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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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typischen Doppeltüren, durch die kein Laut hinein- oder hinausdrang, und trat in einen der eindrucksvollsten Amtsräume, den es an der Universität gab. Es war ein großzügiges Eckzimmer mit hohen Wänden, Fenstern zu beiden Seiten und einem schmucken verglasten Erker, von dem aus man auf den Vorplatz und den Eingang der neuen UB hinabschauen konnte. Darin stand ein achteckiger Tisch mit zwei Stühlen. Der Clou aber war das einheitliche Jugendstilambiente des Raumes. Nicht nur die Fenster, die Türen und die Nasszelle mit ihren lilafarbenen Kacheln wiesen dezente Jugendstilverzierungen auf, der ganze Raum war mit entsprechenden Schränken und einem Schreibtisch aus dieser Epoche möbliert. Sogar die modernenDIN-A4-Ordner waren einer ästhetischen Alterungskur unterzogen und ihre Rücken mit marmoriertem Papier beklebt worden. Das Holz der Möbel war für Beauforts Geschmack zu dunkel, um sich dort wirklich wohlzufühlen, aber irgendwie passte diese steife, nur ganz dezent verspielte Vornehmheit sehr gut zur Direktorin. Auch das wäre doch mal aufschlussreich und eine Forschungsarbeit wert: herauszufinden, ob Büros den Geschmack ihrer Benutzer widerspiegelten oder ihn umgekehrt erst ausbildeten und beeinflussten.
    Die Hausherrin bat ihn, im Erker Platz zu nehmen. Da sie ohnehin keine Meisterin des Smalltalks war, kam sie gleich zur Sache und reichte ihm die versprochene Liste. Bislang hatte man einundzwanzig Fehlbestände entdeckt, mit deutlichem Schwerpunkt auf dem 17. und 18. Jahrhundert. Auffallend viele Bücher mit Stichen waren darunter. Aber um noch mehr Gemeinsamkeiten herauszufinden, die womöglich auf einen bestimmten Bibliotheksbenutzer hindeuteten, musste er die Aufstellung intensiver studieren und detailliertere Informationen über die Bücher zusammentragen. Ob außer dem Dürer weitere Grafiken fehlten, konnte noch nicht festgestellt werden. Beaufort ließ sich von der Bibliotheksdirektorin anhand der Signaturen der fehlenden Bücher die jeweiligen Magazinstandorte erklären und vermerkte sie jeweils auf der Liste. Dann bat er noch um ein Verzeichnis aller Mitarbeiter, die Schlüssel zu den Magazinen hatten. Während die Direktorin nebenan ihre Sekretärin damit beauftragte, sah Beaufort durch das Fenster, wie Mike Meier zurück in die neue UB ging. Lange war der ja nicht im Kollegienhaus gewesen, dachte er, dann hatte er heute wohl keine Vorlesung, sondern Dienst in der Bibliothek. Frau Krüger-Fernandez kehrte zurück und erklärte, da nicht alle Schlüsselbesitzer zu allen Magazinen Zugang hätten, würde die Erstellung der Liste etwa eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nehmen. Beaufort war das nur recht. So konnte er in der Zwischenzeit endlich seine Leberkässemmel-VisionWirklichkeit werden lassen. Als er eine Stunde später von einem verspäteten Mittagessen gestärkt zurückkehrte, lag die Schlüssel-Übersicht bereits in einem Umschlag für ihn bereit. Eigentlich hätte er jetzt die Benutzerkartei des Handschriftenlesesaals des letzten halben Jahres durcharbeiten müssen, doch hatte er dazu momentan weder Geduld noch Lust. Außerdem war es sinnvoller, vorher alle Listen der Direktorin genau zu studieren, um dann gezielter suchen zu können, redete er sich ein. Viel brennender interessierte ihn, was die Polizei mittlerweile über Tom Schifferlis Tod herausgefunden hatte. Und er hatte da auch schon eine Idee, wie er an diese Informationen herankommen konnte. Außerdem wurde es Zeit, endlich dieses verflixte Handy zu knacken.
    *
    Am Bahnhofsplatz bestieg Beaufort das erste Taxi in der Reihe.
    »Nach Nürnberg«, bestimmte er.
    »Mann, hab ich ein Glück. Ich hatte schon Angst, dass ich ohne Fahrgast zurückfahren muss.« Der Taxler setzte den Blinker und startete. »Erlangen ist nämlich gar nicht mein Gäu. Aber ich hatte vorhin eine Fahrt vom Flughafen hierher. Da hab ich gedacht, versuch’s mal am Bahnhof, vielleicht haben da mal wieder die Regionalzüge Verspätung, und du erwischt einen Kunden, der dringend nach Nürnberg muss.« Er strahlte übers ganze Gesicht und verbreitete ansteckend fröhliche Stimmung.
    Ein gut gelaunter Taxifahrer – das ist ja mal eine ganz neue Erfahrung, dachte Beaufort amüsiert. Sein Fahrer war dunkelhäutig, etwa Ende zwanzig, hatte kurzes krauses Haar und sprach mit deutlich vernehmbarem fränkischen Akzent. Beaufort schielte auf den Dienstausweis an der Konsole: Carl Löblein stand darauf. »Wie kommen Sie denn zu diesem urfränkischen Namen?«, fragte er

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