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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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»etwas abgelegenere Orte für unsere Gespräche. Friederike offenbar auch. Ich habe sie dort mit einer Frau gesehen. Und wenn die keine Lesbe war, dann fordere ich meinen Optiker zum Duell. Grässliche Person. Die beiden schienen mir sehr eng und in ein vertrautes Gespräch vertieft. Einmal hat die Lesbe Friederike die Hand auf die Schulter gelegt, und die hat den Kopf geschüttelt. Ich hatte stark den Eindruck, es war eine Trennungsszene. Ich meine, dass Friederike gesagt hat: ›Ich will damit aufhören!‹ Dass es so was bei denen auch gibt. Man lernt nie aus.« Er lachte.
    Ich staunte über meinen eigenen Mann. So viel Beobachtungsgabe hätte ich ihm nicht zugetraut!
    »Das hast du hoffentlich der Polizei erzählt?«
    »Natürlich nicht. Wo denkst du hin?«
    »Und warum nicht?«
    »Horst ist zwar nicht unbedingt mein engster Freund, aber wir spielen immerhin seit Jahren Tennis zusammen, und außerdem macht er vielleicht Karriere. Sein Name ist im Zusammenhang mit Berlin genannt worden. Ich mache mir den doch nicht zum Feind, indem ich seine Frau als Lesbe oute! Auch eine tote Frau kann noch peinlich sein.«
    Mir fehlten mal wieder die Worte.
    Männer und Frauen passten offenbar in keinem einzigen Punkt zusammen. Das wurde mir jeden Tag klarer. Möglicherweise waren es aber nur Nicolaus und ich, die nicht zusammenpassten.
    »Glücklicherweise«, fügte mein Mann noch an, »habe ich in diesem Punkt mit dir keinen Ärger! Gegen eine schöne Frau, die sich als Hobby nette Sachen zum Anziehen kauft, ist nichts einzuwenden.«
    Ein zweifelhaftes Kompliment. Ich sah meinem Mann nach, wie er gut gelaunt zu seinem  BMW  ging, um zur Arbeit zu fahren. Erst spät am Abend würde ich ihn wieder sehen.
    Ich ging in mein Zimmer, sortierte zwei billige Esprit-T-Shirts, die ich mir gestern Morgen aus einer Laune heraus gekauft hatte, ins Farbschema meines Kleiderschrankes ein. Das fliederfarbene Shirt zu dem braunen Leinenrock mit den Fliedertupfen von Marlene Birger. Das eierschalenfarbene zu meiner Marlene-Dietrich-Hose, die erst nächste Saison modern werden würde. Oder passte es vielleicht morgen zum Frühstück mit der mokkafarbenen Yogahose und Leinenturnschuhen? Ich könnte danach letzte Rosen schneiden und die Blätter in Wasserschalen schwimmen lassen. Elena hatte mir den Tipp gegeben, sie vorher mit Goldpigmenten zu besprühen und mit Spray zu fixieren. Elena und ich waren zumindest in puncto Stil auf Augenhöhe.
    Ich ließ meinen vorletzten Einkaufsbummel mit Friederike noch einmal Revue passieren. Gut gelaunt nach einem Frühstück im Dorint-Hotel am Festplatz in Karlsruhe, waren wir morgens um zehn im Kaufhaus Breuninger eingetroffen – eine gute Uhrzeit und eine gute Adresse, wenn es darum ging, die absolute Basisversorgung in Weiß, Schwarz und Grau sicherzustellen.
    Keine leichte Aufgabe. Friederike hatte zwar erstaunlich schmale Fesseln und Handgelenke gehabt, doch der Rest sah aus, als hätte der liebe Gott eigentlich ein zartes Persönchen aus ihr machen wollen, wäre aber in seinem Werk gestört worden und hätte den Rest etwas lustlos zusammengezimmert. Oben hatte sie eine Vierzig, unten mindestens eine satte Vierundvierzig. Überdies zeichnete sie sich durch eine beklagenswert schlechte Haltung aus. Hängende Schultern und leicht schlurfender Gang.
    Ich hatte sie so diskret wie möglich darauf aufmerksam gemacht. »So, wie ich sie in Erinnerung hatte, war deine Mutter doch recht beweglich!« Dabei hatte ich ihre Mutter nicht oft gesehen, aber sie war mir als zierliche und biegsame Frau in Erinnerung geblieben.
    »Ja, das war sie«, hatte sie gesagt und sich instinktiv aufgerichtet. »Du hast recht. Mutter würde mich schimpfen.«
    »So was ist schlimm«, hatte ich sie getröstet. »Meine Mamma sieht mir aus dem Himmel zu, und wenn ich meinem Mann nicht einmal die Woche sein Leibgericht koche, meckert sie mich auf Italienisch an. Sie ist immer noch der Meinung, dass Männer über den Magen zu steuern sind. Sogar solche Exemplare wie meiner!«
    War Friederike eigentlich wirklich ein so stilles, unglückliches Veilchen im Moose gewesen, oder hatte sie brisante sexuelle Geheimnisse gehütet? Sie hatte immer so durchschnittlich, langweilig und unsicher gewirkt, stets eifrig bemüht, ein biederes und angepasstes Leben zu führen.
    Sich aber mit einer Lesbe in einem Ausflugslokal zu treffen und Trennungsgespräche zu führen, war eindeutig  nicht  bieder. »Wenn Horst nach Berlin gehen sollte, eines Tages«,

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