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Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Mercator gehört hatte. Aber gleichzeitig klang ihre Stimme auch etwas defensiv, als ob sie versuchte, eine Erklärung für ihre eigene Überempfindlichkeit zu geben. Eine brennende Begierde packte mich; ich hätte sie so gern besser gekannt und verstanden. Und doch, in meiner streitsüchtigen Stimmung ließ ich mich durch ihre Worte nicht besänftigen.
    »Ich begreife nicht, wovon Sie reden, und es ist auch belanglos.«
    »Dann werden Sie zweifellos auch das belanglos finden.«
    Sie legte ein Tonband auf und ließ es anlaufen. Stimmen klangen auf, die mir bekannt vorkamen. Ich hatte sie oft an Bord der Trieste Star gehört und sie immer wieder gelangweilt abgeschaltet. Es waren die englischsprachigen Rundfunkstationen der mächtigsten afrikanischen Staaten: Algerien, Neu-Angola, Waterberg, Westkongo, Ägypten, Ghana, Goya, Nigeria. Ihre weltpolitische Einstellung war robust und energisch und nicht ohne aggressive Untertöne gegenüber Europa und Amerika und mit deutlichen Angriffen gegeneinander.
    »Ich will diesen verdammten Blödsinn nicht hören!« Ich mußte schreien, denn sie drehte die Lautstärke immer weiter auf.
    »Sie sollen zuhören, Knowle, Sie engstirniger Dickschädel - jagen sie Ihnen niemals Angst ein mit ihren gierigen Forderungen?«
    »Stellen Sie's ab, Justine!«
    »Die reden genauso wie die europäischen Politiker vor zweihundert Jahren, Knowle, wußten Sie das? Sie alle wollen dasselbe - mehr Land!«
    »Ich sagte, daß ich es nicht hören will! Schalten Sie das Band ab!«
    »Und wissen Sie auch, daß es im Augenblick nur einen einzigen Mann gibt, der den Frieden bewahren kann? Auf diesem ganzen Kontinent hat nur ein einziger Mann die Chance, zwischen den afrikanischen Nationen endgültig den Frieden zu sichern - Präsident el Mahasset.« Noch immer drehte sie den Ton stärker auf. Die Stimmen dröhnten jetzt so laut, daß die einzelnen Wörter nicht mehr voneinander zu unterscheiden waren.
    »Abstellen! Hören Sie nicht?«
    »... und Peter Mercator und ich werden morgen den Präsidenten töten!«
    Plötzlich war der Bann gebrochen, den diese Zusammenkunft über mich geworfen hatte, und ich war wieder zu handeln fähig.
    Als ich auf die Tür zusprang, kam Mercator gerade von der anderen Seite herein. Ohne einen Augenblick zu zögern, versetzte ich ihm einen wuchtigen Kinnhaken. Er taumelte zurück, ich rannte durch das Zimmer und weiter durch den Vorraum hinaus in den Korridor.
    Justines Worte hallten in meinem Gedächtnis nach. Sie bewiesen, daß sie und Mercator sich mit dem Wahnsinn verbündet hatten.
    Als ich den ersten Quergang erreichte, blickte ich erst vorsichtig nach links und rechts. Rechts sah ich Israt. Er sprach mit einem Uniformierten, wahrscheinlich einem Polizisten. Israt bemerkte mich gleichfalls und brüllte aufgeregt. Mir kam zu Bewußtsein, daß ich mich über eine halbe Stunde bei Mercator aufgehalten hatte und Thunderpeck weg war.
    Ich zögerte nur eine Sekunde. Die beiden kamen auf mich zu, und das zwang mich zu einer blitzschnellen Entscheidung. Ich ging rasch ins Restaurant. Die vier Ehrengäste saßen immer noch da. Sie waren jetzt bei Kaffee und Brandy angelangt und grinsten sich fröhlich an, mit Ausnahme des Mulatten, der zusammengesunken dasaß und ein Glas Wasser in der Hand drehte. Ich nickte ihnen zu und ging weiter in die Herrengarderobe.
    In einer Minute würden Mercators Leute hinter mir her sein. Diesmal würde man sich nicht lang mit Worten aufhalten, sondern sofort schießen. Diese Leute waren hier, um den Präsidenten von Afrika zu ermorden! Sie hatten mir ihr wahnwitziges Vorhaben verraten, mir, dem man nicht trauen konnte, denn ich war ja ein verhaßter Plebejer! Zweifellos hatte die schöne Justine mir nur aus verletztem Stolz die Wahrheit enthüllt; aber wie dem auch sei, es genügte, daß sie es mir erzählt hatte. Damit war mein Schicksal besiegelt.
    Ich ergriff eine Planke von einem Tapezierergerüst, die am anderen Ende der Garderobe lag, stemmte ein Ende gegen die Seite des Waschbeckens und klemmte das andere hinter einem Heißlufttrockner fest, so daß man die Tür nicht aufstoßen konnte. Das würde sie eine Minute aufhalten; die einfache, selbstschließende Tür hatte kein Schloß. Ich ging zu den Garderobehaken und nahm das Antigrav-Gerät des Mulatten herunter. In der gleichen Sekunde warf sich jemand mit aller Kraft gegen die Tür.
    Ich sah, wie der abgesprengte Verputz in Brocken unter das Waschbecken fiel. Der Teufel sollte diese unsolide

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