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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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verlegen, entschloss sich dann aber, die Provokation zu ignorieren.
     »Fräulein Pabst, Sie haben sich doch häufiger im Atelier
     Wegner aufgehalten. Haben Sie dort je eine Skizze mit dem Titel ›Die
     blaue Stunde‹ gesehen?«
    Thea legte den Kopf ein wenig
     schief und dachte nach. »Nein, der Titel sagt mir nichts.«
    Walther holte den Umschlag
     mit der Skizze hervor und legte sie auf den Sofatisch. Thea warf einen flüchtigen
     Blick darauf und schüttelte den Kopf. »Nein, die habe ich noch
     nie gesehen. «
    »Eine ziemlich
     provokante Darstellung, nicht wahr?«, fragte Walther.
    Castorff trat neben ihn,
     schaute das Bild an und grinste. »Damit können Sie Thea nicht
     schockieren.« Doch als er Walthers ungehaltenen Blick bemerkte,
     wandte er sich wieder seiner Tasche zu.
    Thea nahm die Skizze und trat
     damit unter die Lampe. »Ganz schön brutal, aber es passt zu
     Arnold. Er legte immer Wert auf größte Wahrhaftigkeit, ob im
     Schönen oder Hässlichen.« Sie schien zu zögern. Eine
     gewisse Spannung lag in der Luft.
    »Fällt Ihnen noch
     etwas auf, Fräulein Pabst?«, fragte Walther erwartungsvoll.
    Sie überlegte, biss sich
     auf die Unterlippe. Die Gesichter waren nicht ganz ausgearbeitet. Ein verrückter
     Gedanke, und doch, die Ähnlichkeit war da. »Ach, ich weiß
     nicht, der Offizier erinnert mich flüchtig an jemanden, den ich
     kenne. Aber es ist wohl eine Täuschung.«
    »Und an wen haben Sie
     gedacht? Sollte es sich als Irrtum herausstellen, wird niemand behelligt,
     Fräulein Pabst.«
    »Der Mann hat eine
     gewisse Ähnlichkeit mit Richard vom Hofe, einem guten Bekannten«,
     sagte sie leise. Castorff hörte schweigend zu, seine Augen wurden
     immer größer.
    »Was können Sie
     mir über ihn sagen?«
    Thea sah auf die Uhr, doch
     der Blick des Kriminalbeamten verriet ihr, dass sie sich in dieser Lage
     keine Ausflüchte erlauben durfte. Sie ließ sich in einen Sessel
     fallen, faltete die Hände im Schoß und senkte den Blick.
     »Major vom Hofe ist, oder war, ebenfalls mein Geliebter. Arnold
     wusste davon. Es störte ihn nicht, unsere Beziehung war sehr offen,
     wie ich bereits erwähnte. Bei Richard war es anders, er konnte seine
     Eifersucht schlecht verbergen. Vielleicht hat er die Beziehung deshalb
     beendet. «
    »Herrn vom Hofes
     Adresse, bitte.«
    Sie nannte eine Anschrift in
     Schöneberg.
    »Angenommen, die
     Zeichnung stellt wirklich Herrn vom Hofe dar. Wie erklären Sie sich
     das? Kannten sich die beiden?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
     »Nicht dass ich wüsste. In meinem Beisein sind sie sich
     jedenfalls nie begegnet. Vielleicht kannte Arnold ihn vom Sehen. Er mochte
     diesen Typ Mann -ehemaliger Offizier, adlige Herkunft und so weiter - ganz
     und gar nicht und hat ihn womöglich deshalb als Modell für ein
     provokantes Bild genommen. So etwas kam zuweilen bei ihm vor.«
    »Aber wenn das Bild nun
     eine Situation darstellt, die tatsächlich stattgefunden hat? Wenn er
     sich nun wirklich an einem Knaben vergangen hätte?«, fragte
     Walther, dem die Worte ein wenig mühsam über die Lippen kamen.
     Hoffentlich war dieses Gespräch bald zu Ende.
    »Er war kein besonders
     guter Liebhaber, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, er könne
     so veranlagt sein«, erklärte Thea.
    »Es gibt genügend
     Männer, die zweigleisig fahren«, warf Castorff ein. »Du
     hast auch so was Knabenhaftes.«
    Walther hatte genug. Er
     klappte sein Notizbuch zu. »Ich danke Ihnen, Fräulein Pabst,
     Sie haben mir sehr geholfen. Bitte halten Sie sich weiter zu unserer Verfügung.«
    Paul irrte durch eine Reihe
     von Kellerräumen, immer dem Lichtschein nach, der aber mit jedem
     Schritt zurückzuweichen schien. Es roch durchdringend nach Obst, was
     komisch war, da nirgendwo Lebensmittel zu sehen waren.
    Plötzlich hörte er
     leise Stimmen, das Klirren von Glas. Er bog um eine Ecke und stand in
     einem Raum, der von einigen Gaslaternen erhellt wurde. An den Wänden
     befanden sich Betten aus schmutzigen Matratzen und Strohsäcken, die
     mit alten Wolldecken bezogen waren. Einige Männer drängten sich um einen Pappdeckel, auf dem
     Brot und braunfleckige Äpfel lagen. Eine Flasche ging herum. Paul
     blieb stocksteif stehen, hoffte zwar, nicht entdeckt zu werden, schielte
     aber begehrlich auf das karge Abendbrot, das sie sich teilten.
    Jetzt drehte sich einer der Männer
     um. Er war hager, mit dicken Tränensäcken und schütterem
     Haar, das wirr vom Kopf abstand. »Wen ham

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