Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
brauchten dringend Paul Görlich,
     dem er so viele drängende Fragen stellen wollte.
    Müde und gleichzeitig
     erregt schloss er die Haustür auf und stieg die ausgetretenen Stufen
     hinauf. Es war schon spät, vielleicht konnte er den Kindern
     wenigstens noch gute Nacht sagen. Ilse öffnete ihm die Tür, als
     hätte sie ihn schon auf der Treppe gehört, und sah ihn besorgt
     an. »Spät heute.«
    »Viel zu tun. Aber es
     geht voran«, sagte Leo und hängte Hut und Mantel an die
     Garderobe. Er stellte die Aktentasche daneben und fuhr sich mit der Hand
     durchs regenfeuchte Haar.
    »Wo sind die Kinder?«
    »Marie ist im Bett,
     Georg liest noch. Ich habe gesagt, ich schicke dich rein, wenn du
     rechtzeitig zu Hause bist. Ich mache dir etwas von der Suppe warm.«
    Leo trat ins Kinderzimmer. Er
     fragte sich immer, wie Marie so ruhig schlafen konnte, wenn bei Georg am
     Bett noch Licht brannte, aber sie ließ sich nicht stören, wenn
     sie erst einmal im Land der Träume versunken war. Er strich ihr sanft
     übers Haar, rückte den Plüschbären in ihrem Arm
     zurecht und trat dann zu seinem Sohn, der im Schein der Nachttischlampe
     einen Abenteuerroman las.
    »Spannend?«
    Georg nickte. »Spielt
     in Indien. Ein Maharadscha freundet sich mit einem englischen Offizier an,
     und der verliebt sich in die Schwester des Maharadschas.« Er rümpfte
     ein wenig die Nase. »Es gibt aber auch Kämpfe und Verrat und so
     weiter. Nicht nur so 'n Liebeskram.«
    Leo lächelte. »Der
     kann auch mal ganz schön sein.«
    »Wie bei Tante Ilse?«,
     fragte sein Sohn grinsend.
    Leo zuckte innerlich
     zusammen. »Ja, so in etwa«, meinte er nur und gab seinem Sohn
     einen Kuss auf die Stirn. »Noch fünf Minuten, dann ist Schluss.
     Schlaf gut.«
    In der Küche duftete es
     köstlich. Ilse schöpfte von der wunderbar sämigen Suppe in
     einen Teller und stellte ihn mit zwei Scheiben Brot vor ihren Bruder hin.
     Er aß hungrig und bemerkte erst danach, wie still sie war.
    »Ilse, ist etwas mit
     dir?«
    Sie wollte den Kopf schütteln,
     fuhr sich dann aber mit der Hand über die Augen. Leo stand auf, zog
     ihr einen Stuhl heran und drückte sie sanft darauf nieder. Dann schob
     er Teller und Löffel beiseite und ergriff ihre Hand. »Was ist
     los? Sag's mir bitte.«
    Er wusste nicht, wann er
     zuletzt eine solche Nähe zu ihr gespürt hatte. Eigentlich nicht
     seit damals, als Dorothea gestorben war und sie auf dem Friedhof seine
     Hand genommen hatte.
    »Es ist wegen Bruno«,
     sagte sie leise. »Er hat seit Tagen nicht angerufen, ist nicht mehr
     hergekommen. Ich … ich weiß nicht, ob ich etwas falsch
     gemacht habe, ich kenne mich mit so was nicht aus. Wir waren glücklich
     miteinander, auch im Spreewald, das hat Bruno selbst gesagt. Aber -«
     Sie wischte sich energisch über die Augen. »Du guckst so
     komisch, Leo. Weißt du etwas darüber, hast du mit ihm geredet?
     Wolltest du, dass er sich nicht mehr mit mir trifft?«
    Leo war erschüttert,
     dass sie ihm das zutraute. »Natürlich nicht.« Es sah
     beinahe so aus, als hätte Schneider von der bevorstehenden Verhaftung
     Wind bekommen und sich rechtzeitig davongemacht. Er selbst brauchte sich
     keine Vorwürfe zu machen, und um von Malchow, dessen Fahndungserfolg
     damit zunichte gemacht wurde, tat es ihm auch nicht leid. Zwar war es
     denkbar, dass von Malchow ihn beschuldigen würde, den Mann gewarnt zu
     haben, doch dann müsste er auch eingestehen, dass er Leo unter Druck
     gesetzt hatte. Also konnte er Ilse guten Gewissens alles erzählen.
    Er berichtete kurz, wie von
     Malchow Schneider beobachtet und mit Ilse zusammen gesehen hatte. Sie
     blickte ihn fassungslos an. »Und du hast mir nichts davon gesagt?
     Wie konntest du nur?«
    Leo goss zwei Gläser
     Bier ein und stellte seiner Schwester eins hin. Sie hob abwehrend die
     Hand, doch er sagte energisch: »Heute kannst du es gebrauchen.«
    Er setzte sich wieder, nahm
     den Kragen ab und öffnete den obersten Hemdknopf, um sich Luft zu
     machen. Dann erklärte er, dass er aus Gründen der Geheimhaltung
     nicht berechtigt gewesen sei, mit irgendjemandem über die
     bevorstehende Verhaftung zu sprechen. Es klang trocken und amtlich, aber
     seine sachlichen Worte schienen Ilse ein wenig zu beruhigen. »Trotzdem,
     ich … was soll ich denn jetzt machen?« Sie stützte den
     Kopf in die Hände. »Du meinst, er ist nicht vor mir, sondern
     vor der Polizei davongelaufen?«
    Leo nickte. »Ganz
     sicher. Auch wenn es ein

Weitere Kostenlose Bücher