Tod im Staub
bis zum Kapitän hinauf. Ich bin hergekommen, um Ihnen zu sagen, daß ich gestern das Vergnügen hatte, Ihr mieses Schiff keine fünfzehn Kilometer von hier in einen Schrotthaufen zu verwandeln.«
Er schüttelte den Kopf, sah Justine an, als ob er ihr Mitgefühl erheischte, und erwiderte: »Ich habe meinen Anteil an den Frachtern der Star-Linie vor fünf Jahren verkauft; zur Zeit steckt der größte Teil meines Vermögens in der Antigrav-Geräte-Industrie. Die ist ganz groß im Kommen. Sollten Sie etwas Geld gespart haben, Noland, rate ich Ihnen, es in Antigrav-Aktien anzulegen. Falls es keinen Weltkrieg gibt, natürlich.« Bei diesen Worten lächelten er und Justine sich müde an.
»Jetzt bin ich es, der Ratschläge erteilt, Mercator - ich habe in der Vergangenheit Ihretwegen zu viel erdulden müssen.«
Er stand auf und sagte: »Ich bin an vergangenen Leiden nicht interessiert. Ich bin viel zu sehr mit der Gegenwart beschäftigt. Ich kann Sie nicht gehen lassen, Noland. Offensichtlich tragen Sie mir irgend etwas nach und sind daher nicht ganz zurechnungsfähig. Möchten Sie einen Drink haben, und hätten Sie dann die Freundlichkeit, mir zu erklären, wie Sie mit Vanderhoot in Verbindung gekommen sind?«
Ich könnte nicht annähernd ausdrücken, wie sehr ich diesen Mann haßte, der so unbeschwert lebte, so unbeschwert seine Macht genoß und so unbeschwert meinen Zorn abwehrte. Nicht nur, daß ich das verabscheute, was ich für seine Lebenseinstellung hielt, nein, ich beneidete ihn auch um alle seine Besitztümer und Eigenschaften, die für mich unerreichbar waren.
»Ich erkläre Ihnen gar nichts, Mercator. Töten Sie mich, wenn Sie wollen. Das wenige, was ich weiß, habe ich Justine erzählt, und ich habe keine Lust, mich zu wiederholen. Zweifellos hat sie Ihnen sowieso alles berichtet. Und ich habe auch kein Verlangen, mit Ihnen auch nur ein Glas zu trinken.« Während ich das sagte, knurrte mein Magen laut und vernehmlich, was mich noch wütender machte.
Er ging zu einem Wandschrank hin und holte für sich und Justine zwei Gläser heraus. Er hatte auf meinen letzten Ausbruch nichts erwidert, aber ich sah zu meiner Genugtuung, daß seine Hände zitterten. Justine sah mich schweigend an. Ich konnte ihren Blick nicht deuten; mein hartes Leben hatte mich niemals mit einem Menschen ihrer Art zusammengebracht.
Sie sagte ruhig: »Ihr Benehmen ist recht merkwürdig. Sie sind irgendwie krank, nicht wahr? Würde es Ihnen helfen, wenn Sie verstehen könnten, was wir hier tun?«
Ich lachte höhnisch auf.
»Es ist mir immer ein Vergnügen, Ihnen zuzuhören, gleichgültig, was Sie mir erzählen, Justine!«
Sie wandte sich von mir ab und ging ins Nebenzimmer. Mercator warf ihr einen warnenden Blick zu und schüttelte den Kopf, aber sie schenkte ihm keine Beachtung. Ich folgte ihr. Auch Mercator kam uns nach, reichte ihr mit unbewegter Miene ein Glas und ging wieder hinaus; allerdings ließ er die Tür offen.
Justine sprach mit leiser, verschwörerischer Stimme, in der gleichwohl eine Spur Anklage mitschwang. Wie schwer ist es doch, die Verachtung einer schönen Frau zu ertragen, selbst wenn einem vor Hunger der Magen knurrt!
»Sie benehmen sich ihm gegenüber einfach unmöglich, Knowle! Versuchen Sie doch wenigstens, für die Gefühle anderer Verständnis aufzubringen. Peter ist stolz, genau wie Sie auch. Wie können Sie erwarten, daß es je zu einer Einigung zwischen Ihnen beiden kommen kann, wenn Sie in einem solchen Ton mit ihm sprechen?«
»Einigung? Zwischen uns kann es nie eine Einigung geben! Er ist einer von denen, die mir das Leben zur Hölle gemacht haben. Wenn er nicht gewesen wäre, würde ich ...«
»Das sind nur faule Ausreden. Ich habe alles gehört, was Sie zu ihm gesagt haben! Wirklich, Knowle, ich hatte eine bessere Meinung von Ihnen. Gibt es denn nichts, woran Sie glauben? Sind Ihre Beziehungen zu anderen Menschen immer so unglücklich und gestört gewesen?«
Nichts, was mir in meinem bisherigen Leben widerfahren war, hatte mich so tief getroffen wie diese Worte. Damals wußte ich noch nicht, wie sehr sie mich von ihrem engstirnigen religiösen Standpunkt aus verdammte, da ich außer der Andeutung, die Mercator gemacht hatte, keine Ahnung von dem hatte, woran sie glaubte; aber ich fühlte sofort, daß der Giftpfeil, den sie auf mich abgeschossen hatte, ins Schwarze traf. Meine Beziehungen zu anderen Menschen hatten meist mit Verrat oder kläglichem Versagen meinerseits geendet. Was könnte einem
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