Tod im Moseltal
erkunden versucht, hatte gespürt, wie er sich endlich öffnete, und eine neuartige Leere in sich aufsteigen gespürt: eine große Leere, die er als leicht, warm und befreiend empfand. Eine Leere, die endlich wieder Platz für Neues bot.
Neben ihm hielt der sportliche Kleinwagen von Nicole Huth-Balzer. Sie kurbelte das Seitenfenster herunter und sagte betont vorsichtig: »Hallo, Christian. Alles klar? Ich hab gehört, du kommst wieder zu uns.«
Er schaute durch die kleine Öffnung in das besorgte Gesicht dieser jungen Frau, der er bislang nur mit dienstlich verordneter Distanz begegnet war. Er lächelte, und es war diesmal mehr als ein Versuch.
»Hallo, Nicole. Ob ich jetzt schon zurückkomme, wird der Chef entscheiden. Ich muss gleich zu Großmann. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns gleich bei der Teamsitzung sehen. Paul hat gesagt, um neun Uhr trefft ihr euch.«
»Wir treffen uns, Christian. Bis gleich.« Buhle sah in ihren Augen ein Strahlen, das Erleichterung und Freude und vielleicht auch noch etwas anderes ausdrücken mochte.
Herbert Großmann hingegen saß mit hochrotem Kopf hinter seinem Schreibtisch, obwohl diese eher statische Tätigkeit sicher keiner körperlichen Anstrengung bedurfte. Dafür hatte in den letzten sechzig Sekunden jeder Quadratmillimeter seines Bleistifts einen Drucktest von kräftigen Fingerspitzen über sich ergehen lassen müssen, bevor Großmann endlich die richtige Formulierung für das Gespräch mit seinem besten Mitarbeiter gefunden hatte.
»Also, Christian, die Glesener hat ihre Beschuldigung weitgehend zurückgenommen. Das ist am Montag wohl echt dumm gelaufen.« Großmann kniff die Augen zusammen, als ob es ihm Schmerzen bereite, mit den richtigen Worten fortzufahren. »Aber du weißt ja, wie das ist. Bei dem Vorwurf der sexuellen Belästigung läuten bei uns alle Glocken. Davor haben alle Schiss. Na ja, jetzt ist die Sache aber auch erledigt. Hat sich von uns bei dir eh keiner vorstellen können. Aber da kam ja auch alles zusammen, vor allem mit deinen Ermittlungen in Luxemburg, aber auch dem Treffen der Steyns in der JVA.«
»Du meinst mein Frühstück bei Madame Laurant in Berdorf und mein Verhör mit den Eheleuten Steyn?« Buhle versuchte, möglichst freundlich und nicht sarkastisch zu klingen. Aber der Inhalt seiner Worte machte dies unmöglich.
»Ach komm, du weißt genau, dass du jetzt Quatsch redest. Ich habe aber mit der Haupt gesprochen. Sie könnte mit deiner Version leben, wenn du versprichst, sie das nächste Mal vorher zu informieren.«
Großmann erntete ein dankbares Lächeln, verbunden mit einem leichten Kopfnicken. Da Buhle aber nichts erwiderte, musste Großmann notgedrungen weiterreden.
»Die luxemburgischen Kollegen waren auch gleich deutlich befriedigter, als sie deinen Namen hörten. Ihr kennt euch ja gut aus der grenzüberschreitenden Kooperation. Du solltest die aber mal persönlich kontaktieren.«
»Ich werde mich drum kümmern.«
»Also. Ich habe mit Hubert Monz abgeklärt, wie wir dich wieder in die Ermittlungen einbringen können. Als Leiter der Soko geht das schlecht, wir haben …« Ihm fehlten offenbar die weiteren Worte.
»Ihr habt das schon öffentlich gemacht, ich weiß. Ich hab es in den Nachrichten gesehen. War aber auch richtig so, um die Kripo aus der Schusslinie der Medien zu nehmen.«
Großmann atmete erleichtert auf und nickte heftig. »Ja, der Präsident hat das gut begründet, auch wenn MoZ und LetzTalk das natürlich ausführlichst hinterfragt haben und auch der TV die Gelegenheit genutzt hat, um nachzutreten. Tja, aber was machen wir jetzt mit dir?«
»Du weißt, dass ich Paul außerordentlich schätze. Ich habe überhaupt kein Problem damit, unter ihm ins Team einzusteigen. Wir sollten das Geschehene abhaken und nach vorne schauen, damit wir den Fall lösen können.«
»Wunderbar. Das werde ich Paul gleich mitteilen. Okay, dann sind wir klar. Und tut mir leid wegen … Na ja, da bleibt jedenfalls nichts nach, auch in den Akten nicht. Ich kümmere mich darum.«
»Danke, Herbert, ich weiß deinen Rückhalt zu schätzen.«
In seinem Büro hatte sich während seiner Abwesenheit nichts verändert, und doch schien ihn der Raum anders zu empfangen als sonst. Buhle fuhr den Computer hoch. Während das in die Tage gekommene Gerät hörbar Mühe hatte, Betriebssystem und Software zu laden, schaute er aus dem Fenster. Der Verkehr schob sich auf der Güterstraße an der ZKI vorbei. Ein Zug fuhr mit quietschenden
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