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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Steinen heraus. Der war definitiv nicht aus der Eisenzeit. Die Fliegen kreisten eigensinnig um die Beute, und mit denen konnte es nicht einmal Hadron aufnehmen. Er hatte einen grauen Haarschopf und einen Arm ausgegraben. Mit einem immer größeren Ekel starrte sie auf die Hand und versuchte zu ignorieren, was sie da sah. Ein Finger fehlte.

26
    Kriminalinspektorin Maria Wern verspürte den Geruch, der von dem Steinhügel ausging schon lange, ehe sie den schwarzen Plastiksack mit den sterblichen Überresten des Mannes erblickte, der mit allergrößter Wahrscheinlichkeit Wilhelm Jacobsson gewesen war. Bei der Absperrung stand Hartman, das Taschentuch aufs Gesicht gedrückt.
    »Der Verwesungsprozeß hat schon angefangen. Der Hund ist nicht gerade behutsam zu Werke gegangen, das wird schlimm für diejenigen, die ihn identifizieren müssen. Das Beste wäre, wenn wir das den nächsten Angehörigen ersparen könnten.«
    »Ist es so schlimm?« Maria war erleichtert, daß die Leiche schon weggeschafft war. Die Techniker hatten mitgeteilt, daß ein Finger fehlte und der Rest des Körpers übel zugerichtet war. Es war Sache der Gerichtsmedizin zu entscheiden, was geschehen war, und wann. Sie beneidete die Kollegen nicht. »Gibt es Spuren?« fragte sie, ohne große Hoffnung darauf zu setzen.
    »Offensichtlich haben in den letzten Tagen mehrere Autos vor dem Zaun gestanden. Der Boden ist steinhart, das macht es unmöglich, einzelne Autospuren zu unterscheiden. Ich glaube nicht mal, daß man Spuren von Astrid Mossbergs Wagen sehen kann, und das, obwohl es heute morgen ein klein wenig genieselt hat. Fußspuren gibt es auch nicht.«
    »Was hatte er an?«
    »Ein blaukariertes Hemd, von dem nur Fetzen übrig sind, und eine blaue Arbeitshose. Er war barfuß. In der einen Hosentasche steckte eine Brieftasche, in der anderen Streichhölzer und eine Pfeife.«
    »Schuhe und Kappe wurden auf der Fähre gefunden. Was würdest du anziehen, wenn du zu einem Landwehr-Turnier aufs Festland reisen würdest?«
    »Das ist eine Frage, die wir wohl seiner Frau und den Landwehrkollegen stellen müssen. In blauer Arbeitshose zu reisen erscheint mir allerdings etwas seltsam. Er muß schon etwas speziell gewesen sein, wenn man Arvidsson glaubt, aber man darf wohl annehmen, daß er sich für die Reise etwas besser gekleidet hätte. Die Frau hätte ja wohl etwas gesagt, denn sie soll ja vor der Abreise dagewesen sein und ihm das Frühstück gemacht haben. Ich glaube kaum, daß sie auf dem Schiff heutzutage noch die Uniform der Landwehr tragen. Früher mußten sie das, doch die Zeiten sind vorbei«, meinte Hartman.
    »Ek hat gesagt, daß die Frau nicht genau sagen konnte, was er bei der Abreise getragen hat.«
    »Stimmt. Und dann haben sie noch was anderes Seltsames gefunden: eine getötete Schlange. Sie lag ganz vertrocknet vor dem Steinhaufen. Ich weiß nicht, ob das von Bedeutung ist, Schlangen liegen ja gern auf Steinhaufen und sonnen sich. Der Kopf ist zertreten, sie haben sie mir gezeigt. Es ist eine gewöhnliche Kreuzotter, leicht von Ameisen angefressen.« Hartman nickte Trygvesson zu, der zu ihnen getreten war. Trotz der Hitze trug er einen Rollkragenpullover.
    Wenn Maria genauer darüber nachdachte, hatte sie ihn noch nie in etwas anderem als einem Rolli gesehen. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und er zog mit zwei Fingern an dem engsitzenden Kragen. Die Kinder waren auch so, dachte Maria. Emil konnte in langer Hose und Pullover rausgehen, obwohl die Sonne brannte. Man konnte sehen, wie er sich herumquälte, aber er selbst konnte erst, wenn ihm die Kleider ausgezogen wurden und er den Unterschied spürte, herausfinden, was denn falsch gewesen war. Trygvesson war schon mal auf dem richtigen Weg, wenn er die Finger unter den Kragen schob. Maria hoffte, daß seine Intuition und die Fähigkeit, Schlußfolgerungen zu ziehen, bei der Ermittlung in Kriminalfällen besser funktionierte.
    »Verdammt. Wenn man so etwas sieht, ist man doch froh, daß man seiner eigenen Beerdigung nicht beiwohnen muß.«
    Trygvesson wischte sich mit dem Pulloverärmel den Schweiß von der Stirn.
    »Eigentlich ist es doch erstaunlich, daß man so schreckliche Angst vor dem Tod hat«, sagte Hartman. »Wenn man tot ist, dann ist man tot, und man erlebt es nicht, und davor lebt man ja noch.«
    »Jeder Tag ist ein Tag näher am Tod«, sagte Trygvesson und nickte zum Steinhaufen hinüber.
    »Wer weiß, vielleicht ist es ja ein wunderbarer Tod, dahingerafft zu werden, ehe man

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