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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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sich.
    «Würdet Ihr wohl so freundlich sein und auf meinen Bruder Acht geben? Ich möchte zu Adrian hinaufgehen.»
    «Natürlich. Komm, mein Junge, ich bringe dich in den Speisesaal. Vielleicht finden wir noch einen süßen Wecken für dich.»
    «Ich mag süße Wecken!», rief Vitus begeistert. «Lina backt gute.»
    «Die aus unserer Backstube werden dir bestimmt auch schmecken.» Die Pförtnerin nickte ihr noch einmal zu und nahm den Jungen dann mit sich.
    Adelina wandte sich eilig in die andere Richtung und betrat das Hospitalsgebäude. Sie war schon fast auf dem oberen Treppenabsatz, als sie aus dem Krankenzimmer Weinen vernahm. Adrian hatte zu schreien aufgehört. Mit großen Schritten nahm sie die restlichen Stufen und rannte auf den Raum zu. In der Tür wäre sie beinahe mit einer der Pflegerinnen zusammengestoßen.
    «Wartet!» Die Frau fasste sie am Arm. «Ihr könnt da nicht hinein.»
    Doch Adelina hatte sich bereits an ihr vorbeigeschoben und starrte nun entgeistert auf den blau angelaufenen Leichnam des Jungen. Seine Hände waren wie am Vortag an die Pfosten gefesselt; die Stricke hatten sich tief in das Fleisch eingeschnitten. Adrians Mund stand weit offen, als würde er noch immer schreien. An seinem Kinn glänzte ein Fleck von dem, was er kurz vor seinem Tode noch erbrochen hatte.
    Seine Tante Irmingard kniete schluchzend vor der Matratze. Sie löste seine Fuß- und Handfesseln und drückte dann den leblosen Körper an sich. Ein junges Mädchen war dabei, den Boden vor der Schlafstatt aufzuwischen. Ihre Beginentracht wirkte viel zu groß, und sie hatte die Ärmel mehrfach umgekrempelt.
    Adelina trat vorsichtig neben die weinende Frau und zog sie von dem Toten fort.
    «Adelina, o nein!» Irmingard wischte sich mit dem Ärmel ihres Kleides über die Augen. «Es ist schrecklich! Mein armer Adrian. Was soll ich nur tun?»
    «Kommt erst einmal mit und erzählt mir, was geschehen ist.»
    Zögernd folgte die Begine Adelina auf den Gang hinaus.
    «Es war wie bei Balthasar. Er wurde ganz plötzlich krank, nach der Morgenmahlzeit. O Gott, er hat sich so gequält, und ich konnte ihm nicht helfen.»
    «Ist sonst noch jemand krank geworden?»
    «Nicht dass ich wüsste. Nein.»
    «Und hat er gegessen, was alle gegessen haben?»
    «Natürlich, warum fragt Ihr das?» Irmingard hob die Brauen.
    Adelina rieb sich nachdenklich das Kinn.
    «Weil es dann ausgeschlossen ist, dass das Essen verdorben war. Dann muss er die gleiche Krankheit gehabt haben wie der alte Mann.»
    «Krankheit? Ihr meint, sie breitet sich womöglich aus?» Die Leiterin des Hospitals wurde blass. Dann senkte sie die Stimme. «Der Gedanke ist mir natürlich auch schon gekommen. Aber das darf nicht sein. Für eine Seuche sind wir hier nicht eingerichtet. Wir haben zu wenig Platz und nicht genug Mittel, um ausreichend Arzneien zu kaufen.»
    «Ihr solltet dennoch darauf achten, alle, die über Unwohlsein klagen, in einen anderen Raum zu bringen. Vielleicht ist es aber auch gar nicht ansteckend.»
    «Ich will es hoffen.» Irmingard atmete tief durch. «Ich lasse jetzt Vater Simeon holen und die Leichenwäsche vorbereiten. Warum musste es ausgerechnet Adrian sein?» Mit hängenden Schultern ging sie davon.
    Adelina sah ihr mit einem seltsamen Gefühl hinterher.
    Auf dem Weg zur Treppe wurde sie von dem Mädchen mit dem Putzeimer überholt. Auf der Treppe fiel ihr Blick unwillkürlich in den Eimer, in dem es klumpig gelblich schwappte. Der Geruch stieg ihr widerlich in die Nase, doch ihr Blick wurde wie magisch von dem Eimer angezogen. Sie starrte auf die unappetitliche Brühe, bis das Mädchen um eine Ecke bog.
    Vitus hatte es sich im Speisesaal der Beginen gut gehen lassen. Adelina musste ihm gut zureden, damit er wieder mit ihr nach draußen kam. Auf dem gesamten Heimweg plapperte er auf sie ein, doch sie gab ihm kaum Antwort. In Gedanken sah sie noch immer Adrians verzerrtes Gesicht mit dem klaffenden Mund vor sich.
    ***
    «Würdet Ihr mir helfen?» Der Medicus stand mit griesgrämigem Gesicht in der Küche und schaute Adelina über die Schulter. Sie war gerade dabei, den großen Kochtopf mit Sand zu scheuern. Unwillig hob sie den Kopf.
    «Bei was helfen?»
    «Ich benötige einige Dinge aus der Apotheke.»
    «Geht zu Vater. Ich habe zu tun.» Adelina wandte sich wieder ihrem Topf zu. Sie hatte keine Lust auf Plaudereien. Burka verschränkte die Arme vor der Brust.
    «Euer Vater hat die Ladentür abgeschlossen und sich in seiner Kammer eingesperrt. Er

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