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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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durch die Zähne. Todt kümmerte sich nicht um seinen Chef, sondern redete einfach weiter. »Nicole Wollenbeck hatte blondes, langes Haar, grüne Augen und war, wie man unschwer erkennen kann, auffallend hübsch.« Todt legte das Bild zurück in die Mappe. »Claudia Tiefenbach war dunkelhaarig, blauäugig und eher unscheinbar.« Kühlborn nickte. »Mittelmaß würde ich sagen.« Todt überging auch diese Bemerkung und widmete sich nacheinander allen Fotos. Zu jedem Bild gab Kühlborn einen Chauvispruch zum Besten. Todt, der selbst zwei Töchter hatte, war genervt von seinem Chef. Doch er hatte beschlossen, sich heute nicht von ihm aus der Reserve locken zu lassen.
    »Dass eine der Frauen einfach verschwunden ist, um ein neues Leben zu beginnen, scheint ausgeschlossen. Alle hatten Familie oder Freunde, Hobbys, berufliche Pläne, ein intaktes Privatleben. Wie ich ja schon sagte, wissen wir nicht, ob die Frauen wirklich Opfer ein und desselben Täters geworden sind.«
    »Mmmm«, machte Kühlborn und rieb sich seinen weißen Vollbart. Die Crew wusste, was das zu bedeuten hatte. Kühlborn witterte Arbeit und hatte keine Lust. Dabei musste er als Chef ja nicht mal selbst ermitteln. »Irgendjemand eine Idee?«, fragte der Chef und zündete sich seine fünfte Zigarette an.
    Blum meldete sich wieder zur Wort: »Du sagtest ja bereits, dass die Frauen alle in den ersten sechs Monaten des Jahres verschwunden sind. Es ist auffällig, dass das immer in den ersten Tagen eines Monats geschah, am dritten oder am vierten. Vielleicht gibt es nur einen Täter. Oder aber ein Nachahmer hat sich seine Opfer bewusst an diesen Tagen gesucht, um den Verdacht auf den ersten Täter zu lenken.«
    »Das haben wir auch schon in Betracht gezogen«, sagte Daniela Cremer, die die alten Fälle gemeinsam mit Todt durchgegangen war. »Wir haben uns überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Bevölkerung wird gewarnt. Der oder die Täter wissen, dass die Polizei die Fälle noch nicht zu den Akten gelegt hat. Außerdem haben wir ein erstes Beweisstück, nämlich den Schädel. Sollte es sich wirklich um einen Serientäter handeln, hält ihn der öffentliche Druck vielleicht davon ab, in diesem Jahr wieder eine Frau zu entführen. Denn wie gesagt: Die fünf Jahre sind demnächst wieder um.«
    Kühlborn schüttelte den Kopf. »Und was ist, wenn gar kein Serienmörder unterwegs ist? Dann wissen die Täter, dass wir auf der falschen Fährte sind. Und die Bevölkerung, vor allem die Frauen, sind in Panik versetzt worden.« Einen Moment lang war es still im Raum. Typisch Kühlborn. Erst sollten seine Leute Vorschläge machen, dann bügelte er sie allesamt ab.
    »Aber wenn es einen Serientäter gibt und er tatsächlich wieder zuschlägt, eine Frau entführt und ermordet, müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, keine Warnung herausgegeben zu haben«, widersprach Cremer. Blum warf ihr einen anerkennenden Blick zu. Kühlborn fixierte die junge Kollegin wie ein Raubtier seine Beute. Für die anderen Kollegen war das ein sicheres Zeichen, dass der Chef genug hatte. Dass es jetzt besser war, ihn reden zu lassen. Kühlborn hörte sich gerne reden.
    Todt kochte innerlich. Natürlich würde der Chef gleich wieder alles besser wissen. Dabei war er schon immer ein lausiger Ermittler gewesen. Doch er besaß das richtige Parteibuch, und das war in Bremen im Zweifel wichtiger, als ein Einserdiplom von der Polizeifachhochschule.
    Selbst als Kühlborn vor Jahren mal den Hinweis auf einen Mord verschlampt hatte, war er ungeschoren davongekommen. Damals hatte ein Mann einen Bekannten ganz ungeniert gefragt, ob der nicht seine Ehefrau umbringen könne. Für viel Geld natürlich. Zum Schein war der Mann auf das Angebot eingegangen, hatte sich nach dem Gespräch allerdings sofort an die Mordkommission gewendet. Per Telefax. Doch Kühlborn hatte den Mann als Spinner abgetan, ihn nicht mal zur Vernehmung bestellt und das Fax abgeheftet. Eine Woche später war die Frau tot gewesen. Ermordet vom Ehemann, der die Sache selbst in die Hand genommen hatte.
    Selbst als die überregionale Presse den Fall aufgegriffen hatte, war Kühlborn nicht mal versetzt worden. Irgendjemand hielt eine schützende Hand über ihn. Wusste der Teufel, warum. So etwas war nur in Bremen möglich, dachte Todt, den die Liebe nach dem Abitur von der Donau an die Weser gelockt hatte.
    »Es könnte doch sein, dass sich neue Zeugen melden, die vielleicht im Ausland waren und jetzt

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