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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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sogenanntes ›berechtigtes Interesse‹, du aber schon. Die Polizei nimmt das Mordmotiv mit der Suche und dem eventuellen Auffinden ihres Vaters offenbar nicht ernst. Es wäre vielleicht gut, beim Jugendamt in Karlsruhe, wo die Familie gewohnt hat, als Friederike ein Kind war …«
    Er sah verlegen aus. Nicht dass er sonst den Eindruck eines wilden Draufgängers machte, aber jetzt wirkte er noch verklemmter.
    »Swentja, ich glaube nicht, dass ich das möchte.«
    »Warum nicht? Wir würden etwas mehr über Friederike erfahren.«
    »Ich will gar nicht mehr von alldem wissen. Es würde zu viel Unruhe in mein Leben bringen. Und wem würde das jetzt noch nützen? Fritzi ist tot, und Nachkommen haben wir keine.«
    »Es bringt  Unruhe  in dein Leben! Wie viel Unruhe kann denn da noch entstehen? Ich meine – immerhin ist deine Frau ermordet worden. Interessiert es dich gar nicht, wer das getan hat? Willst du den Mörder nicht vor Gericht sehen?«
    Die Antwort stand in seinen Augen und war ernüchternd zu lesen. Nein, es berührte ihn nicht wirklich. Nur er selbst und seine beschissene kleine Parteikarriere interessierten ihn.
    Ich empfand jetzt schon Mitleid mit der Frau, die er als Nächstes heiraten würde, denn solche Typen wie er blieben nie lange solo. Und ich hatte die endgültige Gewissheit, dass ich diesen Fall allein oder zumindest ohne die Mithilfe des Ehemannes lösen musste. Da musste ein kleiner Triumph schon erlaubt sein.
    Ich stand auf. Hoffte, dass ihn mein neunzig Dollar teurer Kate-Spade-Duft umwehte.
    »Danke, ich zahle vorne selbst. Bemüh dich nicht. Aber möglicherweise warst du es ja doch, Horst. Hast Friederike umgebracht, weil sie aus irgendeinem Grund deiner Karriere schadete. Vielleicht, weil ihr wirklicher Vater eine Peinlichkeit war? Vielleicht hatte sie dir nämlich doch gesagt, wer es war. Vielleicht war er … unpassend. Und  du  hast das Kästchen verschwinden lassen. Wir haben nur dein Wort dafür, dass sie nicht mit dir über seinen Inhalt gesprochen hat.«
    Wenn mich jemand so angegriffen hätte, wäre ich wütend geworden. Vorsichtig ausgedrückt.
    Doch Horst erhob sich nur halb, in einem schwachen Protest. Kläglich wehrte er sich: »Swentja, wie kannst du so was sagen! Ich habe doch ein fast wasserdichtes Alibi. Nur fünf Minuten war ich draußen. Höchstens zehn. Oder fünfzehn. Frag doch die anderen. Ich hätte Friederike niemals etwas antun können!«
    Ich zuckte die Achseln. Als ich ging, dachte ich: Warum eigentlich nicht? Fünfzehn Minuten hätten doch gereicht.
    * * *
    Während der nächsten paar Tage musste ich mich vor allem um meinen Job kümmern. Eine Reihe von Interessentinnen wartete auf meine Verschönerungsdienste, denn inzwischen war der Schrecken von Friederikes gewaltsamem Tod verblasst, und ich war dabei, von einer Verdächtigen zu einer geheimnisumwitterten Figur zu mutieren. »Swentja Tobler? Das ist doch die, die damals …«
    Es war jetzt Mitte September, und die Saison der reichen Leute begann. Das Festspielhaus Baden-Baden, die Theater in Mannheim und Karlsruhe hatten die Spielzeit eröffnet. Manche Damen planten, nach München aufs Oktoberfest zu fahren, oder hatten Karten für Salzburg. Ältere Ehepaare buchten Kreuzfahrten. Silvesterbälle warfen ihre Schatten voraus. Die üblichen Neujahrsempfänge würden ebenso unabänderlich kommen wie herbstliche Städtereisen oder festliche Weihnachtsessen im Elsass.
    Im Grunde hätte ich den einseitigen Kampf gegen Friederikes unsichtbaren Mörder aufgeben können, doch mein Ehrgeiz war geweckt und ließ sich nicht ohne Weiteres beurlauben. Außerdem begleitete mich manchmal eine diffuse Angst. Wer aus unseren Kreisen war es gewesen? Wem begegnete ich jeden Tag in unserem hübschen Städtchen und plauderte dabei unwissentlich mit einem Mörder?
    An einem Dienstagmittag gegen Ende September, an dem das Haus ohnehin meiner Perle gehörte, fuhr ich nach Bad Herrenalb, um Tibor Lodemann zu treffen.
    Während ich durch das lang gestreckte Tal hinter einem Umzugslaster aus Berlin herzockelte und versuchte, mich in seine Insassen zu versetzen, die von heute an die quirlige Hauptstadt mit dem stillen Gaistal vertauschen würden, entwickelte ich Sympathie für den »Highway to Heaven«. Der kleine Fluss, der an manchen Stellen fast wie ein Gebirgsbach aussah, wäre ein romantischer Begleiter für die kühnen Kurven und Schleifen einer Bikertrasse durch das weite grüne Tal.
    Unmerklich, aber stetig stieg die Straße

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