Tod im Sommerhaus
Himmel verschwand. Er ärgerte sich, dass er nicht wusste, um welchen Vogel es sich handelte. Dem Flug und den Flügeln nach zu urteilen, war es ein Raubvogel. Ein Fischadler? Nein, dafür war er zu klein.
Sein Sehvermögen hatte nachgelassen. Er merkte das beim Autofahren, er musste sich vorbeugen und die Augen zukneifen, um Wegweiser und Schilder besser lesen zu können.
»Sind Sie es schon leid? Soll ich vielleicht gehen?«
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen und richtete sich auf.
»Nein, keinesfalls. Sie wollen mich doch nicht enttäuschen?
Ich habe mich darauf gefreut, mit Ihnen zu reden, Katja.«
Die Frau, die ihm gegenübersaß, verzog das Gesicht.
»Dann finde ich, dass Sie das auch tun sollten.«
Er betrachtete sie nachdenklich.
»Wie geht es Ihnen eigentlich?«
Sie zuckte mit den Achseln.
»Sie scheinen gut zurechtzukommen«, fuhr er fort. »Ich meine, Sie sehen gut aus …«
Die Frau schnaubte verächtlich.
»Na ja. Danke. Ich wünschte, ich könnte das auch sagen.«
Sie lehnte sich zurück und legte den Kopf schief.
»Können wir jetzt vielleicht damit aufhören, Unsinn zu reden, Magnusson?«
Dieser musterte sie weiterhin.
»Keine Lust auf Small Talk? Also genau wie früher. Tja, ich nehme an, Sie wissen, worum es geht?«
»Nehmen Sie das ruhig an, aber ich ziehe es vor abzuwarten, bis Sie eine konkrete Frage stellen.«
Magnusson lächelte.
»Wie gesagt. Genau wie früher.«
Dann fuhr er fort:
»Sie kennen doch Anneli Holm, nicht wahr?«
Die Frau nickte.
»Ja«, antwortete sie knapp.
»Offenbar ist sie der Auffassung, dass Sie einige Angaben bestätigen können, die sie uns gegenüber gemacht hat.«
»Aha.«
»Nämlich, wo sie sich an den Tagen um den 1. Mai aufgehalten hat.«
Die Frau verschränkte ihre Arme und betrachtete Magnusson schweigend. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Das hier scheint wirklich verdammt lange zu dauern. Wenn das so zäh weitergeht, sollte ich vielleicht die Fragen stellen?
Damit wir hier heute noch mal wegkommen.«
Sie holte tief Luft.
»Sie glauben also, dass ich Ihnen sagen kann, wo Lillan, ich meine Anneli, in jenen Tagen gesteckt hat? Ja, am Abend des 31. April war sie bei mir. Oder genauer gesagt in der Nacht zum 1. Mai. Sie ist bei mir, ich glaube, gegen halb eins aufgetaucht und blieb die ganze Nacht. Ich überließ ihr das Sofa. Freitag ist sie wieder gegangen, aber erst gegen zwei Uhr nachmittags.«
»Und die anderen Tage? Als ich mich mit ihr unterhielt, hatte ich den Eindruck, dass Sie auch darüber etwas sagen können.«
»Das stimmt nicht.«
Magnusson biss sich auf die Unterlippe.
»Sie muss sich also geirrt haben? Sie wissen nicht, wo sie sich zu dieser Zeit aufhielt?
Und Sie selbst, Katja? Was haben Sie gemacht? Haben Sie vielleicht Lust, mir das zu erzählen?«
»Nein, habe ich nicht. Außerdem gehe ich doch recht in der Annahme, daß wir uns nur ein wenig unterhalten, nicht wahr?
Dies ist doch kein Verhör, oder werde ich irgendeiner Tat verdächtigt?«
»Soweit ich weiß, nicht. Jedenfalls noch nicht. Gibt es einen Grund, weswegen wir Sie verdächtigen sollten?«
Die Frau schnaubte verächtlich.
»Jetzt hören Sie auf, mit mir Katz und Maus zu spielen, Magnusson. Ich weiß, dass Sie sich für Bosse Lindberg interessieren. Sie brauchen gar nicht so die Augen zu verdrehen.
Das ist kein Geheimnis.«
»Nicht? Und wie haben Sie davon erfahren, wenn ich fragen darf?«
Ungeduldig warf die Frau den Kopf in den Nacken.
»Klar, danach dürfen Sie fragen, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich antworte. Sagen wir mal, ich habe das einfach mitgekriegt. Und eigentlich wäre es mir auch scheißegal, wenn da nicht Li wäre.«
»Sie wollten ihr also beistehen? Das klingt ja löblich.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Aber Sie wollen schließlich wissen, wo sie sich an den Feiertagen aufgehalten hat. Wie gesagt, in der Nacht zum 1. Mai und einen guten Teil des folgenden Tages war sie bei mir. Das ist alles, was ich weiß, und jetzt hab ich’s Ihnen gesagt, zwei Mal sogar.«
»Danach haben Sie sie nicht mehr gesehen?«
»Erst wieder nach dem Wochenende. Dienstagmorgen. Ich lief ihr unten im Zentrum in die Arme. Sie war unterwegs und suchte nach Bosse.«
Magnusson zog die Augenbrauen hoch.
»Ach? Dann sollten wir uns vielleicht ein wenig über ihn unterhalten. Was wissen Sie über ihn?«
»Über Bosse Lindberg? Nicht viel.«
»Aber offenbar kennen Sie ihn. Irgendwas müssen Sie doch wissen.«
Die Frau betrachtete
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