Tod im Herbst
Fahrer sich durch den mittäglichen Straßenverkehr kämpfte , hinau s z u eine m de r neue n Industrievorort e – das Problem bei Guarnaccia war, daß er eigentlich nicht viel sagte. Bedenken oder Vermutungen schien er einfach durch seine Haltung auszudrücken. Gewiß, sobald er einmal anfing, verfolgte er sein Opfer hartnäckig, bis er es aufgespürt hatte, und wenn er Jahre dafür brauchte. Aber sie hatten nicht jahrelang Zeit. Was sie hatten, war ein ziemlic h scharfe r junge r Staatsanwal t namen s Bandini , der für den Fall zuständig war und klargestellt hatte, daß rasch etwas zu geschehen habe. Der Hauptmann hatte ihn noch nie besonders sympathisch gefunden, und Bandini war gewi ß nich t de r Typ , de r di e nachdenklich e Ar t de s Wacht meister s z u schätze n wüßte . Da s Aut o hiel t a n eine r beleb ten Kreuzung, und eine Horde Jugendlicher in schwarzen Mänteln , au f de m Heimwe g vo n irgendeine r nahegelege nen Schule, ergoß sich über die Straße.
Nachdem er am Vormittag den Bericht gelesen hatte, de n ih m de r Wachtmeiste r geschick t hatte , wa r e r versucht gewesen, ihn anzurufen, hatte den Hörer aber sofort wie de r aufgelegt , ohn e di e Numme r genann t z u haben . E s war schließlich Guarnaccias freier Tag. Der Hauptmann wußte , da ß e r sein e Leut e z u har t rannahm . A m End e hatte er Guarnaccias Bericht mit den Aussagen des Hotelpersonals verglichen und beschlossen, selbst hinauszufahren.
Das Auto setzte sich wieder in Bewegung bis zum Stau an der nächsten Ampel.
Das Problem war, daß sie einen Haufen verschiedenster Fakten hatten, die nicht zueinander zu passen schienen. Lau t Aussag e de s Empfangschef s wa r Hild e Voge l regel mäßig ins Ausland gereist. Paris, Wien und Brüssel waren Orte, an die er sich erinnerte. Bei den Mietern des Landhauses handelte es sich durchwegs um junge Ausländer, wa s di e Vermutun g nahelegte , da ß si e si e au f diese n Reisen aufgelesen haben könnte und daß die Zeitungsinserate, wen n e s si e überhaup t gab , nu r Tarnun g waren . De r Mak ler in Greve hatte dem dortigen Wachtmeister auch nicht mehr sagen können, als daß er die eingehenden Anfragen bearbeitete und die Verträge vorbereitete.
Doch wenn sie die jungen Leute tatsächlich aufgelesen hatte , einfac h so , waru m bezahlte n si e dan n sovie l Miete? Das jedenfalls war eine Tatsache, der Makler hatte daran keinen Zweifel gelassen.
Das Auto fuhr jetzt auf einer breiten Straße, die auf beide n Seite n vo n neue n Fabrikgebäuden , Tankstellen und Wohnblocks gesäumt war.
Nu r zwe i de r bekanntgewordene n Fakte n hatte n an scheinend miteinander zu tun. Ungefähr einen Monat vor ihre m To d wa r Hild e Voge l mi t eine m junge n Man n in einem Restaurant gesehen worden, und etwa zur gleichen Zei t hatt e ei n großgewachsene r Man n si e i m Hote l Bella riv a besucht . Dies e Tatsache n paßte n zeitlic h nich t zu de m Mord , abe r doc h zueinander.
»Link s jetzt , glaub e ich« , sagt e de r Fahre r plötzlich und riß den Hauptmann aus seinen Gedanken. »Häßliche Gegend hier!«
De r Wage n hiel t vo r eine m Neubaublock , de r genauso aussa h wi e di e andere n Neubaublocks . E s wa r ei n schö ner, sonniger Tag, aber ein kalter Wind wirbelte Papierfetzen durch die breite Straße.
»Warten Sie hier auf mich«, sagte der Hauptmann und stie g aus . »Meh r al s ein e halb e Stund e wird’ s woh l nicht dauern.«
Währen d e r i n eine m schmale n Lif t zu m fünfte n Stock hochfuhr , bedauert e e r wieder , da ß de r Wachtmeister nicht dabei war. Er verstand sich besser auf derlei.
»Signora Querci?«
Die junge Frau, die ihm geöffnet hatte, sah zuerst über rasch t aus , begrif f abe r schnell , weshal b e r gekommen war.
»Sie wollen bestimmt meinen Mann sprechen.«
»Ja. Ich hoffe, er ist schon auf.«
»Komme n Si e rein! « Ei n kleine s Mädche n wa r aufge tauch t un d starrt e de n Hauptman n an , währen d e s sic h die ganze Zeit am mütterlichen Rockzipfel festklammerte.
»Entschuldigen Sie, daß ich Sie zu Hause störe, aber es ist ziemlich dringend.«
»Macht nichts. Wir haben gerade gegessen.«
Trotzdem führte sie ihn in die kleine Küche; der kleine Tisc h wa r abgeräum t un d ein e Schreibmaschin e stan d dar auf. Das kleine Mädchen kam hinterher und kletterte an einer Tischecke, wo ein Heft und ein paar bunte Filzstifte lagen , au f eine n Stuhl . Di e klein e Wohnun g wa r seh r warm und Essensgeruch lag noch in der
Weitere Kostenlose Bücher