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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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das Licht aus und verließ den Schweinestall.
    Er war schon an der Tür des Großraumbüros, hatte die Hand am Lichtschalter – da hörte er draußen auf dem Gang plötzlich Schritte, die sich eilig näherten. Das geübte Ohr des Polizeibeamten erkannte den Gang einer Frau, die mit hochhackigen Schuhen den Flur entlangstöckelte. Klack, klack, klack, klack. Aber sie war nicht allein, obwohl Harry keine weiteren Schritte hörte. Wahrscheinlich trug der Typ Gummisohlen.
    »Guck mal Bärchen, bei euch brennt ja noch Licht«, sagte die Frau mit kieksender Stimme.
    »Hat Kühlborn bestimmt vergessen auszumachen, der alte Trottel. Passiert dem öfter. Warte, ich guck mal nach, Hasilein«, brummte ein sonorer Bass. Harry sah sich hektisch um, suchte nach einem Versteck. Wenn er jetzt erwischt würde, wäre Feierabend. Dann hätte er nicht nur ein Disziplinarverfahren am Hals, er würde rausfliegen und wäre erledigt. Sein Herz schlug schneller. Ob er es noch bis zum Aktenschrank schaffen würde, um sich dahinter zu verstecken? Vor einem misstrauischen Kriminalbeamten? Verdammt, solche Aktionen waren einfach nichts für ihn. Oder sollte er versuchen, sich unter einem Schreibtisch zu verkriechen? Noch während die Überlegungen durch sein Hirn schossen, sprach Hasilein die erlösenden Worte: »Ach nö, Bärchen, lass das blöde Licht. Wir haben doch was Besseres vor.«
    »Auch wieder wahr«, brummte Bärchen und gab seinem Hasilein einen Klaps auf den Po, was dieses mit einem aufgeregten Kichern quittierte. Die Schritte entfernten sich, nur Sekunden später wurde die Tür zu einem benachbarten Raum aufgeschlossen. Harry wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Wiederum wenige Augenblicke später drangen eindeutige Geräusche an sein Ohr. Jetzt aber nichts wie weg hier, dachte er und ging auf Zehenspitzen zur Tür. Doch dann hielt er noch mal inne. Drehte sich um.
    Nicole sah ihn an. »Ich finde raus, wer dir das angetan hat, Nicole«, flüsterte er. »Ich find’s raus. Ich versprech’s dir.«
    *

Da sieht man’s wieder mal, dachte Matze. Normalerweise gucken sie dich mit dem Arsch nicht an. Aber wenn sie was von dir wollen, dann sind sie auf einmal scheißfreundlich, die Tussen. Da war Alexandra Katzenstein keine Ausnahme. Sie hatte ihn doch tatsächlich gefragt, ob er Lust habe, mit ihr nach Hamburg zu fahren. Er. Mit ihr. Nach Hamburg. Rein privat. Zu irgendwelchen Mathefuzzis von so ’ner Stiftung. Weil sie von Mathe null Ahnung habe und sie dort nicht als absolute Vollidiotin auflaufen wolle. Er hatte ihr gegenüber mal unvorsichtigerweise erwähnt, dass Mathe in der Schule sein Lieblingsfach gewesen sei.
    »Klar, Alexandra, gerne, wenn ich dir damit helfen kann«, hatte er eine Spur zu hastig geantwortet.
    »Lieb von dir, du hast jetzt was bei mir gut «, hatte sie gesäuselt.
    Sie hatten sich auf Anhieb verstanden. Matze hatte sie in den ersten Wochen des Jahres vertreten müssen. Ihr Alter war abgenippelt. Selbstmord. Mit Kohlenmonoxid. Obwohl sie, wie er von Kollegen wusste, angeblich überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihrem alten Herrn gehabt hatte, sah sie seitdem so traurig aus, dass Matze sie am liebsten in den Arm genommen hätte. Aber so weit waren sie nicht. Noch nicht.
    Beruflich waren sie schnell ein eingespieltes Team geworden. Wenngleich ihm manchmal vor den Methoden seiner neuen Kollegin schauderte. Durch die Jahre als Pressefotograf in der Hauptstadt hatte er geglaubt, mit allen Wassern gewaschen zu sein. Alexandra Katzenstein belehrte ihn eines Besseren. Täglich.
    Einmal war er mit der Katzenstein bei einem wegen Insolvenzverschleppung angeklagten Kaufhausbesitzer-Ehepaar aufgelaufen. Sie hatten sich als Interessenten für die alte Plattensammlung ausgegeben, die der Mann unvorsichtigerweise ein paar Wochen zuvor im Internet zum Verkauf angeboten hatte. In Wirklichkeit war es ihnen nur darum gegangen, die Villa in Bremen-Oberneuland in Augenschein zu nehmen, um hinterher im Weserblick beschreiben zu können, in welchem Luxus die angeblichen Pleitiers lebten. Der Justiziar des Verlages hatte Magenkrämpfe bekommen, die Story dann aber doch zähneknirschend durchgewunken. Schließlich war es nicht verboten, sich für alte Platten zu interessieren.
    Simon Schröder hatte ihnen gratuliert und was von »seinen besten Pferden im Stall« gesagt. Matze hatte daraufhin beschlossen, sich fortan nicht mehr allzu viele Gedanken zu machen, die Klappe zu halten, was er ja sowieso meistens tat,

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