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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Schmerz Euch heute?«, fragte er laut.
    »Mit-Euch-rede-ich-nicht-mit-Euch-nicht-wo-ist-der-Apo-theker-Rapp-Teodorus-Rapp ?«
    Isi, die manchmal schneller sprach, als sie dachte, setzte an: »Aber der steht doch vor ...«
    »... einem großen Problem«, unterbrach Rapp sie geistesgegenwärtig. »Er hat, nun ... einige Stücke zu transportieren, und das dauert seine Zeit. Ihr müsst mit mir, Molinus Hauser, vorlieb nehmen. Also, wo plagt der Schmerz Euch heute?« Bei diesem für sie wichtigsten Stichwort überhaupt verblassten alle anderen Interessen der Witwe augenblicklich, und sie klagte: »Die-Blase-die-Blase-immer-die-Blase!« »Eure Reizblase?«, fragte Rapp nach.
    Isi sprach dazwischen: »Ja, natürlich, seit neuestem ist es wieder die Reizblase, morgen ist's vielleicht wieder die Migräne.« Ihre Stimme klang verächtlich.
    »Sei-du-still-sei-du-still-oh-Hauser-Ihr-müsst-mir-helfen!« »Natürlich.« Rapp begann der Witwe die üblichen Pillen und Tinkturen vorzuschlagen, und wie üblich lehnte sie alles ab. Sie wäre ein ganz besonderer Fall, ein nie dagewesener, deshalb müsse sie auf einem ganz besonderen Medikament bestehen. Nun gut, dachte Rapp, wenn du darauf bestehst. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. »Dann rate ich Euch zu einem Theriak, aber ich warne Euch, jede Unze wird Euch eine Hamburgische Mark kosten.«
    Die Witwe hatte den Rest des Satzes schon nicht mehr gehört. Sie war noch bei dem Zauberwort »Theriak«, einem Trank, von dem Rapp nicht sonderlich viel hielt, weil er aus nicht weniger als achtzig Ingredienzen bestand und die Stoffe sich - allein schon ihrer großen Anzahl wegen - in ihrer Wirkung zum größten Teil aufhoben. Aber Rapp war nicht nur Apotheker, sondern auch Kaufmann, und nicht zuletzt deshalb bot er das Arkanikum feil.
    »Was-ist-denn-drin-was-ist-denn-drin?«, fragte die hypochondrische Frau begierig.
    »Unter anderem Pflanzenextrakte, Opiummilch, Drogen, Gewürze und kleingehacktes Schlangenfleisch.« »Iiiiiii!« Die Witwe fasste sich an den Hals, als müsse sie sich erbrechen. »Iiiiiiii-Schlangenfleisch-wie-grässlich!« »Ja«, bestätigte Rapp ungerührt, »beste venezianische Viper. Viele Ärzte sind der Meinung, dass gerade sie die besondere Wirkkraft ausmacht.« »Meint-Ihr-meint-Ihr-wirklich?« »Ja, das Medikament birgt beruhigende, entspannende, schmerzlindernde Kräfte.« Rapp konnte dieses Versprechen guten Gewissens geben, nicht so sehr wegen der Viper, als vielmehr wegen des hohen Opiumanteils.
    Die Witwe beugte sich vor. Rapp sah an ihrem begehrlichen Blick, dass sie sich schon fast zum Erwerb entschieden hatte. »Und-wie-schmeckt-der-Trank-ist-er-genießbar-genieß-bar?«
    »Jeder Theriak hat seine eigene Note, da jeder Apotheker seine eigene Rezeptur zur Anwendung bringt. Mein Trank schmeckt hauptsächlich nach Kräutern, ein wenig wie Garum, die Würztunke der alten Römer, wenn Ihr wisst, was ich meine. Allerdings müsst Ihr Euch den Fischgeschmack wegdenken, denn Meerestiere sind in meinem Theriak nicht enthalten.« »Oh-das-ist-gut-das-ist-gut-ich-mag-keinen-Fisch-ich-neh-me-drei-Unzen!«
    »Wie ich bereits sagte: Der Theriak ist nicht ganz billig. Aber wie Ihr wollt.« Rapp füllte die Menge in einen kleinen Steinkrug ab. »Nehmt morgens und abends je einen Löffel voll. Dann müsstet Ihr sieben Tage auskommen, lange genug, um den Heilprozess abzuschließen. Trinkt darüber hinaus viel Brunnenwasser, und haltet den Unterleib stets warm. Das Bier lasst am besten weg, und verzichtet auch auf Wein. Viel Wasser und reichlich Wärme, beides ist wichtig.« Rapp hielt inne. Er hatte diese Empfehlungen wohl schon ein Dutzend Mal abgegeben, denn es waren die probaten Ratschläge bei einer empfindlichen Blase, doch er war nahezu sicher, dass die Witwe sie ebenso oft in den Wind geschlagen hatte. Es war bei ihr wie bei so vielen Patienten: Das Einfache, Naheliegende galt nichts, im Gegenteil, je teurer eine Arznei war, desto mehr wurde ihr zugetraut. »Das macht dann drei Mark«, sagte er.
    Unter Isis missbilligenden Blicken klaubte die Witwe die stattliche Summe zusammen. »Oh-mein-Gott-ob-ich-so-viel-dabei-habe-weiß-ich-gar-nicht-weiß-ich-gar-nicht!« Nacheinander kullerten zwei einzelne Markstücke, viele Schillinge und zuletzt kleine Münzen auf den Rezepturtisch.
    Rapp zählte nach und stellte fest, dass sieben Pfennige an der Summe fehlten. »Es sind nicht ganz drei Mark«, sagte er, »aber ich lasse Euch den Theriak auch so.«
    »Danke-danke!«

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