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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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Kinder.«
    So, als ob ein kreischendes, kahlköpfiges Baby eine Frau kommunikationstechnisch gesehen für immer zufriedenstellen würde.
    Ich hatte mich nach Samanthas Geburt wie durch vier weiche warme Ärmchen und Beinchen ans Haus gefesselt gefühlt und nur noch panische Fluchtgedanken gehabt. Wäre sie ein Hund gewesen – ab ins Tierheim: Sorry, ich habe mich getäuscht. Ein Hunderter und wir vertuschen die Geschichte. Mit einem Kind hast du lebenslänglich.
    Später wurde es besser. Da konnte ich sie süß anziehen und mit einer passenden Wickeltasche von Oilily in Braun und Altrosa – Samanthas Farben – fast überallhin mitnehmen. Wenn ich mit Samantha in Baden-Baden oder Ettlingen im Café saß, hätte ich jeden Tag eine interessante Männerbekanntschaft machen können. Attraktive Mutter am frühen Abend, allein, mit repräsentativem Kind, das war beinahe besser, als spätabends aufreizend gekleidet in der Disco unterwegs zu sein. So eine Mama mit schon halb fertigem Nachwuchs, mit dem man angeben konnte, wenn man selbst noch keinen zustande gebracht hatte, war durchaus begehrt.
    »Gut. Du musst das Kästchen der Polizei übergeben, und dann wird man sehen, ob sein Inhalt etwas hergibt. Als Motiv. Für den … für die Tat.« Das Wort »Mord« konnte ich nicht aussprechen.
    »Ja, das muss ich wohl.« Er stand auf. Gab mir eine traurig wirkende Hand. »Dass es mit Fritzi so enden musste. Tagelang stand ich in der Presse, und mein Vorstand war alles andere als begeistert. Gerade jetzt, wo die Partei sowieso gewisse Probleme hat. Schlechte Umfragewerte, die natürlich vollkommen unbegründet sind. Die Leute verstehen unsere moderne Steuer- und Umweltpolitik nicht. Man kann die Mittelschicht nicht ausdünnen, meine Damen und Herren.« Er biss sich auf die Lippen. »Aber ein Mord in meiner Familie! Ob ich das überstehe? Politisch, meine ich.«
    »Nun, aber immerhin lebst du wenigstens noch und kannst für deine Ideale kämpfen. Ein Robin Hood der Reichen. Die brauchen ja auch jemanden, der sich um sie kümmert!«
    »Du verstehst mich, Swentja. Dein Mann kann stolz auf dich sein. Friederike musste ich diese Dinge manchmal genau erklären.«
    »Keine Sorge. Ich werde jedenfalls niemals zu den Linken überlaufen. Schließlich will ich meine Goldkarte bei Boss nicht verlieren.«
    Sein Handy vibrierte. Er warf durch seine goldgeränderte Brille einen flüchtigen Blick darauf. »Ich muss los. Darf ich dich anrufen, wenn mir noch etwas einfällt?«
    »Wenn es mit dem Fall zu tun hat, gerne!«
    Hoffentlich hatte er diesen Hinweis verstanden.
    Ich schlenderte noch ein wenig durch unsere Stadt. Die Alb führte heute hitzebedingt wenig Wasser. Man konnte fast die Steine zählen, über die sie purzelte.
    Ich lehnte mich über die Brücke, sah vorbei an den anderen Stegen bis zu den Hügeln, aus denen unser Fluss kam. Die Alb legte von der Teufelsmühle bei Bad Herrenalb, wo sie entsprang, bis Karlsruhe, wo sie endete, immerhin zweiundfünfzig Kilometer zurück. Und sie versorgte uns an ihren Ufern mit wunderschönen Radwegen, die sich mitten durch Karlsruhe zogen. Einmal im Jahr machten die Rotarierfrauen einen Radausflug zum Naturfreundehaus am Rhein in der Nähe von Karlsruhe. Wir fanden das dann herrlich rustikal und fühlten uns sehr volkstümlich, wenn wir unsere Schnitzel an der Theke selbst holen mussten. Kaum eine aß ihr Fleisch auf. Wir achteten alle auf unsere Linie, und wenn wir es nicht täten, dann übernähmen die anderen für uns diese Aufgabe, indem sie spitze Blicke und spitze Bemerkungen auf uns richteten.
    Friederike, wer mag dein Vater gewesen sein? »Ausgerechnet  er « ,  hast du gesagt. Das heißt, er war eine Überraschung für dich. Zu jung oder zu alt? Kanntest du ihn schon, und vor allem – kenne ich ihn?
    Ich lehnte mich auf die romantische Holzbrücke neben dem Rathaus und bewunderte wie immer den bunten Schildhalterinbrunnen mit dem hübschen Mädchen auf der anderen Seite, der sich harmonisch in das Ensemble der schmucken Hausfassaden und Tore einfügte. Er stammte aus dem 16. Jahrhundert. Die Figur war einst zerstört, sie wurde wiederaufgebaut, und das Original landete im Museum. Früher hieß er Metzenbrunnen, und daraus schloss man, dass die Gestalt eine reich geschmückte Dirne darstellte. Als ich als Kind davon erfuhr, war ich enttäuscht gewesen. Ich hatte das Mädchen immer für rein und madonnenhaft gehalten. So, wie ich ja auch Friederike für harmlos gehalten hatte!
    Szenen

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