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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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gerade vorbei. Durch die Scheiben drang kein Laut, doch wenn die Glastüren geöffnet waren, hörte man sicher das Plätschern des Wassers. Sohn und Tochter, die ihnen vom Flügel, der schräg vor dem Panoramafenster stand, aus silbernen Rahmen zulächelten, wirkten wie Kinder, die gute Noten schrieben, niemals Widerworte gaben, prädestiniert für eine glänzende Karriere in einer Bank oder Behörde.
    Die Einrichtung wirkte edel, aber kalt. Die Wände aus nacktem Beton waren braun gestrichen. Ein paar Würfel, die mit grau-weiß marmoriertem Stoff überzogen waren, scharten sich um einen Glastisch. Matze und Harry tauschten verstohlene Blicke.
    Martina Fittkau nickte, bedeutete Harry und Matze, sich zu setzen. »Kaffee, Tee?«
    Matze entschied sich für Kaffee, Harry für Tee.
    »Nun, meine Herren, was kann ich für Sie tun?«, fragte Martina Fittkau, während sie einschenkte.
    »Ich sagte Ihnen am Telefon ja bereits, dass wir mit dem Segen von Nicoles Mutter privat ermitteln. Sie müssen uns nichts sagen, aber wir wären Ihnen sehr dankbar …«
    Nicoles ehemalige WG-Genossin strich ihren Rock hinten glatt und setzte sich auf einen der Würfel. »Schon gut. Wenn ich helfen kann, tue ich das gerne. Gibt es denn was Neues?«
    »Leider ja«, antwortete Harry. »Nicole ist tot. Ihr Schädel ist am Weserstrand gefunden worden. Ich dachte, Sie wären schon informiert worden.«
    »Nein, mich hat niemand informiert«, flüsterte Martina Fittkau und schlug sich die Hand vor den Mund. Wortlos stand sie auf, ging zur Fensterfront und blickte hinaus auf die Elbe.
    »Sie sind in den letzten Jahren ja auch viel umgezogen. Vielleicht wusste Nicoles Mutter einfach nicht, wo sie Sie erreichen sollte«, gab Harry zu bedenken.
    Martina Fittkau nickte. Tränen glänzten auf ihren Wangen. »Weiß man, wie sie, ich meine, also …«
    »Wir wissen nicht, wie Nicole zu Tode gekommen ist«, antwortete Harry. »Und auch die Mordkommission tappt im Dunkeln. Nicole ist möglicherweise Opfer eines Serienmörders geworden. Seit 1985 sind mehrere Frauen in Bremen verschwunden.«
    Matze staunte. Harry ging nicht gerade zimperlich mit Martina Fittkau um.
    Nicoles frühere Freundin löste ihren Blick von der Elbe, wischte sich mit der Handfläche die Tränen aus dem Gesicht und setzte sich wieder. Martina Fittkau war nun nicht mehr die toughe Geschäftsfrau, sondern wirkte sehr verletzlich. »Ich habe von dieser Serie der verschwundenen Frauen gelesen. Man fragt sich natürlich, ob man den Mörder sogar kannte.«
    Matze registrierte irritiert, dass Martina Fittkau von sich in der dritten Person sprach.
    »Wenn ich ehrlich bin, war das einer der Gründe, weshalb ich nach dem Studium sofort aus Bremen weggegangen bin. Ich wollte nicht mehr an diese Sache erinnert werden.«
    »Haben Sie denn einen konkreten Verdacht?«, hakte Harry nach.
    Martina Fittkau schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, das war damals ein fürchterlicher Schock, als Nicole von einem Tag auf den anderen spurlos verschwand. Wir wollten an diesem Abend gemeinsam kochen. Rotwein trinken. Ich hatte dafür eingekauft. Und dann kam Nicole einfach nicht nach Hause. Mir war gleich klar, dass etwas passiert sein musste. Es war nicht Nicoles Art, jemanden zu versetzen. Sie hätte angerufen, wenn ihr etwas dazwischengekommen wäre. Die halbe Nacht lang habe ich rumtelefoniert. Doch niemand wusste, wo Nicole steckte. Raissa, die Freundin, die sie in Woltmershausen besucht hatte, sagte mir, dass Nicole um kurz vor neunzehn Uhr bei ihr aufgebrochen sei. Ich habe Nicoles Eltern angerufen, die natürlich besorgt waren. Nur Simon Schröder, ihr Cousin, reagierte ziemlich gelassen. Er scherzte noch, Nicole hätte wahrscheinlich den Mann ihres Lebens getroffen und würde die Nacht mit ihm verbringen. Ich solle bis zum Morgen warten, dann würde Nicole sicher zurück sein. Doch sie kam nicht zurück. Nicht am nächsten Morgen. Nicht am übernächsten oder überübernächsten. Ihre Eltern gaben eine Vermisstenanzeige auf. Auch Simon war das Scherzen vergangen. Er schrieb mehrere Vermisstenaufrufe. Trotzdem glaubte er nie daran, dass Nicole umgekommen war. Nicht mal, als die Polizei anfing, Parallelen zu dieser anderen Frau zu ziehen, die fünf Jahre vor Nicole verschwunden war. Simon war regelrecht besessen von der Idee, dass Nicole noch lebte. Er glaubte, dass sie sich in die Südsee abgesetzt habe.«
    »Südsee, wieso Südsee?«, wollte Harry wissen.
    »Nicole träumte von der Südsee, hatte einen

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