Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
mehr, als den Schweiß und Schmutz auf unseren Leibern. Schrecklich ausgemergelte Gestalten, Ödeme und Deformationen durch Vitaminmangel, Hunderte von Furunkeln und Flechten, wie wuchernde Gewächse auf Felsen. Wir gehen unter kalten Duschen durch, die einen schmalen, glitschigen Gang besprühen. Der Geruch des Wassers - irgendein Zusatz, der in den Augen brennt. Ein alter Mann mit kranken Füßen rutscht aus, schlägt hart mit seinem knochigen Rücken auf, stöhnt, während wir ihn hochziehen. Sein kleines, weißes Organ, wie eine Schnecke sieht es aus. Wieder Geschrei, Wegducken unter Schlägen, ein anderer Raum.
    Die Aufseher treiben uns abermals an. Ein junger, energisch aussehender Mann protestiert, wird niedergeschlagen - sie schleifen ihn hinaus, treten gegen die nackten Beine, mit denen er sich am Türpfosten festklammern will; ich zittere vor Mitgefühl und Angst um ihn, um seinen weichen, ungeschützten Körper, und vor Angst um mich selbst.
    Kleiderausgabe. Die Kluft. Seltsame Freude über die blaue Jacke. Man gibt uns etwas! Geschenke vom Farmer. Wir werfen uns scheue Blicke zu, wissen, daß wir gezwungen sind, zusammenzuleben, aber im Augenblick denken wir nur, daß dies gute, derbe Kleider sind, so daß unsere Augen aufleuchten. Ist Geben nicht Güte, selbst wenn es von Tritten begleitet ist? Nacheinander nehmen wir die Sachen in Empfang, insgeheim voller Neugier, drängen uns in dem kleinen Raum und ziehen uns eilig und immer noch ängstlich die blauen Leinenjacken und -hosen an. Männer und Frauen haben die gleiche Kleidung, Hosen und Jacken. Wir stehen befangen herum, warten auf erneutes Befehlsgeschrei, alles ist uns fremd. Wir sehen uns an, wagen aber nicht zu sprechen. Die Aufseher stehen in einer Gruppe an der Tür, unterhalten sich, lachen.
    Lange Zeit standen wir dort herum. Ich bemerkte, wie kurz meine Jackenärmel waren; ein Mann neben mir, mit einem feuerroten Geburtsmal vom Haaransatz bis über die Augenbrauen - er hieß Duffy, wie ich später herausfand - hatte eine viel zu große Jacke. Unsere Augen trafen sich. Alles wurde genau erwogen, der Gewinn, das Risiko. Die Aufseher lümmelten lässig herum; typisch für die Behördenmaschinerie, erst hektische Eile, dann endlose Verzögerung. Ich schlüpfte aus meiner Jacke.
    Duffy nickte langsam. Den Blick unablässig auf die Aufseher gerichtet, zog er die Jacke aus. Wir tauschten die Kleidungsstücke aus, jeder bekam eins, das ihm besser paßte. Sofort begannen die Aufseher loszubrüllen.
    Wieder trotteten wir dahin und wurden den Baracken zugeteilt. Ich hatte weder Zeit noch Platz, mir die Jacke über die rechte Schulter zu ziehen. Als ich durch die Tür rannte, versetzte mir einer der Aufseher einen fürchterlichen Hieb auf die bloße Schulter. Ich stolperte, fiel über die zwei Stufen nach draußen und riß einen anderen Mann mit. Stechender Schmerz in einem Bein. Der andere war sofort wieder auf den Füßen und sauste weiter. Ich brauchte länger. Ein draußen wartender Aufseher riß mich herum, als ich nachkam. Mein Gesicht schlug hart gegen die Türkante.
    Schrecklicher Zorn und Schmerz, ein hohes Sirren im Kopf. Meine Nase begann zu bluten. Eine Hand darauf gepreßt, schlurfte ich weiter in den Schlafsaal Nr. 5, Block B. Unglücklich warf ich mich auf das nächste leere Bett.
    Der Aufseher des Schlafsaals war da, ein Lebenslänglicher, der an einem Ende der Baracke schlief und die Befehlsgewalt hatte. Zwischen blutverschmierten Fingern hindurch sah ich ihn näher kommen, zweifellos um mich vom Bett herunterzuzerren. Wut und Schmerzen gaben mir die Entschlußkraft, ihn umzubringen, sobald er mich berührte. Ich ballte die Hände angriffsbereit und sah ihm entgegen. Es war Hammer!
    »Mein Junge«, hatte March Jordill eines Abends zu Hammer gesagt, als wir Lumpen sortierten, »du bist ein lästiger, teuflischer, kleiner Strolch, aber wenn du die Chance gehabt hättest, wäre aus dir kein schlechter Staatsbürger geworden. Das mag zwar ein recht dürftiges Lob sein, aber so ist es nun mal. Gott allein weiß, warum du immer wieder in üble Situationen gerätst und was du noch alles anstellen wirst. Niemand wird aus dir jemals ein nützliches Glied der Gesellschaft machen, aber du wirst auch niemals ein durch und durch schlechter Staatsbürger sein. Und deswegen wird man dich hassen, also sei vorsichtig.«
    Aber in Schlafsaal Nr. 5 war Hammer nicht verhaßt. Er hatte noch immer jene negative Gutartigkeit an sich, die Jordill in dem kleinen

Weitere Kostenlose Bücher