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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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meiner Ehe:
    »Gab’s was Neues heute?«, erkundigte sich mein Mann beim Abendbrot. Bruschetta und Melone mit Serranoschinken. Gegrillte Artischockenherzen. Gefüllte Minitomaten.
    Ettlingen verwöhnte seine vierzigtausend Einwohner mit erstaunlich vielen Feinkostläden. Für Leckereien musste ich also nicht nach Karlsruhe, aber für einen Rock von BiBA oder für eine ganz gewöhnliche Airfield-Jeans in Schwarz leider schon. Und für meine Lieblingsjeansmarke True Religion war sogar eine Dienstreise nach Mannheim oder Stuttgart fällig.
    »Ich habe mich mit Horst Schmied getroffen.«
    »Und? Ist er nicht wütend auf dich?«
    »Warum sollte er?«
    »Nun, das liegt auf der Hand. Wenn Friederike nicht mit dir einkaufen gegangen wäre, würde sie noch leben. Wer macht ihm jetzt sein Essen, und wer führt das Haus? Das ist schon sehr ärgerlich.«
    »Er war nicht böse, und sie würde sowieso nicht mehr leben, auch ohne den Einkaufsbummel mit mir.«
    »Warum denn?«
    Ich dachte, der Mann ist Anwalt, und die denken eigentlich logisch. Wahrscheinlich schaltet er mit dem Auto in der Garage seinen Sachverstand aus.
    »Der Mörder hätte sie überall erwischt«, erklärte ich.
    »Aber in einem öffentlichen Geschäft? Jedenfalls war die Sache sehr riskant. Er muss es eilig gehabt haben.«
    »Ja«, sagte ich langsam, »da hast du recht. Er hatte nicht viel Zeit. Aber wieso eigentlich  er ?«
    Nicolaus sah auf die Uhr. »So arbeitet keine Frau! Frauen haben für so etwas keine Nerven. Ich weiß das aus meinem täglichen Leben.«
    Wunderbar. Von Emanzipation hatte mein Mann noch nie etwas gehört.
    »Aber ein Mann wäre eher aufgefallen, falls doch jemand zufällig den hinteren Eingang zur Boutique beobachtet hätte. Oder wenn man ihn in dem Umkleidekabinenbereich gesehen hätte. Wäre das nicht zu riskant gewesen?«
    »Sag das nicht. Du selbst hast mich in den Gängen vor den Kabinen schon warten lassen, einmal sogar peinlicherweise noch mit einem perlenbestickten T-Shirt in der Hand. Wie ein Schwuler.«
    »Das war am Anfang unserer Beziehung. Da hattest du noch ab und zu Zeit für mich.«
    Mein Mann runzelte die Stirn. »Beschwer dich nicht. Sei doch froh. Es gibt eine Frauenwelt und eine Männerwelt. Eine Ehe funktioniert am besten, wenn man die beiden hübsch getrennt hält und sich nur zum Abendessen trifft. Du gehst einkaufen, und ich gehe Geld verdienen, und so sind wir beide immer bestens gelaunt.«
    Stand auf und verzog sich in sein Arbeitszimmer.
    Ich sah ihm nach und dachte, dass er eigentlich recht hatte. Am Wochenende, für Theaterbesuche oder Urlaube war es praktisch, einen Mann an seiner Seite zu haben, doch im Alltag fehlte er mir nicht.
    Ich kam nicht mehr dazu, darüber nachzudenken, ob das eigentlich ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, denn mein wunderschönes Telefon läutete. Es handelte sich um ein schokoladenbraunes Unikat im Vintagestil mit einem goldenen Hörer und passte sogar in meine Farbkarte.
    »Mama?«
    »Sammy?«
    Meistens sprach ich über Skype mit meiner Tochter in London. Obwohl Skype einen Kuss und eine Umarmung nicht ersetzen konnte, war es für mich immer noch ein Wunder: Du siehst dein Kind, wie es in seiner Küche herumwuselt, so als wäre es daheim und würde reale Unordnung machen.
    Ich war wirklich keine fanatische Mutter, aber ab und zu wollte ich doch das Haar meiner Tochter riechen, ihre Haut spüren und in ihren Augen die meiner Mutter aus Italien sehen und mich bei ihrem Lachen an meinen Vater erinnern. Sie war meine einzige Verbindung zur Ewigkeit und meine Rettung aus der Beliebigkeit. Immer wenn ich mir einen vollkommen unnötigen Kaschmirpulli gönnte – unnötig deshalb, weil er in meinem begehbaren Kleiderschrank schon mehrere Geschwister hatte –, dachte ich daran, dass ich wenigstens diese eine sinnvolle Sache zustande gebracht hatte.
    »Hab nicht viel Zeit. Wollte dir nur sagen, Maude und ich gehen heute Abend in ein modernes Ballett, und als ich die Karten am Ticketoffice geholt habe, kam gerade eine von den Tänzerinnen heraus. Irgendwie hat sie mitgekriegt, ich bin Deutsche. Sie auch. Oder zumindest so halb und halb.«
    Mein Kind schnappte nach Luft. Sie war so redselig wie ihre Oma. Leider hatte sie auch die gleichen Figurprobleme. Als sie noch zu Hause gelebt hatte, musste ich regelmäßig ihre geheimen Schokoladenvorräte suchen und dezimieren.
    »Wir reden, und jetzt halt dich fest: Ihre Mutter hat früher mal in Stuttgart getanzt, unter Elena Gontard.

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