Tod eines Tenors
dass wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen werden, eine Veröffentlichung zu verhindern. Außerdem behalten wir uns vor, Schadensersatzansprüche wegen Rufschädigung meiner Mandantin geltend zu machen. Ich muss Sie nicht daraufhinweisen, dass sich ein solches Verfahren nachteilig auf Ihre Karriere auswirken und finanziell verheerend für Sie enden würde. Wir kündigen hiermit den Besuch unseres Partners, Signor Angelo Rossi, an. Er wird Sie in Bälde aufsuchen, um Ihre persönliche Versicherung einzuholen, dass Sie die Wünsche unserer Mandantin respektieren werden.«
»Wäre das vielleicht eine Erklärung für den Mafiatypen, der ihn bedroht hat?«, fragte Watkins. Evan nickte. »Ja, das würde passen. Er war offensichtlich der Vertreter, den sie herübergeschickt haben.«
Watkins faltete den Brief zusammen und steckte ihn in den Umschlag zurück. »Ich kann es kaum erwarten, ihn dem Inspektor zu zeigen. Er hat die halbe europäische Polizei aufgescheucht, um einen vermeintlichen Mafiakiller zu finden, dabei lag die Erklärung die ganze Zeit direkt vor seiner Nase.«
»Scheint nicht, dass das irgendetwas mit Ifors Tod zu tun hat«, sagte Evan. »Sie konnten alles, was sie von Ifor wollten, auf legalem Wege bekommen - mit Geld lässt sich einiges regeln.«
»Es sei denn, die Signorina hätte drastischere Mittel für nötig gehalten, nachdem er ihren Mittelsmann rausgeworfen hat«, sagte Watkins hoffnungsvoll. »Sie haben selbst gesagt, dass er sich nicht von Drohungen einschüchtern ließ. Vielleicht hat sie sich für schärfere Maßnahmen entschieden und ihm als nächsten Boten einen Killer auf den Hals gehetzt.«
»Schon möglich«, sagte Evan, »aber ein Killer hätte sicher nicht so eine Unordnung hinterlassen.«
»Außer, es ist etwas schief gegangen. Ifor war ein Hüne.«
Evan überlegte und schüttelte dann den Kopf. »Nein, ich glaube immer noch, dass die Antwort in der Familie liegt. Irgendwie decken sie sich gegenseitig. Haben Sie in Mrs. Llewellyns Zimmer etwas gefunden?«
»Nicht das Geringste«, sagte Watkins. »Sehen Sie selbst - wie in einem Hotelzimmer, nichts Persönliches. Keine Fotos, keine Briefe, nichts.«
»Vielleicht hat sie alles Wichtige ins Everest Inn mitgenommen?«, schlug Evan vor. »Sie ist alleine raufgegangen, um ihre Kinder anzurufen, nicht wahr? Und dann hat sie eine Tasche gepackt.«
»Es könnte also irgendetwas Belastendes in ihrem Hotelzimmer sein?«, fragte Watkins und warf Evan einen bedeutungsvollen Blick zu. »Sie kennen doch den Manager ziemlich gut. Major Soundso.«
»Sie wollen, dass ich ihn frage, ob er uns in ihr Zimmer lässt?«, fragte Evan zweifelnd.
»Wir haben schließlich einen Durchsuchungsbefehl für ihre persönlichen Sachen, oder etwa nicht?«, beharrte Watkins.
»Für dieses Haus«, korrigierte Evan.
»Hotelpersonal geht in den Zimmern schließlich auch ein und aus«, sagte Watkins. »Ich gebe zu, dass wir das, was wir finden, vor Gericht wahrscheinlich nicht verwenden könnten. Aber es wäre doch nett zu wissen, ob unser Verdacht in die richtige Richtung führt. Schließlich hat irgendwas sie dazu gebracht zu gestehen.«
»Ich glaube nicht, dass wir einen Brief finden, in dem steht >Ich werde Daddy umbringen<«, bemerkte Evan trocken. »Und wir sind uns einig, dass sie schlau ist. Wenn es ein belastendes Beweisstück gegeben hätte, hätte sie es bestimmt vernichtet, bevor sie sich selbst ins Spiel brachte.«
Watkins nickte. »Das stimmt wahrscheinlich. Trotzdem, es ist doch erstaunlich, was Frauen alles aufheben - alte Liebesbriefe von ihren Freunden, Briefe ihrer Kinder. Wir könnten irgendwas herausfinden.«
»Einverstanden, versuchen wir es«, sagte Evan. »Aber lassen Sie uns erst hier fertig werden.«
Mrs. Llewellyns Zimmer war aufgeräumt und farblos, ohne einen Hinweis auf die Person, die es kürzlich noch bewohnt hatte. Die Kunstwerke an den Wänden waren eindeutig Mrs. Powell-Jones Wahl
- das Gemälde eines sehr großen Mannes in einer schottischen Schlucht, eine gerahmte Fotografie von Arbeitern der Schiefermine aus dem Jahr 1921 und ein kitschiges Bild von Jesus, umringt von einer Schar betender Kinder. Evan sah sich aufmerksam um.
»Eins kann ich Ihnen sagen«, erklärte er. »Dieser Schuh vor dem Wohnzimmer hat niemals ihr gehört. Sie besitzt nichts mit so hohen Absätzen.«
»Warum hat sie es dann behauptet?«, fragte Watkins.
»Vielleicht weil sie glaubte, dass er einer anderen gehört.«
»Ihrer Tochter, meinen
Weitere Kostenlose Bücher