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Tod Eines Senators

Titel: Tod Eines Senators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mich. Um uns breitete sich das ganze Forum aus. Hinter mir murmelte Honorius plötzlich: »Scheiße, Falco!« Dann hielt er sich zurück. Aelianus atmete scharf ein. Genau wie ich konnte er nicht gewusst haben, was passieren würde, aber wir spürten alle, dass es Ärger geben würde.
    Ich machte einen Schritt nach unten, aus eigenem Antrieb.
    Der Mann, der mir im Weg stand, war ein Fremder. Dünn, hoch gewachsen, schmales Gesicht, trist gekleidet, neutraler Gesichtsausdruck, unbedeutend im Aussehen, aber alles an ihm wies darauf hin, dass er etwas Dramatisches mit mir vorhatte. Er hatte offizielle Unterstützung. Er war selbstsicher. Wenn er ein Messer gezückt und es mir in den Wanst gerammt hätte, wäre ich nicht überrascht gewesen. Aber sein Vorhaben war formeller. Er war ein Bote, und für mich war seine Botschaft tödlich.
    »Didius Falco!« Irgendein hilfreiches Schwein hatte ihm mitgeteilt, welche verschwitzte Toga meine war. »Ich fordere Sie auf, vor dem Prätor zu erscheinen, um sich wegen ernster Beschuldigungen des Amtsmissbrauchs zu verantworten.«
    Tja, von mir aus. Ich hatte keine Ämter.
    Doch, hatte ich wohl.
    »Was für Beschuldigungen, du Rotzlöffel?«
    »Gottlosigkeit.«
    Na, das war mal ein Wort. Die Zuschauer japsten nach Luft. »Angeklagt von wem – und welche Gottlosigkeit?«
    »Angeklagt von mir, wegen Verletzung Ihrer Pflichten als Prokurator der Heiligen Gänse der Juno.«
    O Juno!
    O Jupiter und Minerva auch, ehrlich gesagt. Ich würde die gesamte olympische Triade brauchen, um da wieder rauszukommen.
    Honorius trat links neben mich und spielte den Souffleur. »Das ist Procreus. Arbeitet für Silius als Ermittler. Mit so etwas hätten wir rechnen müssen.« Das kam als leises, bewunderndes Murmeln eines Mannes heraus, der für Silius gearbeitet und gesehen hatte, wozu der fähig war. »Der Dreckskerl!«, flüsterte er. »Ich hätte nie gedacht …«
    Ziemlich unerwartet kam Aelianus an meine rechte Seite und griff nach meinem Ellbogen. Diese solide Unterstützung war eine neue Wohltat.
    Lächelnd gingen wir die Stufen hinunter.
    »Ich stehe dem Prätor zur Verfügung«, teilte ich Procreus freundlich mit. Ich verbiss es mir, ihm die Vorderzähne mit einem gezielten Boxhieb nach hinten durch seinen dünnen Hals zu schlagen. Meine Begleiter hatten mich zu fest an den Armen gepackt, als dass ich einen guten Schwinger landen konnte.
    Wir blieben nicht stehen. Honorius und Aelianus brachten mich nach Hause; sie stützten mich ab wie zwei standfeste Karyatiden. Es kam mir so vor, als würde uns jeder auf der Straße anstarren. Helena Justina folgte uns schweigend und besorgt. Erst als ich sicher im Haus war, ließ ich das aufgesetzte Lächeln fallen und begann zu fluchen.
    Helena war kreidebleich. »Angesichts dessen, dass du gerade der Gottlosigkeit bezichtigt worden bist, Marcus, sind Kraftausdrücke nicht gerade eine gescheite Reaktion.«
    »Denk nach!«, wies mich Aelianus an. Er war knallrot vor Aufregung, bemühte sich aber, nicht hysterisch zu werden. Einst war er Armeetribun gewesen. Man hatte ihm beigebracht, auf Rückschläge logisch zu reagieren. Wenn Neuformierung zu einem Quadrat und erhöhte Wachsamkeit geholfen hätte, dann hätte Aelianus das angeordnet. Er schätzte die Situation perfekt ein. »Wann genau hast du zum letzten Mal das Gefieder dieser dämlichen Gänse geglättet? Und das sollte besser nicht zu lange her sein, Marcus – sonst bist du erledigt!«

XXIV
     
     
    Gottlosigkeit? Ich war unschuldig. Meine Ansichten über die Götter mochten zwar nicht schmeichelhaft sein, aber ich behielt diese Ansichten für mich.
    Mein Posten als Prokurator war lächerlich, doch ich erledigte meine Pflichten beim Tempel, mehr oder weniger. Die Stellung zeigte der Welt, dass der Kaiser mich wahrgenommen hatte. Und außerdem war ein Gehalt damit verbunden.
    Ich hatte da keinen Schwindel betrieben. Ich war der Enkel eines Handelsgärtners. Landwirtschaftliches lag mir im Blut. Die Heiligen Gänse und die Heiligen Hühner der Auguren waren bei mir in sicheren Händen. Wenn ich, nachdem ich sie versorgt hatte, stibitzte Eier nach Hause trug, sorgte ich dafür, dass sie unter meiner Tunika unsichtbar verborgen blieben.
    Aber es gab ein Problem. Letztes Jahr, das konnte ich nicht abstreiten, hatte es einen langen Zeitraum gegeben – über sechs Monate –, in dem ich mich überhaupt nicht um die Gänse gekümmert hatte. Ich war in Britannien. Ich hatte für den Kaiser gearbeitet. Ich

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