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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Sanitätern. Es war schrecklich kalt, und die Gefallenen konnten in der Kälte nicht begraben werden. Deshalb mußten sie die Leichen verbrennen. Wenn die Leichen ins Feuer geworfen wurden und sich die Luft, die sich noch in den Körpern befand, erwärmte, dann wurde sie an den Stimmbändern vorbei herausgepreßt. Er hat diese Schreie der Toten nicht ertragen können. Beim ersten Mal dachte er, der Soldat würde noch leben, und hat versucht, die Leiche aus dem Feuer zu ziehen. Dabei hat er sich die Hände verbrannt, die Narben kann man noch sehen. Nach drei Monaten wurde er als nervliches Wrack nach Hause geschickt, woraufhin er einige Jahre in der Nervenheilanstalt von St. Olof verbracht hat. Dort hat er meine Großmutter kennengelernt, die zwanzig Jahre jünger war als er. Sie litt an Depressionen und hat sich das Leben genommen, als Mutter sieben, acht Jahre alt war. Anselm wurde Frührentner. Kann ich jetzt gehen?«
    »Ja, natürlich«, sagte Hartman, immer noch in der Atmosphäre der Erzählung gefangen. »Ja, natürlich. Und herzlichen Glückwunsch zu Ihrem heutigen Sieg.«

    »Er wirkt ganz sympathisch, oder was meinst du?« fragte Hartman und erhob sich mühsam.
    »Vielleicht.« Maria merkte, daß sie gern noch ein wenig in der Stille am Meer geblieben wäre.

23
    Arne Folhammar stand am Küchenfenster und sah auf die Volksmassen hinunter, die sich vor dem »Gutekällaren« drängten. Er suchte ihr grünes Kleid und ihr helles Haar in dem Durcheinander aus Farben. Die Haustür unten wurde geöffnet und wieder geschlossen, doch es näherten sich keine Schritte. Mit seinem guttrainierten Gehör konnte er sehr gut abschätzen, wer von den Nachbarn nach Hause kam. Der schleppende Schritt von Petterson und sein schwerer Atem waren ihm ebenso vertraut wie die klappernden Absätze von Frau Lindstedt und der fast lautlose Gang von Andersson. Andersson pfiff immer, wenn er den Schlüssel ins Schloß steckte. Vielleicht wollte er, bevor er aufschloß, bösen Geistern da drinnen die Gelegenheit geben, von selbst zu verschwinden, so wie man in hohem Gras laut stampft, um Schlangen zu verjagen.
    Arne schaltete das Licht in der Küche aus, um in der Dunkelheit da unten besser sehen zu können. Vor der Ruine von Sankta Carin passierte irgend etwas. Eine Frau schrie, zwei Männer prügelten sich, und es bildete sich ein Ring aus festlich gekleideten Menschen um sie. Arne verspürte eine schleichende Unruhe. Er fühlte sich ausgeliefert wie damals in seiner Kindheit, als er auf Mona und Anselm wartete, die auf der Beerdigung waren, weil er nicht mitdurfte. Jede Zeit hat ihre eigenen Wahrheiten. Damals fand man es nicht gut, wenn Kinder mit zu Beerdigungen gingen. Doch wenn sie von seinen detailreichen Phantasien über den Toten gewußt hätten und von der Verdammung, die sie alle seiner Meinung nach heimsuchen würde, dann hätten sie ihre Entscheidung vielleicht noch einmal überdacht. Er konnte immer noch die Bilder von dem halbverrotteten Skelett vor seinem inneren Auge sehen. Der Teufel würde sie mit seinen knochigen Fingern in Stücke reißen, und Arne würde allein in der Welt zurückbleiben. Ein unangenehmer Gedanke, aber es lag auch ein Triumph darin, niemanden zu brauchen. Wenn er sich nicht vom Fenster rührte, nicht einmal aufs Klo ging, wenn er ganz still dasaß, dann würde ihnen nichts Böses zustoßen. Aber wenn er sich nur im geringsten bewegte, dann würde der Tod siegen. So stand er jetzt, unbewußt von demselben magischen Denken geleitet, völlig regungslos und wartete auf Birgitta.
    Er erinnerte sich noch daran, wie er auf Wilhelm und Mona wartete, als sie zu Henrik hinübergingen, um fernzusehen. Er durfte nicht mitkommen, weil er geflucht hatte, dabei hatte er sich kein einziges dieser Wörter selbst ausgedacht, sondern nur Wilhelm nachgeäfft. In seiner Einsamkeit war er im Haus auf Entdeckungsreise gegangen. Es gab verbotene Orte. Wilhelms Nachttischschrank war einer davon. Da hatte er einmal eine Packung naturfarbener Ballons gefunden, was ihm eine schallende Ohrfeige eingebracht hatte.
    Am strengsten verboten war das Büro, das durfte nicht einmal Mona betreten. Diese Tür war verschlossen. Von außen konnte man sehen, daß da nicht wie in den anderen Fenstern Blumen standen, sondern es nur eine dicke braune Gardine gab, die seit Generationen nicht ausgewechselt oder gewaschen worden war.
    Sie hatten ihn allein gelassen, obwohl sie wußten, wie ängstlich er war. Unter dem Bett gab es tote schwarze

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