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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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in Deckung. Als der Roller außer Sicht- und Hörweite war, setzte er seinen Weg zügig, aber nicht hastig fort. Seine Bewegungen wirkten ruhig und durchdacht, verrieten eine gewisse Routine.
    Nicht weit vom Haus entfernt, hatte er seinen Kastenwagen geparkt. Er verfrachtete den Sack auf die Ladefläche, setzte sich ans Steuer und fuhr los.
    *
    »Die Katzenstein macht mich wahnsinnig!« Kossek war sauer. Stinksauer, um genau zu sein. Unzuverlässigkeit gehörte zu den Dingen, die er am meisten hasste. Der kleine Dicke hatte ihm soeben auf Nachfrage mitgeteilt, dass Alexandra Katzenstein heute Morgen zu einem wichtigen Termin nicht erschienen war. Der Bremer Innensenator hatte zur Pressekonferenz geladen, um die neueste Kriminalitätsstatistik zu erläutern. Bremen lag auf der Liste der gefährlichsten deutschen Städte mal wieder auf den vorderen Plätzen. Alle waren da gewesen: taz-Bremen, Nordsee-Zeitung, Bremerhavener Sonntagsjournal, Radio Bremen, BILD-Zeitung, Weserkurier, Weserreport, die Kreiszeitung Syke, die Kollegen von der Deutschen Presseagentur – nur Polizeireporterin Katzenstein vom Weserblick glänzte durch Abwesenheit.
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«, polterte Kossek.
    »Hab mich auch gewundert, Knut. Okay, Ali is nich immer die Pünktlichste, aber dass sie gar nich erscheint, ohne Bescheid zu sagen, das is eigentlich nich ihre Art, ganz ehrlich«, versuchte Matze, seine Kollegin in Schutz zu nehmen.
    »So – nicht ihre Art. Und wie ist das dann zu erklären?«
    »Keine Ahnung, Knut. Ich hab schon zigmal versucht, sie anzurufen, aber sie geht nicht ran. Wir wollten uns ja vor dem Polizeipräsidium treffen.«
    »Toll! Super! Wer schreibt jetzt den Artikel?«
    »Also, den Jahresbericht der Innenbehörde hab ich natürlich hier. Mit allen Zahlen und dem ganzen Statistikkram …«
    »Wir sind hier nicht die Presseabteilung der Innenbehörde, verdammt noch mal! Die Klei… äh, die Katzenstein hätte kritisch nachgefragt! Das hätte sie doch, oder?«
    »Äh, ja sicher. Glaub schon …«
    »Also gut, gib schon her. Mal sehen, ob ich da was draus machen kann.« Unwirsch nahm der Lokalchef dem Fotografen die Pressemappe aus der Hand. »Okay, Matze, du kannst ja nichts dafür«, schlug er versöhnlichere Töne an. »Im Gegenteil, du bist einer meiner besten Leute. Aber ich muss meinem Ärger halt irgendwie Luft machen, verstehst du? Und die eigentliche Adressatin ist ja nicht hier.«
    »Schon klar.«
    Kossek schlug die Pressemappe auf und warf einen Blick hinein. »Okay, ich werde schon irgendwie klarkommen. Gut, das war’s dann erst mal, Matze, danke. Aber für die Katzenstein hat das ein Nachspiel, da kannst du Gift drauf nehmen.«
    Matthias Grothe machte keine Anstalten, den Raum zu verlassen.
    Irritiert sah ihn Kossek an. »Äh, is noch was?«
    Matze druckste herum. »Nun ja, um ehrlich zu sein, Knut, also …«
    »Matze!« Kossek tippte mit seinem Zeigefinger energisch auf seine Armbanduhr – die Zeit des Chefs einer zwanzigköpfigen Redaktion war nicht unbegrenzt. »Also, was is?«
    »Um ehrlich zu sein: Ich mach mir Sorgen um Ali.«
    »Sorgen? Wieso?«
    »Da stimmt was nicht. Wie gesagt, das ist nicht ihre Art, einen Termin einfach sausen zu lassen und sich nicht zu melden. Das passt nicht zu ihr. Überhaupt nicht. Vor allem, wenn es ein beruflicher Termin ist. Ich hab ihr weiß Gott wie oft auf die Mailbox gesprochen. Also, entweder hat sie ihr iPhone verloren, oder …«
    »Oder was?«
    »Oder ihr is was passiert.«
    Kossek schluckte. Also doch! Dieser Mathematiker, mit dem er die Kleine im Scusi gesehen hatte, war ihm gleich komisch vorgekommen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass jemand im Sexrausch … Noch dazu einer, der aussah wie ein Satanist. Dass der Typ pervers war, hatte er ihm aus hundert Metern Entfernung angesehen. Manche Frauen standen ja auf solche Typen. Alexandra bestimmt. Die ließ sich ja sogar mit Rockmusikern ein. Und jetzt, nachdem sie ihn wegen seiner blöden Facebook-Gruppe noch mal getroffen hatte, war sie womöglich … Kossek wagte den Gedanken nicht zu Ende zu denken. Sollte er Matze von seiner Beobachtung erzählen, ihm von seiner Befürchtung berichten? Er beschloss, sich bedeckt zu halten. Zumindest vorerst noch. Er stand auf, ging zur Tür und schloss sie. Dann setzte er sich wieder hinter seinen Schreibtisch und forderte Matze auf, auf einem der beiden Stühle Platz zu nehmen. Er sah Matze durchdringend an. »Also?«
    »Also, was?«
    »Hast du

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