Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
heißt sein Stromkonzern, spenden würde, bekam er ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Um sich abzusichern, hatte Albert Wonka den Aufsichtsrat persönlich informiert. Gerade in Zeiten, in denen man Preiserhöhungen beim Kunden durchsetzen wollte, kam ihm eine Imagekampagne, die die Menschlichkeit seines Konzerns herausstellte, sehr zupass. Mit der Finanzierung der neuen Mehrzweckhalle für die Basketball-Bundesligamannschaft Oldenburgs wurde sein Unternehmen zwar bundesweit erwähnt, aber einige hartnäckige Kritiker hielten es dennoch für Geldverschwendung. Schließlich überzeugte er den Vorsitzenden Dr. Theissen, dass eine solche Unterstützung breite Zustimmung finden und zu hohen Sympathiewerten in der Bevölkerung führen würde. Dieser Argumentation folgte der Aufsichtsrat und beschloss einstimmig, das Hilfsprojekt für die Erdbebenopfer zu unterstützen.
Albert Wonka verfolgte jedoch ganz andere Interessen , als den armen Menschen in der Karibik zu helfen. Was scherte ihn das? Diese Hungerleider wohnten viel zu weit entfernt und waren zudem keine potenziellen Kunden. Die Zwischenmenschlichkeit würde nach der gemeinnützigen Veranstaltung erst richtig gefördert werden, unmittelbar im Anschluss , wie Oberstaatsanwalt Kai Rentz lachend betonte. Er drückte sich dabei bewusst zweideutig aus. Falls solche intimen Treffen an die Öffentlichkeit gelangten, würde man dem cleveren Juristen nie etwas nachweisen können. Ein Escort-Service der gehobenen Klasse mit Ansprüchen ließ ausreichend Raum für Interpretationen, eben auch für seriöse Erklärungen. Für Diskretion würde schon gesorgt sein, dessen konnte er sich sicher sein.
Seit Tagen freute er sich auf diese Nacht, die ihm immer wieder während des Tages eine mächtige Erektion bescherte. Er hatte keine Ahnung, wo Kai Rentz die jungen Damen herbekam, was er für Vereinbarungen mit ihnen hatte und wie gut sie bezahlt wurden. Zumindest wussten die Blondinen, von denen keine älter als 25 Jahre war, was sie zu machen hatten, und standen auch für den einen oder anderen Sonderwunsch zur Verfügung.
Der quälend langweilige Vortrag wollte einfach kein Ende nehmen. Alber t Wonka trank einen Champagner nach dem anderen und hätte dem Vortragenden Henning Werdemann am liebsten zugerufen, dass er gerne auf die letzte Folie seiner Powerpointpräsentation springen könne, aber er hielt sich zurück. Gab es eigentlich irgendjemanden im großen Konferenzraum des edlen Hotels, der sich für diesen rührseligen Mist interessierte?
Er sah sich um: falls nicht, taten wenigstens alle so, als wäre die Veranstaltung ungeheuer wichtig. Albert Wonka interessierte sich aber eher für die dralle, junge Blondine, die eine eher rustikale Art hatte, die Gläschen auf ihrem Tablett anzubieten. Ihr Namensschild verriet, dass sie Frauke Bruns hieß. Wahrscheinlich eine Bauerntochter vom Land, für die Oldenburg eine Metropole darstellte.
» Darf ich Ihnen noch ein Glas anbieten, Herr Wonka?«
» Selbstverständlich, mein Täubchen, was ist denn das für eine Marke?« Der Vorstandsvorsitzende der OEW hoffte, die Landpomeranze damit in Verlegenheit bringen zu können. Vor Scham errötete Wangen würden ihr gut stehen und ihn ordentlich in Wallung bringen.
» Ein Raymond Boulard.« Albert Wonka konnte es nicht fassen, sie kannte nicht nur die Marke, sondern sprach sie auch in einwandfreiem Französisch aus.
» Aus welcher Gegend kommt er denn, und um welchen Jahrgang handelt es sich hier?«
» Selbstverständlich aus der Champagne. Die Produkte aus dem Hause Raymond Boulard werden ohne Jahrgangsbezeichnung geführt und bestehen zu 45 % aus Pinot Meunier, zu 35 % aus Pinot Noir und zu 20 % aus Chardonnay.«
» Ja, ja, ich weiß schon.«
» Haben Sie sonst noch einen Wunsch?«
» Nein, ich möchte mich auf den Vortrag konzentrieren«, brummte Albert Wonka.
Hoffentlich gaben die 'bestellten' Frauen nicht so freche Antworten. Der Oberstaatsanwalt hatte ihn nur eingangs begrüßt, war aber seit geraumer Zeit aus dem Raum verschwunden.
Als er kurz vor Ende der Präsentation den Raum betrat, versuchte Albert Wonka an seinem Gesicht abzulesen, ob der angenehme Teil des Abends nun endlich starten könnte. Nichts dergleichen passierte. Stattdessen rief Kai Rentz den Vorstandsvorsitzenden der OEW ans Rednerpult, um ihm für seine großzügige Spende zu danken und vor den eingeladenen Pressefotografen feiern zu lassen.
Missmutig und schon gut angeheitert schritt er nach vorne
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