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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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würde sie alles daransetzen, ihn mit gesetzlichen Mitteln zu erledigen, sodass er und seine Partner, falls er welche hatte, den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbringen würden, vorzugsweise in der Tretmühle.
    »Ich habe da gewisse Ideen«, wich sie aus. »Aber im Augenblick gilt meine größte Sorge der Suche nach neuen Räumlichkeiten zu besseren Bedingungen. Da es in Ihrem Interesse liegt, dass die … verunglückten … Frauen rasch, kostenlos und absolut diskret behandelt werden, dachte ich, Sie seien der geeignete Mann, mir in dieser Angelegenheit … einen Rat zu geben.«
    Robinson saß ganz still da und musterte sie, während sich die Sekunden zu Minuten dehnten. Auch sie versuchte, ihn einzuschätzen. Sie erwartete keine Hilfe bei der Suche nach einem neuen Quartier; das war nur eine Ausrede, um ihn kennen zu lernen und sich das Haus anzusehen. Hatten Fanny, Alice und die anderen Frauen hier gearbeitet? Wenn sie Rathbone einen Namen und eine Adresse geben konnte, hatte er wenigstens eine erste Spur. War dieser schmalgesichtige Mann mit den sehnigen Schultern und dem sorgfältig rasierten Gesicht tatsächlich der profitgierige und prügelnde Wucherer? Oder war er nur ein einfacher Bordellbesitzer mit einem etwas besseren Etablissement?
    Wegen irgendetwas war er nervös. Die hektischen Bewegungen seiner langen, dünnen Finger, die Blässe seines Gesichts, seine körperliche Anspannung, all das verriet Angst. Oder ging es ihm einfach nicht gut, und machte er sich um etwas ganz anderes Sorgen? Vielleicht ging er tagsüber nie nach draußen, und seine Blässe war Folge seines Lebenswandels.
    Sie hatte wenig erfahren. Wenn sie etwas erreichen wollte, musste sie sich etwas weiter vorwagen. »Sie machen bestimmt Verluste«, sagte sie kühn.
    Etwas in ihm veränderte sich. Es war so subtil, dass sie es nicht hätte beschreiben können, aber es schien, als hielte ihn eine verborgene Angst noch fester in ihren Klauen. Sie verlor den Mut. Sicher war sie am falschen Ort. Squeaky Robinson hatte weder die Nerven noch die Intelligenz für solch ein dreistes und kompliziertes Unternehmen. Um so etwas durchzuziehen, musste man langfristig planen können, den Gewinn im Auge behalten und dabei ruhig Blut und einen kühlen Kopf bewahren. Squeaky Robinson machte auf sie nicht den Eindruck, als besäße er auch nur eine dieser Eigenschaften. Die Panik in ihm war schon jetzt, da sie einander anstarrten, zu sehr spürbar.
    Doch lag das sicher nicht an ihr. Sie hatte keine Drohung ausgesprochen, weder direkt noch indirekt. Sie besaß gar nicht die Macht, ihm an den Kragen zu gehen, und hatte auch nichts dergleichen angedeutet.
    Fürchtete er sich womöglich vor seinem Partner? Der dies alles aufgebaut hatte und sich darauf verließ, dass er es Gewinn bringend führte, ohne das Auge des Gesetzes auf sich zu ziehen? War es das?
    »Vielleicht sollten Sie sich lieber mit Ihrem Partner beraten, bevor Sie eine Entscheidung fällen«, sagte sie laut.
    Squeaky fuhr so plötzlich zusammen, dass er sich mit dem Papiermesser stach und aufschrie. Er schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich jedoch rasch wieder. »Ich habe keinen Partner!« Er starrte wütend auf den roten Fleck an seiner Hand, dann blickte er sie zornig an, als wäre es ihre Schuld, dass er sich verletzt hatte.
    Sie lächelte erstaunt.
    »Sie suchen nach anderen Räumlichkeiten?«, sagte er vorsichtig.
    »Womöglich«, antwortete sie. »Aber zu einem sehr guten Mietzins, und ohne Hin und Her, wie's Ihnen gerade passt, sondern mit einer richtigen geschäftlichen Vereinbarung. Wenn Sie sich mit niemand anderem beraten müssen, dann lassen Sie sich das, was ich gesagt habe, durch den Kopf gehen, und überlegen Sie sich, ob Sie mir helfen können. Es ist in Ihrem eigenen Interesse.«
    Squeaky kaute auf der Lippe herum. Er wusste offensichtlich nicht, was er tun sollte, und der Druck, eine Entscheidung treffen zu müssen, brachte in noch mehr in Bedrängnis.
    Hester beugte sich ein wenig vor. »Mr. Robinson, es wird noch schlimmer kommen. Je länger die Polizei hier ist, desto wahrscheinlicher ist doch, dass Ihre Freier gezwungen sind, sich andere Orte zu suchen, um sich zu amüsieren, und dann …«
    »Was soll ich denn tun?«, platzte es aus ihm heraus, und jetzt quietschte seine Stimme so hoch, dass sie seinen Spitznamen rechtfertigte. »Ich weiß nicht, wer ihn umgebracht hat.«
    »Ich auch nicht«, antwortete sie. »Sie vielleicht schon. Ein Mann, der ein solches Haus

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