Tod im Pfarrhaus
Polizisten?«, wollte sie wissen und blinzelte Irene zu.
»Der Einzige, der bald pensioniert wird, ist mein Chef, aber der ist weder sonderlich groß noch son derlich gut aussehend«, entschuldigte sich Irene.
»Aber einigermaßen gesund ist er doch wohl?«, fragte Donna und klang aufrichtig interessiert.
»Na ja …«
»Schicken Sie ihn mir auf jeden Fall vorbei. In meinem Alter kann man nicht mehr wählerisch sein«, meinte Donna lachend.
Irene hatte nicht den Eindruck, dass sich Donna ihre Männer nicht mehr aussuchen konnte.
Glen kam ein paar Minuten später. Sie bestellten, ehe sie mit der Unterhaltung begannen. Beide entschlossen sich zu Wodka Martini als Aperitif, Hummersuppe und Lammspieß mit einer raffinierten Sauce und Kartoffeln. Irene trank eine halbe Karaffe Rotwein und Glen ein großes Bier. Erst als die Drinks auf dem Tisch standen, begann er zu erzählen:
»Mein Chef ist natürlich erst mal an die Decke gegangen, als ich ihm erzählt habe, dass der Name von Andrew St. Clair im Zusammenhang mit den Mordfällen aufgetaucht ist. Immer wenn es um die Stützen unserer Gesellschaft geht, bekommen unsere Chefs kalte Füße. Aber es war klar, dass wir dem nachgehen müssen, also rief er St. Clair selbst an. Genauer gesagt seine Sekretärin. St. Clair hat morgen den ganzen Vormittag geschäftlich mit irgendwelchen Leuten aus dem Ausland zu tun, könnte uns aber nach dem Lunch treffen. Der Chef hat der Sekretärin meine Handynummer gegeben, aber weder sie noch Andrew St. Clair haben bis jetzt von sich hören lassen. Ich habe uns für morgen zwei Plätze in der ersten Maschine nach Edinburgh reserviert. Um fünf Uhr nachmittags fliegen wir dann nach Heathrow zurück. Dann schaffen Sie es noch bis nach Göteborg.«
Etwas regte sich in Irenes Unterbewusstsein, und sie fragte nach:
»Haben Sie überprüft, ob St. Clair von Edinburgh aus nach London geflogen ist?«
»Ja. Negativ. Er taucht auf keiner Passagierliste auf. Aber was sagt das schon. Möglicherweise ist er mit dem Auto gefahren.«
KAPITEL 18
Sie landeten auf dem Edinburgh International Airport westlich der Stadt. Da sie Andrew St. Clair erst in einigen Stunden treffen würden, tranken sie am Flughafen erst einmal einen Kaffee. Die warmen Croissants und der heiße Kaffee waren nach dem spartanischen Frühstück im Flugzeug himmlisch.
Sie hatten sich kaum gesetzt, da begann Glens Telefon zu bimmeln. Die Unterredung war kurz und überaus höflich. Glen unterbrach die Verbindung und sagte erklärend:
»Das war St. Clairs Sekretärin. Er erwartet uns um eins zum Lunch.«
»Wo?«
»Bei sich zu Hause, Rosslyn Castle.«
»Wohnt er auf einer Burg?«
»Na klar.«
Glen grinste. Übertrieben feierlich zog er einen Zettel aus der Manteltasche und räusperte sich wie ein Festredner.
»Kate hat für mich die Recherche erledigt. Wir haben einige Bücher über schottische Geschichte und auch eins über Clans. Sie hat mir alles aufgeschrieben.«
Er biss von seinem Croissant ab und trank einen Schluck Kaffee. Gleichzeitig überflog er das Papier. Nach einer Weile sagte er leise:
»Hier steht, dass der Stammbaum der St. Clairs bis ins fünfzehnte Jahrhundert zurückreicht. Unter seinen Vorvätern sind der mächtige Earl von Orkney und Sir William St. Clair. Der Earl baute das Castle und Sir William eine berühmte Kirche. Die Familie besitzt immer noch riesige Ländereien in den Pentland Hills. Andrews Vater George war geschäftstüchtig und investierte sein Geld schon gleich zu Anfang in die Ölindustrie. Da besaß er bereits einen Teil der Woll- und Tweedindustrie.«
»Vielleicht haben sie ja seit dem fünfzehnten Jahrhundert auch ihr eigenes Clanmuster?«, warf Irene ein.
Glen musste so lachen, dass er sich verschluckte. Irene klopfte ihm kräftig auf den Rücken.
»Das ist das Beste, was wir Schotten erfunden haben!«, sagte er prustend. »Diese Clanmuster sind angeblich eine schottische Erfindung. Sie waren aber im neunzehnten Jahrhundert die Idee eines Webers aus Lancashire. In den feinen Salons saßen die vornehmen Damen und suchten sich ein Muster aus, dem sie den Namen ihres Clans verliehen. Wahrscheinlich war das der Dank für eine große Bestellung. Wirklich ein genialer Einfall! Und alle sind darauf reingefallen!«
Irene lächelte, war aber irgendwie enttäuscht. Wie die meisten hatte sie geglaubt, dass die Schotten so wie im Film »Braveheart« jahrhundertelang in Kilts mit Clanmuster für ihre Freiheit gekämpft hatten. Aber dort hatte
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