Tod im Sommerhaus
beschäftigte sich mit Geldschränken. Er wurde ein paarmal verurteilt, obwohl er immer alles abstritt. Zweiundsiebzig wurde er wieder festgenommen. Er hatte nachweislich zwei Tresore gesprengt und kam für zweieinhalb Jahre in Haft. Fünfundsiebzig wurde er wieder entlassen, aber nach ein paar Jahren war es dann wieder so weit. Zusammen mit zwei Kumpanen nahm er sich eine Reihe von Geldschränken vor. Borlänge, Avesta, Hedemora, bis nach Västmanland. Außerdem verübte er einen Raubüberfall, über den recht viel in den Zeitungen stand. Ein Juwelier wurde schwer misshandelt - regelrecht gefoltert -, zusammen mit seiner Familie gefesselt und ein paar Tage eingesperrt.
Unterdessen wurden sein Laden und sein Haus vollständig ausgeräumt, wobei die Diebe mit Ausnahme der Tapeten so gut wie alles mitnahmen. Der Juwelier trug eine bleibende Behinderung davon, und ich glaube, dass die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes Anklage erhob, jedoch ohne Erfolg.
Immerhin wurde Haglund zu fünf Jahren verurteilt und saß fast die ganze Strafe ab.«
Er verstummte. Nielsen sah ihn an.
»Und dann? Besann er sich eines Besseren?«
»Sozusagen, vielleicht«, meinte Lasse Henning. »Es gab Gerüchte über das, was dann passierte. Er war um die sechzig, als er rauskam, und überschätzte offenbar seine Fähigkeiten. Er wollte überall mitmischen und trat den falschen Leuten auf die Zehen. Irgendwann waren sie den alten Sack einfach leid. Er bezog eine so gründliche Tracht Prügel, dass er auf der Intensivstation landete. Es dauerte ein Jahr, bis er wieder auf den Beinen war. Das muss 86 oder 87 gewesen sein und hat das Ende seiner Karriere eingeläutet, könnte man sagen. Jedenfalls gibt es seitdem nichts mehr über ihn.«
Er schwieg kurz, holte Luft und fuhr fort.
»Und nun zu Frau Haglund, die eigentlich nicht Frau Haglund war, sondern Marie Pettersson. Die beiden hatten nie geheiratet.
Sie war zehn Jahre jünger als er und wohnte mit einem anderen üblen Gesellen zusammen, ehe Haglund sie übernahm. Diese Bruchbude im Wald gehörte übrigens ihr. Jedenfalls in der Theorie. Haglund besaß nichts, außer
Schadensersatzforderungen aus seiner aktiven Zeit.«
Nielsen starrte die Mineralwasserflasche in seiner Hand an. Er versuchte, sich ein Bild von Harry Haglund zu machen, was ihm nicht recht gelingen wollte. Alles deutete darauf hin, dass er ein Schwein gewesen war. Aber war das Grund genug, ihn und eine weitere Person fünfzehn, zwanzig, fünfundzwanzig Jahre später umzubringen? Er bezweifelte das. Alles verlor an Bedeutung.
Hass, Liebe, Trauer. Nach ein paar Jahren fiel es einem schwer, sich noch zu erinnern, worum es eigentlich gegangen war …
Er sah Lasse Henning an.
»Gibt es eine Verbindung zwischen Lindberg und Harry Haglund?«
»Meines Wissens nicht«, antwortete der andere. »Und offenbar ist auch niemandem sonst so etwas bekannt. Eigentlich gibt es in diesem Fall überhaupt nichts über Lindberg. Außer seine Brieftasche.«
Er schwieg.
»Obwohl es, als ich zuletzt mit Magnusson in Gävle gesprochen habe, eine neue Zeugenaussage gab«, meinte er nach einer Pause. »Er schien das für einen Durchbruch zu halten. Ein Zeuge hat ausgesagt, gesehen zu haben, wie Lindberg am Morgen des 1. Mai vor seinem Haus aus einem Auto gestiegen ist. In der darauf folgenden Nacht soll er das Haus verlassen und etwas in den Müll geworfen haben.«
Nielsen rümpfte die Nase.
»Aber dich scheint das nicht sonderlich zu beeindrucken?«
Lasse Henning hob die Hände.
»Das besagt eigentlich nicht viel. Wäre ich der Staatsanwalt, würde ich nicht gerade in Jubelrufe ausbrechen. Es handelt sich bei der Zeugin um eine circa fünfundfünfzigjährige Frau, die in derselben Gegend wohnt wie Lindberg und in denselben Kreisen verkehrt. Sie wurde in den siebziger Jahren wegen Kuppelei verurteilt und steht nach wie vor unter dem Verdacht krimineller Machenschaften. Einer Anklage wegen Hehlerei wurde aus Mangel an Beweisen nicht stattgegeben. Zuletzt wurde sie vor vier bis fünf Jahren eingehend verhört, nachdem ihr Lebensgefährte das Zeitliche gesegnet hatte. Also nicht gerade eine Traumzeugin.«
»Und was sagt Lindberg dazu?«, wollte Nielsen wissen.
»Er leugnet. Übrigens sagt er wohl überhaupt nichts mehr. Er verweigert jegliche Zusammenarbeit.«
John Nielsen goss sich die letzten Tropfen Mineralwasser ins Glas, trank es aus und verzog das Gesicht. Allmählich gewöhnte er sich daran, dass es nach nichts schmeckte und
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