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Tod im Herbst

Tod im Herbst

Titel: Tod im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Mmmh, ich erinnere mich, er war groß und schlank, jedenfalls entstand der Eindruck, daß er groß war, aufgrund seiner Schlankheit, denn er saß ja.«
    Sie stellte die Flamme unter der Suppe, die zu kochen angefangen hatte, kleiner und fügte eine Prise Salz hinzu.
    »Welche Haarfarbe?«
    »Ich würde sagen, blond... dunkelblond vielleicht, aber ich bin mir nicht sicher.«
    »Sie haben nicht mitbekommen, worüber sie gespro che n haben?«
    »Nein, aber... ich hatte den Eindruck, daß sie auf ihn einredete, und sie sah erregt aus. Sie muß erregt gewesen sein, sonst hätte sie mich ja gesehen. Und dann... ich konnte nicht verhindern, daß ich es sah, dann schrieb sie ihm einen Scheck. Ah!...« Sie gab sich einen kleinen Ruck.
    »Ist Ihnen noch etwas eingefallen?«
    Doch sie hörte schon nicht mehr hin. Ihr feines Ohr hatte das Geräusch der Lifttüren draußen im Treppenhaus gehört. »Das ist mein Sohn!«
    Al s de r Wachtmeiste r zu m Carabinieri-Revie r zurück kehrte, saß Sergeant Lorenzini im Wachraum.
    »Alles in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung, Wachtmeister! Die Jungs sind oben in der Küche und machen das Abendessen. Sobald sie ferti g sind , werd e ic h hie r verschwinden.«
    »Si e könne n jetz t scho n gehen . Si e habe n heut e viel länger als normal Dienst getan.«
    Lorenzini ließ sich nicht zweimal bitten, sondern griff sofort nach seinem Mantel. Er hatte erst vor ein paar Monaten geheiratet und wohnte außerhalb der Kaserne.
    Die Frau und die beiden Kinder des Wachtmeisters lebten noch in Syrakus, sie würden aber bald heraufkommen. Während Lorenzini davontrampelte, versuchte der Wachtmeister sich vorzustellen, wie es wäre, wieder ein normales Familienleben zu führen. Er entsann sich des jungen Architekturstudenten, der bei seiner Heimkehr im aufgeräumten Eßzimmer, in dem der Fernseher schon lief, eine n Telle r heiß e Supp e vorfinde n würde . Di e Unterkunft des Wachtmeisters lag im Dunkeln; er ging statt dessen nac h oben , u m z u sehen , wa s sein e Jung s s o machten.
    Auch bei ihnen lief der Fernseher, aber daneben standen zwe i klein e Monitore , di e zu r Überwachun g de s Eingangsbereiche s dienten . Dampfschwade n erfüllte n den Raum.
    »Was gibt’s denn?«
    »Pasta mit Tomatensoße und Paprikaschoten – eine Spezialität von Di Nuccio!«
    »Buon Appetito!«
    »Gleichfalls, Maresciallo! Gute Nacht!«
    »Gute Nacht!«
    Es war schon nach neun. Wieder in seinem Büro, setzte sich der Wachtmeister an seinen Schreibtisch, um den Dienstplan für den nächsten Tag auszuarbeiten, wobei er hoffte, seine Jungs würden nicht zu unerwarteten Einsätzen gerufen werden. Als zwei von ihnen herunterkamen, um den Dienst in der Wachstube zu übernehmen, ging er hinüber in seine eigene Wohnung und schaltete das Licht i n de r Küch e an . E r setzt e ebenfall s Wasse r au f un d suchte i m Schran k nac h eine m Gla s Tomatensug o au s de n selbst gemachten Vorräten seiner Frau. Seit fast acht Stunden hatte er nichts mehr gegessen, und die Essensdüfte, die ihm bei anderen Leuten in die Nase gestiegen waren, hatten seinen Appetit noch gesteigert. Während er darauf wartete, daß das Wasser kochte, kehrten seine Gedanken z u de n verschiedene n junge n Leute n zurück , mi t dene n er heut e i n de r eine n ode r andere n Weis e z u tu n gehab t hatte. Zuerst diejenigen draußen im Landhaus, von denen einer durchaus der Liebhaber der achtundvierzigjährigen Hilde Vogel sein konnte; der Junge, der mit Achtzehn an Drogenkonsum gestorben war und dessen trauernde Eltern er am Abend kurz besucht hatte; der junge Mann, der den Familienbetrieb führen mußte und nachts für sein Architekturdiplom studierte. Schließlich seine eigenen Jungs, die sich oben in der Küche ihr Abendessen zubereiteten, ein jeder Hunderte von Kilometern von Zuhause und der Familie entfernt. Es schien ihm, als lebten diese jungen Leute in völlig verschiedenen Welten. Besonders die in dem Landhaus, deren Welt ihm ganz und gar fremd war.
    Naja, heute hatte er sein Bestes getan, morgen war sein freier Tag, und mit ein bißchen Glück würde ihn der Hauptmann nicht weiter in dem Fall Vogel einsetzen, der in seinem Mund einen unangenehmen Geschmack hinterließ. Er konnte nicht ahnen, daß sehr bald etwas passieren sollte, was ihn noch tiefer in die Sache hineinziehen und ihm ebensoviel Kopfzerbrechen bereiten würde wie die schwierigsten Fälle seiner bisherigen Laufbahn.

6
    Das Problem, dachte Hauptmann Maestrangelo, während sein

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