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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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keinen Menschen.
    »Vallhagar – 3 Kilometer« stand auf einem Schild, das nach links führte. Das sah aus wie ein geeignetes Waldstück. Keine Autos weit und breit. Keine Häuser.
    Als sie aus dem Auto stieg, war es vollkommen windstill. Die Erde unter ihren Füßen war trotz des Regens verbrannt und trocken. Ein paar mickrige Exemplare von Habichtskraut, Erdrauch und Hauhechel hatten sich hervorgewagt und waren dann in der Sonne zu Strohblumen vertrocknet.
    Seltsam, daß es so windstill sein konnte, wenn sich die Erde mit einer Geschwindigkeit von 1666 Stundenkilometer drehte. Zumindest tat sie das am Äquator, das behauptete jedenfalls Mats. Ihr Sohn studierte Physik, und einiges von dem, was er da lernte, glaubte sie nicht oder mochte sie gar nicht glauben. Zum Beispiel, daß man das ganze Universum wegzaubern konnte, wenn Materie auf Antimaterie stieß. Puff! Und alles wäre vorbei. Das konnte ja wohl nicht sein.
    »Immer dieser überqualifizierte Quatsch, oder was meinst du, Hadron?« Der Hund hob das Bein an einem Baum, um zu zeigen, daß er derselben Ansicht war. Trotzdem war der Gedanke an weitere Galaxien mit anderen Sonnen und Welten irgendwie verlockend. Mats sagte, der Sauerstoff im Körper käme von ausgebrannten Sternen. Das klang schön, fand Astrid, und es war spannend, mit Mats’ Fernglas die Sterne zu beobachten. In der Stadt sah man nicht viel, weil da soviel Licht war, aber sie hatte als Kind in Tingstäde gelebt, und wenn sie da am Misthaufen gestanden und zum Himmel hochgeschaut hatte, dann war der Reichtum an Sternen einfach überwältigend gewesen und ebenso verlockend wie eine versunkene Stadt auf dem Meeresgrund.
    Hadron witterte etwas. Und dann geschah alles in Bruchteilen einer Sekunde. Er preschte los. Astrid folgte ihm ein kurzes Stück, stolperte und verlor die Leine.
    »Hadron, komm her. Goldratte, komm!« rief sie. Doch er beachtete sie gar nicht, jedenfalls nicht, wenn es einen interessanten Geruch zu verfolgen gab. Wie eine Kanonenkugel schoß er über einen Zaun davon. Astrid rappelte sich auf und rief noch einmal nach ihm. Dieser Hund machte einfach, was er wollte. Wie konnte Mats nur auf die Idee kommen, daß sie ein solches Tier im Griff haben könnte?
    »Goldratte, komm her«, lockte sie ihn, aber es war sinnlos. Also kletterte Astrid hinterher. Sie war wütend. Die neue teure Strumpfhose, die sie vor der Begegnung mit Turesson gekauft hatte, hatte Löcher an den Knien. Was half es schon, daß Ferse und Zehen verstärkt waren, wenn man auf allen vieren kroch?
    »Hadron, komm sofort her! Sonst mache ich Wurst aus dir!«
    Hadron buddelte und hob nicht einmal den Kopf, als sie kam. Stein um Stein fiel von dem Haufen.
    »Laß das, Hadron. Platz! Platz, sage ich.«
    Astrid sah sich ratlos um. Dies war bestimmt ein geschütztes Vorzeitdenkmal, eine Siedlung aus der Eisenzeit. Gerade war sie an etwas vorbeigekommen, das wie das Fundament von Häusern aussah. Vielleicht verklagte und verurteilte man sie jetzt wegen Beschädigung öffentlichen Eigentums, dann würde in der Zeitung über sie geschrieben werden, und alle würden sie auslachen. Bestimmt würde Turesson das lesen, ganz zu schweigen von den Nachbarn. Was sollte sie nur tun? Hier war keine Menschenseele zu sehen, die ihr hätte helfen können.
    Sie zog mit aller Kraft an der Leine, aber Hadron ließ sich nicht aufhalten. Er wollte graben, und deshalb scharrte er weiter mit seinen riesigen Pfoten und seiner breiten Nase. Jetzt winselte er. Astrid mußte schnell beiseite springen, als ein Stein nach dem anderen vor ihre Füße gerollt kam. Wenn da jetzt die Überreste eines alten Wikingerhäuptlings lagen? Wenn das Grab nicht ordentlich ausgegraben worden war, weil die finanziellen Mittel dazu gefehlt hatten? Dann wäre das ja Grabschändung oder irgendwas anderes Schreckliches, und wie es hieß, würde sie vor Gericht erfahren.
    Ein Stück Stoff, etwas Blaues, war zu sehen. Astrid packte das Halsband des Hundes und zog mit beiden Händen. Hadron winselte, und sie ließ los, denn sie war nicht sicher, ob er sie vielleicht beißen würde, wenn sie ihn um seine Beute brachte. Sie trat ein paar Schritte zurück, gab den Kampf auf und wurde Zeugin von etwas, das sie noch lange bis in ihre Träume verfolgen sollte.
    Als der Hund sich beruhigt hatte, ging sie hin, um den menschlichen Körper näher zu betrachten. Den Gestank mußte sogar eine menschliche Nase bemerken. Leichengeruch. Ein nackter, blauweißer Fuß stak zwischen den

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