Tod im Staub
abgenommen hatte!
»Vanderhoot ist tot!« stieß ich hervor, indem ich sie losließ.
»Sie geben also zu, daß Sie ihn kennen ...«
»Nein, das stimmt nicht - ich meine, ich wußte nichts über ihn, oder wer er war. Wenn ich Ihr Feind wäre, würde ich dann aus eigenem Willen zu Ihrem Freund Israt gelaufen sein und mich ihm ausgeliefert haben?«
Das schien sie nachdenklich zu stimmen. Rasch sprach ich weiter.
»Hören Sie, Justine! Jener Mann war tot, als ich ihn fand. Er starb, und das Antigrav-Gerät trug ihn übers Meer. Ich nahm die Briefe aus seiner Tasche und las sie. Ich kann gut lesen. Sie haben sie geschrieben, nicht wahr? Und - ich liebte diese Briefe. Sie waren so seltsam und aufregend. Ich habe in meinem Leben zu wenig Liebe gehabt. Ich verliebte mich in diese Briefe. Jetzt, da ich Sie, ihre Verfasserin, vor mir habe, übertrage ich diese Liebe auf Sie. Ich würde für Sie sterben, Justine!«
»Wirklich?« fragte sie mit einem grausamen Lächeln. Ich drängte die Erinnerung zurück, die ewig in meinem Unterbewußtsein lebte, nämlich, daß ich es nicht fertiggebracht hatte, für Jess oder für March Jordill zu sterben, und beteuerte inbrünstig: »Ja, Justine, ich würde für Sie sterben, wenn die Umstände es erforderten. Aber Sie wissen, daß ich im Augenblick hilflos bin. Helfen Sie mir erst, meine Freiheit zu gewinnen, und dann können Sie mich für den Rest meines Lebens zu Ihrem ergebenen Sklaven machen.«
Sie trat einen Schritt zurück und lachte trocken.
»Jetzt bin ich von Ihrer Unschuld überzeugt. Wenn Sie nämlich nicht unschuldig wären, könnten Sie die Situation nicht so verkennen. Wie kann ich Ihnen helfen zu fliehen? Ich bin genauso eine Gefangene wie Sie!«
Während ich noch das Gehörte verarbeitete, trat Israt ins Zimmer und verneigte sich vor Justine.
»Madame, ich habe mit Mr. Mercator über die Neuankömmlinge gesprochen. Er wünscht diesen Mann und Sie selbst in seinem Hotel zu sehen. Sofort.«
»Gut. Wo ist der andere Gefangene?«
»Er wartet schon draußen.«
Sie gab mir einen auffordernden Wink. Ich folgte ihr, als sie stolz und hochaufgerichtet zur Tür schritt. Wir gingen die Treppe hinunter und durch das Foyer auf die in gleißendes Sonnenlicht getauchte Straße. Es roch nach Essen, und jetzt merkte ich erst, wie hungrig ich war.
Zwei große Wagen eines altmodischen, nicht automatischen Typs waren vor dem Hotel vorgefahren. Im zweiten erkannte ich Thunderpeck und konnte ihm gerade noch zuwinken, bevor man mich in den ersten stieß. Ich saß mit Justine auf dem Rücksitz, Israt vorn neben dem Fahrer.
»Wer ist dieser Mercator, zu dem wir fahren?« fragte ich.
»Sie beteuern mir Ihre Zuneigung und langweilen mich mit Ihren Fragen«, lachte sie. »Glauben Sie, daß das die richtige Art ist, eine Frau zu umwerben?«
»Justine, bitte spielen Sie nicht mit mir. Wenn es wirklich um mein Leben geht, muß ich wissen, wem ich gegenübergestellt werde.«
Sie verzog angeekelt ihr Gesicht, als ob sie es geschmacklos fände, Gefühle zu zeigen.
»Peter Mercator ist der Mann, dem ich jene Briefe schrieb, die Sie anscheinend so aus dem Häuschen gebracht haben.«
»Ich habe noch nie von ihm gehört.«
»Ihre Antwort ist zwar wenig schmeichelhaft für ihn, aber sehr bezeichnend für Sie. Er ist einer der mächtigsten Männer im Bundesstaat England der Vereinigten Staaten von Europa.«
»Ich weiß nichts von Politik, gar nichts.«
»Aha, Sie scheinen von nichts etwas zu wissen. Es wäre für Sie besser, wenn Sie bei Mercator etwas mehr Intelligenz an den Tag legen würden.«
»Hören Sie - ich kann lesen, Justine! Ich habe es Ihnen bereits gesagt. Kann ein dummer Mensch lesen? Warum haben Sie von mir eine so schlechte Meinung?«
Sie wandte ihren Kopf nach mir um und starrte mich an, als ob sie mich zum erstenmal sähe. Ihr hochmütiger, feingeschwungener Mund verzog sich. »Sie Plebejer!« sagte sie. »Ich habe von allen Männern eine schlechte Meinung.«
Zornig gab ich zurück: »Ich werde mich nicht wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lassen. Ich habe keine Lust, Mercator unvorbereitet gegenüberzutreten. Wenn Sie überhaupt Gefühle haben, wenn Sie ein Herz haben, dann informieren Sie mich, so daß ich notfalls für uns beide kämpfen kann.«
Aber sie machte nur eine wegwerfende Handbewegung.
»Warum sollten Sie nicht sterben? Warum sollte ich nicht sterben? Gibt es auf dieser Welt nicht schon mehr als genug widerliche Menschen? Zweiundzwanzig Milliarden von
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