Tod eines Tenors
sie es tut, weil sie weiß, wer es wirklich war und sie ihn schützen will?«
»Oder sie?«
»Sie?«
»Ich finde, wir sollten die Tochter nicht ausschließen, so lange wir nicht auch ihre Geschichte gehört haben.«
Watkins runzelte die Stirn. »Die Tochter? Aber die war doch in Mailand.«
»Es ist ziemlich einfach heutzutage, eben mal auf den Kontinent und wieder zurück zu jetten. Man braucht nicht mal einen Pass zwischen hier und Italien.«
»Aber warum sollte die Tochter ihren Vater töten? Nach allem, was man so hört, hat sie ihn bewundert.«
»Mrs. Llewellyn möchte, dass wir das glauben. Sie hat es einige Male erwähnt.«
»Sie meinen also, dass sie ihn gar nicht so sehr liebte?«
Evan hob die Schultern. »Das werden wir erfahren, wenn sie hier ist. Ich muss sie unbedingt Wiedersehen. Ich habe das Gefühl, dass wir uns schon einmal begegnet sind.«
»Das Mädchen, dessen Auto in den See fuhr?«
Evan nickte. »Es würde passen. Sie kommt kurz rüber, um den Aufenthaltsort ihres alten Herrn auszukundschaften. Und der Sohn tat das Gleiche.«
»Wenn es nicht die Tochter war, könnte es dann auch der Sohn getan haben?«, fragte Watkins. »Er ist mir verdächtig. Spielt sich ganz schön auf, oder?«
»Er ist bestimmt nervös«, sagte Evan. »Wann, denken Sie, werden wir die Bestätigung erhalten, dass er in Italien war?«
Watkins grinste. »Ich befürchte, die italienische Polizei ist nicht so fix wie wir. Vielleicht nächstes Jahr. Wenn wir nicht bald was hören, werden wir zwei wohl mal nach Italien fahren müssen, um die Aussagen zu bekommen.«
»Ich sehe schon, wie der Inspektor das genehmigt«, kicherte Evan.
»Warten wir, bis sie hier ist«, sagte Watkins. »Ich würde die beiden gerne getrennt befragen, um herauszufinden, wo ihre Geschichten voneinander abweichen.«
»Das würde auch erklären, warum Mrs. Llewellyn lügt«, sagte Evan. »Eine Mutter würde schließlich alles tun, um ihre Kinder zu schützen.«
»Auch für sie ins Gefängnis gehen? Möglich ist das.« Watkins nickte nachdenklich. »Jetzt, wo ich darüber nachdenke - meine Frau würde sich vor einen Zug werfen, um unsere Tiffany zu retten. Ich übrigens auch, also erklärt das nicht allzu viel.«
Er grinste Evan verlegen an. »Kommen Sie«, sagte er und öffnete die Tür. »Ich brauche unbedingt eine Tasse Tee. Meine Frau wollte heute früh nicht aufstehen, deshalb musste ich ohne Frühstück los.«
»Hartes Leben«, sagte Evan trocken.
Sie gingen den leeren Flur entlang.
»Wissen Sie was«, rief Evan, als sie die Schwingtür erreichten, die in den Wartebereich führte. »Eine Person haben wir uns bisher noch nicht vorgenommen - ihren Freund. Er hatte ein Motiv und die Gelegenheit. Sie hat zugegeben, dass er sie bis Bangor gebracht hat. Was, wenn er bis Llanfair gefahren wäre - vielleicht um Ifor gegenüberzutreten und ihm zu erklären, dass sie sich scheiden lassen will? Dann kam es zum Streit, und er hat Ifor erschlagen? Gladys sagte, sie habe zwei Stimmen gehört.«
Watkins zog sein Notizbuch heraus. »Es wäre tatsächlich einen Versuch wert. Ich hatte ihn ohnehin für heute auf meiner Liste, um herauszufinden, ob er Mrs. Llewellyns Alibi bestätigen kann. Okay. Ich nehme ihn mir heute Nachmittag vor. Jetzt kümmern wir uns erst mal um die Kinder. Wir wissen nicht, wie sehr die beiden sich wirklich mochten. Vielleicht wären sie ja froh, sich gegenseitig beschuldigen zu können, um sich selbst zu retten. Und wissen Sie noch was?« Sie waren an der Tür zur Cafeteria angekommen, und er drehte sich zu Evan um. »Ich würde mich gerne noch mal im Haus umschauen.
Ich weiß, dass es schon einmal erfolglos nach der Mordwaffe durchsucht wurde, aber ich möchte es gerne noch mal tun. Vor allem ihre Sachen, vielleicht hat sie ja einen oder mehrere belastende Briefe erhalten?«
»Wird der Inspektor Ihnen das erlauben?« »Das frage ich ihn gleich, auch weil ich sehen will, wie Mrs. Llewellyn darauf reagiert, dass ihr Zuhause durchsucht werden soll. Bestellen Sie mir doch eine Tasse Tee und ein süßes Teilchen, ja?«
18. KAPITEL
Aus den offenen Fenstern entlang der Hauptstraße von Llanfair duftete es nach Sonntagsfrühstück, als Evan seinen Wagen vor der Polizeiwache abstellte. Noch vor einigen Wochen hatte er selbst gebratene Eier und Schinken, Würstchen und geröstetes Brot genießen können. Jetzt war es zwecklos, zu Hause vorbeizuschauen.
Watkins Wagen rollte neben seinen.
»Das riecht verdammt gut hier«, sagte
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