerung umgebracht worden sein. Auch bei Dalgarno ergaben Monks Nachforschungen nicht, ob er die ganze Nacht in seinem Zimmer gewesen war. Hinein- und herauszukommen war einfach, und so hatten weder der Postbote noch einer seiner Diener ihn gesehen.
    Monk sprach mit dem Pfefferkuchenverkäufer an der Ecke fünfzig Meter weiter, einem kleinen, schlanken Mann, der aussah, als würden ihm eine dicke Scheibe seiner eigenen Pfefferkuchen und eine heiße Tasse Tee gut tun. Er hatte gesehen, dass Dalgarno am Abend von Baltimores Tod gegen halb zehn nach Hause gekommen war. Dalgarno war rasch gegangen, seine Miene war wutverzerrt gewesen, den Hut hatte er stramm auf dem Kopf sitzen, und er war ohne ein Wort vorbeigelaufen. Der Pfefferkuchenverkäufer hatte jedoch kurz darauf seine Sachen zusammengepackt und war nach Hause gegangen, also hatte er keine Ahnung, ob Dalgarno noch einmal weggegangen war oder nicht.
    Vielleicht wusste es der Wachtmeister, der in der Nacht Dienst gehabt hatte. Er kam ab und zu auf seiner Runde hier vorbei. Aber er grinste Monk schief an und zwinkerte ihm halbherzig zu. Sicher, er kannte jemanden, der diese Straßen frequentierte, um sonst was zu treiben; in ein paar Tagen würde er sich erkundigen.
    Monk gab ihm eine halbe Krone und versprach ihm weitere sieben, was zusammen einen Sovereign geben würde, wenn er ihm behilflich wäre. Allerdings brauchte er mehr als eine Aussage aus zweiter Hand. Wenn es Zeugen gab, musste er selbst mit ihnen reden. Was irgendjemand in der Straße wollte, ging ihn nichts an, danach würde er nicht fragen.
    Der Wachtmeister dachte einen Moment nach, dann erklärte er sich einverstanden. Monk dankte ihm, sagte, er würde in drei oder vier Tagen wieder vorbeischauen, und verabschiedete sich.
    Es war gegen drei Uhr am Nachmittag, kalt und stürmisch, grau, Regen kündigte sich an. Fürs Erste hatte er alles getan, was er in Bezug auf Dalgarno und auf Baltimores Tod tun konnte. Womöglich verhielt es sich genau so, wie es aussah und wie alle vermuteten. Er konnte die Suche, von der er von Anfang an gewusst hatte, dass er sie aufnehmen musste, nicht länger aufschieben. Er musste zurück zu Arrol Dundas' Prozess und sehen, ob die Einzelheiten seine Erinnerung wachrütteln würden und er sich daran erinnerte, was er damals über den Betrug, wie er entdeckt worden war, und vor allem über seine eigene Rolle dabei gewusst hatte.
    Wo der Prozess stattgefunden hatte, wusste er nicht, aber alle Sterbefälle waren registriert, und die Akten wurden hier in London aufbewahrt. Er kannte genug Einzelheiten, um Dun-das' Akte zu finden, und dort würde der Gerichtsort verzeichnet sein. Heute Abend würde er dorthin gehen und sich seiner Vergangenheit stellen, den Deckel von seinen Albträumen lüften.
    Zuerst musste er nach Hause, sich waschen, etwas essen, sich umziehen und einen Koffer packen, bereit, dorthin aufzubrechen, wohin er reisen musste.
    Hester würde wohl nicht zu Hause sein, sondern entweder in dem Haus am Coldbath Square arbeiten oder unterwegs sein, um mehr Geld für Miete, Essen und Medikamente zu sammeln. Er nahm es an, weil er es sich wünschte, um der Konfrontation mit seinen eigenen Gefühlen aus dem Weg zu gehen. Das

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