Tod im Schärengarten
Segelboot, eine Omega 36, lag in der Marina von Bullandö und wartete auf ihn. Von dort aus wollte er seine Wochenendtour starten.
Er hatte nichts dagegen, allein zu segeln. Im Gegenteil, er freute sich auf den Moment, wenn sich die Ruhe einstellte. Keine Stimmen, die die Stille durchbrachen, niemand, der etwas von ihm wollte. Außerdem war das Bοot für einen Einhandsegler ausgestattet. Es wäre natürlich wunderbar gewesen, wenn Indi mitgekommen wäre, aber damit war jetzt nicht zu rechnen.
Der Juli gehörte der Familie, so war das nun mal.
Er drehte die Klimaanlage etwas höher, denn es wurde überraschend warm unter der brennenden Sonne. Diese Woche herrschte das reinste Aprilwetter. In einem Moment Sonne, im anderen strömender Regen. Er hätte nichts gegen ein stabiles Hoch einzuwenden gehabt.
Martin Nyrén sank im Sitz zurück.
Seit ein paar Tagen hatte er das unangenehme Gefühl, heimlich beobachtet zu werden. Als ihn die Ahnung das erste Mal beschlich, war er gerade auf dem Rückweg von der Mittagspause ins Büro gewesen. Er hatte einen Blick gespürt, aber als er sich umsah, konnte er im Menschengewimmel nichts Verdächtiges erkennen.
Das Erlebnis hatte sich wiederholt, als er am Morgen zur Arbeit gegangen war. Ein plötzliches Gefühl, als würde ihm jemand folgen, eine Bewegung hinter seinem Rücken, die nicht hätte da sein dürfen. Aber wenn er sich umdrehte, war niemand in der Nähe, den er kannte.
Er war sogar vor einem Schaufenster stehen geblieben, um zu sehen, ob sich jemand in der Scheibe spiegelte. Natürlich war das nicht der Fall, und er kam sich wie ein Idiot vor, dass er es überhaupt versucht hatte.
Warum sollte ihn wohl jemand verfolgen?
Wahrscheinlich hatte er sich das alles nur eingebildet. Der Mord an Oscar ließ ihn am helllichten Tag Gespenster sehen.
Mit entschlossener Miene schaltete er das Radio ein, suchte den Sender P1 und verdrängte die Gedanken an einen eventuellen Verfolger. Heute war Freitag, und eine herrliche Segeltour lag vor ihm. Es gab keinen Grund, sich Sorgen zu machen.
Aber ein leichtes Gefühl des Unbehagens blieb doch, als er wieder anfuhr.
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Kapitel 30
»Was hast du, Mama? Bist du traurig? Du siehst aus, als ob du weinst.« Fabian blickte sie bekümmert an und versuchte, ihr mit seiner weichen Hand die Wange zu streicheln.
Im Arm hielt er seinen Teddy, eine Kopie des bekannten Bären Winnie the Pooh. Er nannte ihn den weichen Winnie, weil sein Fell so weich und flauschig war.
Diana Söder zuckte zusammen.
Sie hatte nicht gehört, wie ihr Sohn ins Schlafzimmer kam. Sie war so tief in Gedanken versunken, dass sie ganz vergessen hatte, ihn ins Bett zu bringen. Er sollte längst schlafen. Schuldbewusst blickte sie vom Computerbildschirm auf und drehte sich um.
»Alles in Ordnung, Liebling«, sagte sie und versuchte die Tränen abzuwischen, so gut es ging. »Mama hat nur etwas im Auge.«
Sie lächelte bemüht fröhlich und hob Fabian auf ihren Schoß. Der Duft des frisch gebadeten Jungen tröstete sie, und sie suchte Kraft in der Wärme, die der kleine Körper verströmte. Sein hellblauer Schlafanzug mit den Elefanten wurde langsam zu klein, die Hosenbeine endeten ein gutes Stück über den Fußknöcheln. Sie durfte nicht vergessen, ihm einen neuen zu kaufen.
Manchmal wünschte sie sich, dass er nie groß würde.
Ihr Sohn sah sie forschend an. Dann schaute er auf den Bildschirm.
»Hast du eine böse Mail bekommen? Meine Lehrerin sagt, wenn man eine bekommt, soll man ihr sofort Bescheid sagen.« Seine helle Jungenstimme klang vertrauensvoll.
Diana Söder lächelte unter Tränen. Er wusste ja gar nicht, wie recht er hatte.
Hastig schaltete sie den Computer aus, damit er nichts Genaueres mitbekam. Er war zwar erst acht, konnte aber schon gut lesen.
Sie wollte nicht, dass er die schrecklichen Worte las, die sie beschuldigten, Oscar Juliander umgebracht zu haben.
Oder dass jemand seine Mama eine Hure nannte.
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Samstag, erste Woche
Kapitel 31
»Haben alle die heutigen Schlagzeilen gelesen?«, fragte der Alte und warf die Abendzeitung auf den Konferenztisch im Besprechungszimmer.
Es wurde mucksmäuschenstill.
»Wie zum Teufel hat die Presse rausgekriegt, dass Diana Söder ein Verhältnis mit Juliander hatte?«
Diana Söder blickte sie von ihrem Passfoto an, das einen Großteil der Titelseite einnahm. Mord aus Eifersucht!, trompetete die Schlagzeile. Auf den Seiten sechs und sieben folgte ein ausführlicher Bericht über Oscar
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