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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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schlanke, drahtige Gestalt hager wirken ließ, doch sein sauber rasiertes Gesicht verriet keinerlei Gefühlsregung. Steif stand er am Rand des Grabes und lauschte der Rede des Pfarrers. Nur die Kinder weinten alle herzzerreißend.
    Adelina wartete im Hintergrund, bis sie allein auf dem Friedhof war. Dann legte sie ein paar mit Bändern geschmückte Tannenzweige nieder.
    «Ihr hättet Blumen verdient», murmelte sie und kämpfte mit den Tränen. «Aber um diese Jahreszeit gibt es keine mehr. Und ich habe auch keine spannende Geschichte für Euch. Oder doch? Ich glaube nämlich, dass man Euch vergiftet hat. Und Balthasar und Adrian ebenfalls. Wie findet Ihr das?» Sie schniefte und wischte sich mit dem Mantelärmel über die Augen. «Das ist fast so gut wie eine Hexengeschichte, nicht wahr?»
    ***
    Bei ihrer Rückkehr fand Adelina das Haus in hellem Aufruhr vor. Vitus saß auf einem Hocker in der Apotheke und brüllte wie von Sinnen. Ihr Vater stand hilflos daneben und versuchte, ihn zu beruhigen und gleichzeitig eine Platzwunde am Kopf des Jungen zu versorgen. Zwei alte Frauen warteten am Verkaufstresen und unterhielten sich leise und mit säuerlicher Miene. Adelina fragte die beiden nach ihren Wünschen; eine Arznei gegen Gliederreißen sollte es sein. Bevor die zwei alten Frauen die Apotheke verließen, konnte sie noch hören, wie eine von ihnen flüsterte: «So ein Wechselbalg gehört in den Narrenturm. Eine Schande, dass sie ihn frei herumlaufen lassen!»
    Adelina verschloss die Tür hinter ihnen und drehte sich zu ihrem heulenden Bruder um.
    «Was ist denn nun wieder passiert? Vitus, hör auf zu weinen, du bist doch ein großer Junge.» Trotz ihrer Gereiztheit bemühte sie sich um einen ruhigen Ton. Sie wusste, dass Geschrei bei Vitus gar nichts nützte.
    «Es waren wieder Keppelers Lehrbuben», antwortete Albert anstelle des Jungen, der sich langsam beruhigte, als Adelina seine Hand nahm. «Sie sind über den Zaun geklettert und haben Steine geworfen.»
    «Die wollten Fine totmachen!» Vitus heulte erneut los.
    «Er hat die Katze beschützt und ist von einem Stein getroffen worden.» Albert strich seinem Sohn unbeholfen über den Rücken.
    «Wo ist die Katze?» Adelina sah sich um und erblickte Fine auf dem obersten Regalbrett, wo sie verstört auf den schreienden Jungen herabschaute. «Ich gehe jetzt zu Keppeler hinüber und mache einen Riesenärger. So kann das nicht weitergehen.»
    «Warte, Lina! Das brauchst du nicht. Magister Burka war so freundlich und hat das schon erledigt. Keppeler hat sich bereits entschuldigt und versprochen, die Buben zu bestrafen.»
    «Das verspricht er jedes Mal», brummte Adelina finster. «Warum Burka? Wo ist er?»
    «Ich glaube, er ist hinausgegangen.»
    Adelina fand den Medicus im Garten. Er hatte einen Hammer und eine der Zaunlatten in der Hand. Sie starrte ihn an.
    «Was tut Ihr da?»
    «Ich repariere Euren Zaun», erklärte er, als sei es das Normalste der Welt. «Aber wenn wir ihn so niedrig lassen, wird er die Jungen kaum abhalten. Morgen besorge ich zusätzliches Holz.»
    Hinter Adelinas Schläfen begann es zu pochen.
    «Wie kommt Ihr dazu, Euch in meine Angelegenheiten einzumischen? Der Zaun ist mein Problem und Keppeler ebenfalls. Ihr hättet nicht zu ihm zu gehen brauchen. Ich bin bisher noch immer mit ihm fertig geworden.»
    «Ihr wart aber nicht hier. Und Euer Vater hatte alle Hände voll mit Vitus zu tun. Da ich nicht wusste, wann Ihr zurückkommt, dachte ich, es sei besser, wenn ich gleich mit dem Kaufmann rede.»
    «Dachtet Ihr.»
    «Jawohl. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Ihr so erpicht darauf seid, ihn selbst zur Rede zu stellen.»
    «Vitus ist mein Bruder. Ich bin verantwortlich für ihn.» Sie verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn erbost an.
    «Findet Ihr es verwerflich, einmal Hilfe anzunehmen?»
    Sie schnaubte und wollte sich abwenden.
    «Wenn Ihr meint, dass ich mich dafür bedanke …»
    «Ich will keinen Dank.» Nun wurde auch sein Tonfall schärfer. Er warf die Zaunlatte auf den Boden und trat auf sie zu. Sie wich zurück, und ihre Augen weiteten sich.
    Da lächelte er plötzlich wieder und griff erneut nach dem Holzstück. «Ich habe die Sache in Eurem Sinne geregelt. Ihr braucht nicht mehr darüber nachzudenken.»
    Seelenruhig begann er, die Zaunlatte festzunageln. Eine Weile sah sie ihm schweigend dabei zu.
    «Zäune reparieren könnt Ihr also auch?»
    «Wenn man in einer fremden Stadt lebt und studiert, geht einem ab und an das Geld

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