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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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aß aber nichts davon, sondern streckte die Hand nach dem Nachttisch aus. Auf der kleinen Marmorplatte lag ein Spitzendeckchen, darauf eine Flasche mit Medizin, ein Glas und ein schwarzer Rosenkranz. Mit ihrer verkrüppelten Hand versuchte sie die Schublade aufzuziehen. Der Wachtmeister erhob sich halb von seinem Stuhl, um ihr zu helfen, doch sie wehrte ihn mit einer unwilligen Handbewegung ab. »Er macht es.«
    William steckte die Süßigkeiten in die Schublade.
    »Also, wo war ich stehengeblieben? Nun, Francesco ist gestorben, und angeblich war es kein Unfall, obwohl erklärt wurde, daß sein Pferd schuld hatte, und sie hat dann seinen Bruder geheiratet. Sie ließen ihr keine andere Wahl. Sie hat die ganze Nacht davor geweint. Ein häßlicher Mann! Mit einem häßlichen Gesicht und einer häßlichen Seele. Sobald sie das erste Kind hatte, ließ er sie natürlich in Ruhe, immerhin, aber ich selbst habe für diesen Zweig der Familie nie viel übrig gehabt – er war ja der Cousin von diesem… Wie hieß er gleich, dieser Geizhals, du weißt, wen ich meine, also wie hieß er doch gleich – und guck mich nicht so an, du junger Schnösel, ich bin nicht so alt, als daß ich nicht mehr wüßte, was ich rede.«
    »Erzähl uns von dem Mord«, rief William. »Erzähl uns, woher die Männer kamen.«
    »Campi.«
    Ihr Gesicht verdüsterte sich, als hätte sie vom Inferno gesprochen und nicht von einem Vorort von Florenz. »Es waren Gerber, brutale Leute. Sie kamen durch die kleine Tür herein, so haben sie's gemacht. Sie sind einen Tag vorher gekommen, während er weg war, und niemand hat sie gesehen.«
    »Aber jemand hat sie doch bestellt, Tata! Los, sag schon! Sie waren bestellt worden!«
    William provozierte sie grinsend.
    »Eine Ehefrau hat ihre Rechte. So ein junges Ding wie diese Ginetta, die Hausmädchen war und herumstolzierte und mit dem Schmuck angab, den er ihr geschenkt hatte na ja, es war das letzte Mal, daß sie lebendig die Treppen hochstieg. Sie war splitterfasernackt, als die vier in ihr Zimmer einbrachen. Das kam vor Gericht heraus. Splitterfasernackt…«
    Sie senkte die Stimme und wandte sich aus irgendeinem Grund, vielleicht weil sie sich über den neuen Zuhörer freute, an den Wachtmeister.
    »Zwei von ihnen mußten ihn festhalten…«
    Der Wachtmeister zog sich unwillkürlich etwas zurück, war nicht sicher, ob er den Ausgang ihrer Geschichte hören wollte, aber mit ihren rheumatischen Fingern klammerte sie sich an den Ärmel seiner Uniformjacke.
    »Es war nichts an ihm zu sehen, aber zwei Leute mußten ihn festhalten, während sich die beiden anderen um sie kümmerten. Sie nahmen ihren Leichnam mit und warfen ihn in den Arno, aber er kam an der Brücke wieder hoch… zwei Brücken weiter von der… wie heißt sie gleich…«
    »Ponte alla Carraia!« brüllte William in ihr Ohr. »Aber der Kopf, Tata! Was war mit dem Kopf?«
    Noch immer hielt sie den Ärmel des Wachtmeisters fest. Ein dünner Speichelfaden hing von der linken Ecke ihres Mundes herab.
    »Sie steckten ihn auf den Bettpfosten, auf einen der hölzernen Pfosten, die Augen starrten heraus, starrten ihn an, und er starrte zurück. Und so haben sie ihn am nächsten Morgen gefunden. Blut, überall Blut. Es war durch das Laken und durch die zwei Matratzen und durch das hölzerne Unterteil gedrungen, und er war blutüberströmt, hatte sich aber keinen Zentimeter bewegt. Wo sie ihn liegengelassen hatten, dort wurde er gefunden, wie er den Kopf mit seinen blutigen Haarsträhnen anstarrte.«
    Sie klammerte sich immer fester an den Arm. »Und er hat nie wieder ein Wort gesprochen. Solange er lebte. So!«
    Der Wachtmeister, dem es schien, als habe er während der letzten halben Stunde die Luft angehalten, atmete jetzt tief durch und rutschte auf dem harten Stuhl ein wenig hin und her, aber die Alte klammerte sich noch immer an seinen Ärmel, so daß er nicht aufstehen konnte.
    »Was hier im Haus passiert«, sagte sie, »ich erfahre alles. Alles.«
    Wenn es nur stimmte! Der Wachtmeister hatte mehr als einmal versucht, sie über die Nacht auszufragen, in der Corsi gestorben war, doch jedesmal hatte sie nur die verkrüppelte Hand gehoben und ihn zum Schweigen gebracht.
    »Warten Sie! Ich werde Ihnen etwas erzählen…«
    Und schon war sie mitten in einer neuen Geschichte von Mord und Totschlag. Hinter ihr im Lehnstuhl steckte eine Ausgabe der Lokalzeitung, und Guarnaccia hatte nicht den geringsten Zweifel, daß sie ihre schaurigen Erzählungen dorther

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