Tod im Pfarrhaus
übergehen, und die Sirenen der Streifenwagen würden wie an jedem normalen Freitagabend vor dem Präsidium zu hören sein.
Hannu brach das Schweigen.
»Ich habe inzwischen Rebecka Schyttelius’ Telefonnummer. Ich habe allerdings noch nicht mit ihr selbst gesprochen, sondern nur mit Chief Inspector Thomsen. Er hat offenbar schon versucht, Rebecka zum Reden zu bringen. Sie sagt, dass sie nicht in der nötigen Verfassung dafür ist. Thomsen hat sich auch mit ihrem Arzt unterhalten, und der hält sie für sehr angeschlagen. Es wird dauern, bis sie wieder auf die Beine kommt.«
Er reichte Irene einen Zettel mit Rebeckas Adres se und Telefonnummer. Sie wohnte in der Ossington Street. Das sagte Irene überhaupt nichts. In London kannte sie nur Carnaby Street und Oxford Street und dann noch Piccadilly Circus, New Scotland Yard und Buckingham Palace. Das war alles.
»Wenn sie mit Computern zu tun hat, dann müsste sie auch eine Mail-Adresse haben.«
»Wahrscheinlich. Aber die habe ich nicht bekommen«, antwortete Hannu.
»Ich warte noch mit dem Anruf.«
Irene faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in eine Tasche ihrer Jeans.
»Wie gehen wir weiter vor?«, fragte Andersson knapp.
Alle im Zimmer hatten das sattsam bekannte Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken. Sie dachten einen Augenblick nach. Schließlich meinte Irene:
»Ich rufe Rebecka am Wochenende an. Am Montag will ich mich noch mal mit Eva Möller treffen. Allein.«
Letzteres sagte sie mit Blick auf Fredrik, der bereits wieder angefangen hatte zu strahlen.
»Wieso das?«, wollte der Kommissar wissen.
»Sie beschäftigt sich irgendwie mit Esoterik. Sie ist die Einzige im Umfeld von Familie Schyttelius, die an diesen Hokuspokus glaubt und die mindestens zwei Pentagramme besitzt. Vielleicht weiß sie ja mehr, als sie uns bisher gesagt hat.«
Bewusst erzählte Irene nicht, was ihr die Kantorin beim Gehen zugeflüstert hatte. Gewisse Absonderlichkeiten sollte man besser für sich behalten.
»Okay. Rede du mit der Kantorin. Hannu und Fredrik sollen sich darum kümmern, was die Befragungen der Nachbarn ergeben haben. Das war nicht viel. Vielleicht müsst ihr ja noch mal die Runde machen«, sagte Andersson.
Das war zwar wahnsinnig langweilig und anstrengend, aber musste trotzdem getan werden. Fredrik nickte und zuckte gleichzeitig resigniert die Achseln. Hannu ließ wie immer mit keiner Miene erkennen, was er dachte. Hannu und Fredrik waren schon lange im Geschäft. Sie wussten, dass man Mörder oft nur mit der ganz normalen Routine zu packen bekam.
KAPITEL 9
Dieser verdammte Idiot, dieser blöde Kackhaufen will Sammie umbringen!«
Breitbeinig stand Jenny in der Diele, die Arme über der Brust verschränkt. Das Licht der Deckenlampe wurde von ihrem im Augenblick platinblonden Haar mit den hellblauen Strähnchen reflektiert. Da sie Sängerin in einer immer erfolgreicheren Band war, musste sie sich schon was Besonderes für ihr Aussehen einfallen lassen. Deswegen trug sie auch neun Goldringe im linken Ohr und einen Penis aus Glas im rechten.
Irene, die gerade dabei war, ihre Jacke aufzuhängen, erstarrte. Sie schaute auf ihren Hund, der freudig an ihr hochsprang. Von der Drohung allein hatte er noch keine ernsten Schäden davongetragen.
»Warum das?«, fragte sie erstaunt.
»Er hat Felix totgebissen.«
Irene hatte das Gefühl, eine eiskalte Hand würde ihr Herz umklammern. Der einzige Felix, den sie kannte, war die fette rote Katze der Nachbarn. Hoffentlich war nicht sie das Opfer!
»Du weißt, die rote Katze von den Kackhaufens«, fuhr Jenny fort.
Irene hielt sich an einem Kleiderbügel fest. Das Verhältnis zu den Nachbarn war alles andere als gut. Um die Wahrheit zu sagen, war es miserabel.
Seit sie und Krister vor vierzehn Jahren in die Reihenhaus-Siedlung gezogen waren, hatte es ständig kleinere Reibereien gegeben. Da die kinderlosen Karlhögs bereits direkt nach dem Bau der Siedlung hergekommen waren, fanden sie, dass sie alles bestimmen konnten, und lebhafte Zwillinge im Alter von vier Jahren wollten sie wirklich nicht als unmittelbare Nachbarn. Die Zwillinge brachten sämtliche Kinder aus der Nachbarschaft mit, spielten wilde Spiele, lärmten und schrien. Frau Karlhögs Migräne wurde schlimmer, und Herr Karlhög sah seine ordentlichen Blumenbeete von wuselnden Kinderfüßen zerstört. Sowohl die Kinder als auch die Eltern schimpfte er aus. Die Folge war nur, dass sämtliche Kinder jetzt die Abkürzung durch seine Rabatten nahmen und
Weitere Kostenlose Bücher