Tod in Blau
schwacher Trost ist.« Insgeheim fragte er
sich, weshalb sie es so ruhig hinnahm, dass Schneider ein Krimineller sein
sollte, doch dann beantwortete sie die Frage, als hätte sie seine
Gedanken gelesen.
»Versteh mich nicht
falsch, was er tut, ist natürlich verboten. Aber man kann doch ein
guter Mensch sein und trotzdem etwas Verbotenes tun, oder? Das hast du
selbst gesagt.« Sie sah ihn hoffnungsvoll an.
Es gibt Mörder, die
wunderbar Blumenkränze flechten und Märchen erzählen können,
dachte er zynisch, sprach es aber nicht aus, denn er wollte seine
Schwester auf keinen Fall noch mehr verletzen. Oder glaubte sie doch nicht
so recht, dass Schneider ein Verbrecher war, und hoffte trotz allem auf
seine Rückkehr? Egal, im Augenblick hatten sie genug geredet, Ilse
sollte erst einmal in Ruhe über alles nachdenken.
Dass Paul Görlich noch
nicht gefunden worden war, machte ihm jetzt größere Sorgen.
Da klingelte das Telefon. Leo
meldete sich. Es war Robert, der einen kurzen Bericht über seinen
Besuch bei Thea Pabst lieferte. Als Leo den Namen vom Hofe hörte,
unterbrach er ihn: »Warte mal - Richard vom Hofe, sagst du? Den
Namen kenne ich.« Er überlegte rasch. »Er stand auf dem
Zettel mit den Mitgliedern der Asgard-Gesellschaft, den Adi mir gegeben
hat. Adi wollte sich um diesen von Strutwitz kümmern, weil er den
Spielklub kennt, in dem er verkehrt. Der Name vom Hofe sagte mir da noch
nichts. Und Fräulein Pabst meint, ihn auf der Zeichnung erkannt zu
haben?«
»Ja. Und das will etwas
heißen, immerhin ist er ihr Geliebter. «
Leo überkam ein ungutes
Gefühl. »Robert, ruf im Büro an und gib durch, sie sollen
vom Hofe beschatten lassen. Einen Posten vor sein Haus, einen zweiten, der
ihm folgt, falls er das Haus verlässt.«
»Wegen Paul?«
»Ja.« Er hängte
ein. Das Gespräch mit Ilse war für den Moment vergessen. Er spürte,
der Junge war in Gefahr. Er konnte nur hoffen, dass vom Hofe ebenso wenig
ahnte, wo Paul steckte, wie er selbst.
23
Am nächsten Morgen
trafen sie sich früh in Leos Büro. Fräulein Meinelt brachte
Kaffee.
»Irgendetwas in Sachen
vom Hofe?«, fragte Leo.
Walther schüttelte den
Kopf. »Sie haben die ganze Nacht das Haus bewacht. Er hat sich nicht
von der Stelle gerührt. Willst du gleich hinfahren?«
»Ja, ich möchte
sehen, wie er reagiert. Natürlich wird er alles abstreiten, aber ich
will ihn auf Thea Pabst ansprechen.«
Robert sah ihn zweifelnd an.
»Meinst du wirklich, wir bekommen mit dem bisschen, das wir bis
jetzt haben, einen Haftbefehl?«
»Nein, aber davon war
auch nicht die Rede. Wir setzen vom Hofe ein wenig unter Druck und lassen
ihn weiter rund um die Uhr beschatten, falls er auf dumme Gedanken kommt.
Und zwar so lange, bis wir Paul Görlich haben. Haben wir den Jungen,
finden wir auch den Mörder, da bin ich sicher.«
Stahnke wiegte den Kopf.
»Aber wie sieht es mit seiner Glaubwürdigkeit aus, Herr
Kommissar? Könnte schwierig werden, wenn die Aussage des Jungen gegen
die eines ehemaligen Offiziers steht, der womöglich beste Beziehungen
hat. Sie kennen das doch.«
Und ob Leo das kannte. Die
Beziehungen aus der Kaiserzeit reichten weit, und das nicht nur innerhalb
der Polizei. »Wenn Paul erst einmal aussagt, wird er den
Staatsanwalt überzeugen, dessen bin ich mir sicher«, entgegnete
er. »Außerdem finden sich vielleicht Zeugen, die vom Hofe oder
seinen Wagen im Afrikanischen Viertel gesehen haben.« Er trank einen
Schluck Kaffee. »Neuigkeiten von der Fahndung?«
Berns schüttelte den
Kopf. »Lauter Fehlmeldungen. Er soll auf dem Stettiner Bahnhof
gesehen worden sein, wie er Reisenden das Gepäck trug und ein
Trinkgeld erbettelte. Eine Frau behauptet, er habe ihr in Kreuzberg die
Handtasche gestohlen. Insgesamt siebzehn Sichtungen in den verschiedensten
Bezirken, von denen keine eindeutig nachgewiesen werden konnte. Angeblich
trug er alles vom Konfirmationsanzug bis zum farbverschmierten Malerkittel
und die Größe schwankte zwischen kleinwüchsig und eins
neunzig.«
Leo seufzte. Das war der
Nachteil bei Großfahndungen, sie lockten auch Wichtigtuer,
notorische Lügner und Leute an, die sich schlicht und einfach
langweilten.
Dann kam ihm eine weitere
Idee. »Stahnke, Sie finden heraus, in welchem Regiment vom Hofe
gedient hat. Fordern Sie seine Akte an, ich will wissen, ob es früher
schon
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