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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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und sich im Wesentlichen darauf zu konzentrieren, möglichst gute Fotos zu schießen.
    Seit er Alexandra kannte, achtete Matze streng darauf, jeden Tag frisch rasiert im Büro zu erscheinen, ganz entgegen seiner sonstigen Gewohnheit. Er verwendete ein neues, sündhaft teures Aftershave, hatte seine alten Schlabberklamotten ab- und sich drei neue Sakkos zugelegt, dazu zwei schwarze Designerjeans. Nur auf Knobelbecher und Sneaker mochte er nicht verzichten. Er wechselte jetzt sogar zweimal in der Woche seine Unterhose und die Socken. Vor allem aber hatte er sich zum Ziel gesetzt, endlich abzunehmen. Hundert Kilo waren eindeutig zu viel, bei gerade mal eins zweiundsiebzig. Anderthalb Kilo hatte er sogar schon geschafft. Doch Alexandra schien seine Bemühungen gar nicht zu bemerken.
    Und dann das: Vor ein paar Tagen war sie noch viel freundlicher zu ihm gewesen als sonst. Hatte ihm morgens einen Becher Kaffee auf den Schreibtisch gestellt. Matze hatte das zunächst auf sein neues, kariertes Sakko zurückgeführt, das er an diesem Tag zum ersten Mal getragen hatte.
    Doch dann war sie plötzlich rausgerückt mit der Sprache. Er hatte zuerst gedacht, es habe was mit dem Job zu tun, aber sie hatte ihn gleich aufgeklärt: Es ginge um ihren verstorbenen Vater, ihr Erbe und um Mathematik.
    »Um Mathematik …?«, hatte er ungläubig nachgefragt.
    »Um Mathematik, deswegen sollst du ja mitkommen nach Hamburg, weil ich davon absolut nichts verstehe. Außerdem ist doch mein Lappen weg. Deswegen müsstest du meinen BMW Z3 fahren. Danach lade ich dich zum Sushi-Essen ein, als kleines Dankeschön. Einverstanden?«
    »Toll«, hatte Matze geantwortet, obwohl er Sushi hasste und ihm eine Currywurst oder ein ordentlicher Cheeseburger lieber gewesen wären. Oder noch besser beides.
    Ein paar Mal hatten sie ihren Ausflug verschieben müssen. Einmal war eine Leiche in der Weser dazwischengekommen. Ein anderes Mal hatte Alexandra heftige Migräne gehabt.
    Doch nun war es endlich so weit.
    Die Autobahn war frei und Matze trat das Gaspedal durch. Zum Glück war der Schnee geschmolzen. Durch die tiefen Sitze hatte man fast das Gefühl, man würde zu ebener Erde über die Straße sausen. Wunderbar.
    »Mein Vater hat mich enterbt«, sagte Alexandra unvermittelt.
    »Wie bitte?« Durch das Rauschen des Fahrtwindes und das Heulen des Motors konnte er sie nur schwer verstehen.
    »Mein Vater hat mich enterbt.« Alexandra schrie nun fast.
    Matze nickte zum Zeichen, das er verstanden hatte.
    »Alleinerbin ist die Stiftung, zu der wir jetzt fahren.« Alexandra hatte sich zu ihm rübergebeugt.
    »Enterbt? Heftig! Okay, aber was willst du dann noch von denen? Wenn’s so im Testament steht …«, antwortete Matze und war fast ein bisschen sauer, dass sie ihn wegen so einer Sache nach Hamburg bemühte.
    »So einfach ist das nicht, mein Lieber. Erstens steht mir als Tochter zumindest der Pflichtteil zu. Zweitens könnte ich das Testament auch anfechten. Dafür habe ich jetzt ein Jahr Zeit. Immerhin hat mein Vater nach Meinung der Polizei Selbstmord begangen. Ich könnte also behaupten, dass er seine sieben Sinne nicht beisammen hatte, als er sein Testament schrieb. Und drittens möchte ich einfach wissen, was diese Mathefuzzis für Typen sind. Und was sie so treiben.«
    Hatte sie wirklich ›mein Lieber‹ gesagt oder spielten ihm die Fahrtgeräusche einen Streich?
    »Hättest du mir vorher gesagt, was das für ’ne Stiftung ist, hätte ich mich ein wenig schlaumachen können.«
    »Herzchen, hältst du mich für eine Amateurin?« Alexandra öffnete das Handschuhfach und holte ein paar Blätter Papier heraus.
    ›Herzchen‹ … hatte sie gesagt, diesmal hatte er sie genau verstanden. Er fuhr etwas langsamer. Alexandra fing an, einen kleinen Vortrag über die Mathefuzzis zu halten, redete sich richtig in Rage. »›Wer bringt unser Land weiter? Germanisten und Philosophen? Oder Ingenieure und Naturwissenschaftler?‹ Die haben doch einen Knall. Goethe und Schiller waren doch auch keine Naturwissenschaftler, oder? Vollidioten.«
    »Na ja, Goethe hat schon naturwissenschaftliche Aufsätze geschrieben. Und Schiller war Arzt«, relativierte Matze und bereute es sofort, weil er merkte, dass er wie ein Oberschullehrer klang. »Trotzdem sind die ja ganz schön heftig drauf, diese Mathefuzzis«, schob er schnell hinterher. »Bestimmt die totalen Nerds. Mit denen werden wir schon irgendwie fertig. Wirst schon sehen.« Alexandras Seitenblick, irritiert und ein

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