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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Musterpapiere gesehen. Selbst wenn sie nichts sagte, würde das alles Bände sprechen. Seine Arbeitskollegen würden erfahren, was er getan hatte.
    »Liebst du mich? Weißt du, daß ich jetzt daran zweifle?« fragte sie.
    Es dauerte eine Weile, bis die Worte eine Bedeutung bekamen. Sie waren so weit von seinen eigenen Gedanken entfernt. Ob er sie liebte? Er sah die Tränen, die ihr in die Augen stiegen, und spürte den Vorwurf wie tausend Nadeln in seinem Fleisch. Den Worten konnte er vertrauen.
    Vorsichtig beugte er sich zu ihrem Gesicht vor und küßte ihre Lider, dann ihre Nase, die Lippen, das Kinn. Als er ihre Arme um seinen Nacken spürte, verlor er alle Beherrschung und weinte wie ein Kind.

25
    Sie haßte es mehr als alles andere. Es ruinierte ihren Nachtschlaf und verpestete ihre Tage. Er wußte das und zwang sie doch jedesmal wieder. Astrid Mossberg drückte das Gaspedal ihres grünen Renault und spürte den Atem des Hundes im Nacken. Ihr Sohn hatte in diesem Sommer beschlossen, eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn zu machen. Gesagt, getan. Nein, ich nehme den Hund nicht, hatte sie gesagt. Niemals! Unter keiner Bedingung! Und jetzt saß sie da, mit dem Rottweiler Hadron auf dem Rücksitz, und war auf dem Weg in den Wald. Niemals wieder würde sie mit dem Köter in der Stadt Gassi gehen. Was geschehen war, war einfach so schrecklich peinlich, daß sie schon beim bloßen Gedanken daran rot wurde. Wenn sie das gewußt hätte.
    Astrid hatte nichts Böses ahnend Hadron im Tallunden-Park ausgeführt. Sie hatte sogar eine Plastiktüte für mögliche Bedürfnisse mitgenommen. Damals lebte sie noch in seliger Unkenntnis der möglichen Bedürfnisse, die da entstehen könnten.
    Beim Spielplatz war sie Rektor Turesson begegnet. Sie sprachen fast täglich miteinander, wenn sie ihre Hunde ausführten. Seine Ehefrau, die vor der Rente im selben Lebensmittelgeschäft gearbeitet hatte wie Astrid, lag jetzt im Krankenhaus. Turesson hatte dadurch plötzlich viele praktische Probleme zu lösen, und Astrid half ihm so gut es ging mit Ratschlägen und Tips. Er sah gut aus, der Turesson, und mal ganz ehrlich, Astrid hatte damit gerechnet, ihn im Park zu treffen. Aber als er dann tatsächlich auftauchte, war sie schüchtern und unbeholfen, bekam Herzklopfen wie ein Teenager und verlor die Sprache.
    Die Pudeldame von Turesson trug ein hübsches rotes Halsband und war frisch getrimmt. Sie trippelte vor Hadron auf und ab, bedachte ihn mit leidenschaftlichen Blicken und wedelte schamlos und offensichtlich einladend mit dem Schwanz. Der Hund nahm Witterung auf. Dieser Geruch war unwiderstehlich!
    Astrid hatte so getan, als würde sie die tierischen Gelüste der beiden nicht bemerken, nahm aber sicherheitshalber Hadrons Leine etwas kürzer. Es fiel ihr schwer, wieder ins Gespräch zu finden. Es ging um Wollwäsche. Wolle wäscht man am besten von Hand in dreißig Grad warmem Wasser … Und zack! saß Hadron wie festgewachsen auf dem hinteren Ende des Pudels und pumpte mit aller Kraft. Astrid schrie laut auf, griff nach der Leine, die ihr aus der Hand gefallen war, und versuchte ihn herunterzuziehen. Sie packte ihn beim Halsband. Aber Hadron war ebensowenig zu verschieben wie ein Gebirge. Instinktiv und primitiv folgte er seiner Bestimmung, die Gene seiner Art zu verteilen.
    »Hadron. Hör auf, Hadron! Platz!« Der Hund war blind und taub. Astrid riß mit aller Kraft, bis sie Turessons Hand auf ihrem Arm verspürte.
    »Lassen Sie das!« rief er. Nicht zu dem Hund, sondern zu ihr, Astrid. »Lassen Sie die beiden, er muß von selbst loskommen.«
    Astrid schaute Turesson an, und ihr Gesicht spiegelte Scham, Ekel und Verwirrung wider.
    »Er muß erst abschwellen. Die beiden sind so fest ineinander verhakt, daß die Gebärmutter des Pudels mit herauskäme, wenn Sie Ihren Hund jetzt herunterzerren würden. Verstehen Sie? Wir müssen warten«, fügte er in etwas ruhigerem Ton hinzu.
    Noch nie war ihr Warten so lang vorgekommen. Astrid versuchte wegzuschauen, mußte aber hin und wieder einfach verstohlen hinsehen, um festzustellen, ob die beiden möglicherweise fertig waren. Gleichzeitig versuchte sie angestrengt neutralere Gesprächsthemen wie Kartoffelpuffer und Pfannkuchen zu ersinnen.
    »Mehl muß man immer in kalter Flüssigkeit anrühren, sonst klumpt es …«

    Nie wieder Stadt! Sie fuhren weit aufs Land hinaus. Der Hund winselte auf dem Rücksitz. Astrid mußte anhalten, ehe noch ein Unglück geschah. In Fröjel kannte sie

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