Tod im Moseltal
Namensliste, die Gerhardts ihm über den Tisch zugeschoben hatte. »Sie wissen, was sich damals im Internat zugetragen hat?«
»Wir haben eine ausführliche Aussage von Marion Reens«, antwortete Gerhardts.
Thomas Steyn schloss die Augen für einige Sekunden, dann holte er tief Luft und blickte entschlossen zu den beiden Polizisten. »War es Mazzomaid?« Er beantwortete das Schweigen der Kommissare selbst: »Okay, Sie wollen oder können es mir wohl nicht direkt sagen. Mazzomaid war der Einzige, der damals versucht hat, sich zu wehren. Vergebens zwar, aber er hat es wenigstens versucht. Als er dadurch noch mehr zur Zielscheibe wurde, hat er es nur noch verdeckt getan.« Steyn zeigte eine spürbare Befriedigung.
»Hatten Sie mit ihm danach Kontakt, vielleicht auch nur zufällig?«, fragte Gerhardts.
»Nein.«
»Wussten Sie, dass er in Luxemburg wohnt und arbeitet?«
»Nein.«
»Auch nicht, dass er bei der Europäischen Investitionsbank für Kreditvergabe zuständig war, anscheinend auch für die Firmen Ihres Vaters?«
»Nein.«
»Können Sie uns dennoch irgendetwas zur Person Dennis Mazzomaid sagen?«
Steyn schien zu überlegen. »Natürlich weiß ich nur, wie ich ihn vor zwei Jahrzehnten gesehen habe. Man kann versuchen, sich zu ändern …« Er stockte kurz und fügte in verbittertem Ton hinzu: »Auch wenn einem das nicht immer nutzt. Mazzomaid war geltungssüchtig, wollte immer im Mittelpunkt stehen, erfolgreich sein, was in der Schule zwangsläufig mit Strebertum einherging. Damit ist er auch für mich in den Fokus gelangt. Aber er hätte auch mein Komplize werden können, weil er ähnlich … durchtrieben war. Ich möchte nicht wissen, was er alles angestellt hat, um gegen uns bestehen zu können. Aber ihm fehlte die letzte Skrupellosigkeit.«
»Würden Sie ihm zutrauen, bei einem Komplott gegen Sie so weit zu gehen, aus Rache zu töten?«
»Vielleicht hat er diese Skrupel mittlerweile abgelegt. Dann ja. Er war immer ein akribischer Planer gewesen. Hatte nie etwas dem Zufall überlassen und war genau deshalb so leicht aus der Fassung zu bringen, wenn man seine Ordnung zerstörte.«
»Haben Sie eine Ahnung, warum Dennis Mazzomaid sich nach so langer Zeit entschlossen haben könnte, sich an Ihnen zu rächen?«
Steyn zuckte mit den Schultern. »Nein, fragen Sie ihn das.«
»Ja, das werden wir.«
Gerhardts sah zu Buhle hinüber, und der fuhr fort: »Wir müssen mit Ihnen noch über Ihre Sicherheit reden. Momentan wissen wir nicht, wo sich der mögliche Täter aufhält und was er vorhat. Wenn er von Ihrer Freilassung erfährt, wird er sich möglicherweise direkt an Ihnen rächen wollen. Wir möchten Ihnen anbieten, dass Sie sich zunächst unter falschem Namen an einem geheimen Ort aufhalten, bis wir den Täter gefasst haben. Wir können das auch für Ihre Familie organisieren, wenn Sie es wünschen.«
»Meine Familie«, jetzt verdunkelten sich die Gesichtszüge von Steyn, »meine Familie … Habe ich die noch?«
»Es war sicher eine schwere Zeit für alle Ihre Angehörigen.« Buhle sprach nach einer kurzen Pause weiter. »Wir hatten aber den Eindruck, dass sich Ihre Frau sehr für Ihre Entlastung eingesetzt hat. Sie hat immer Ihre Unschuld betont.«
»So?«
»Sollen wir etwas für Sie organisieren?«
»Nein. Ich werde mit Sicherheit nach Avelsbach zurückkehren. Und falls das stimmt, was Sie andeuten, würde ich mich freuen.« Thomas Steyns Gesicht hatte einen entschlossenen Ausdruck angenommen.
Erstmals schaltete sich Klaus Menzel in das Gespräch ein. »Sie sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Der Täter ist jetzt zu allem fähig und sicher äußerst gefährlich.«
Steyn sah seinen Anwalt einige Sekunden lang an und wandte sich dann wieder Buhle zu. »Wenn ich verschwinde, und Mazzo-maid findet mich tatsächlich nicht, was, meinen Sie, wird er tun?«
»Wie schon gesagt, wir können auch Ihre Familie schützen.«
»Sie wollen sie auch verstecken, natürlich an einem andern Ort? Was bedeutet das für meine … meine Kinder, für meine Frau? Vielleicht dauert es Monate, bis Sie Mazzomaid haben? Wie lange wollen Sie uns wegschließen? Und was ist mit meinen Eltern? Soll mein Vater seinem Betrieb über Monate fernbleiben? Das wäre der Ruin.«
Steyn schnaufte kurz auf. »Was meinen Sie, wie weit geht Mazzomaid? Nimmt er sich dann meine Oma vor? Meine Schwester? Und wenn er alle nicht findet, was macht er dann? Einen Freund von Mattis? Eine Freundin von Nora? Ein Nachbarskind? Sie
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