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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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worauf Leo beinahe hintenüberkippte.
    »Frau Wegner?«
    Sie saß auf dem Sofa,
     einen Notizblock auf den Knien, und schreckte ein wenig zusammen, als
     Walther sie ansprach.
    »Würden Sie Ihren
     Mann als gläubigen Menschen bezeichnen?«
    Sie sah ihn erstaunt an.
     »Nein. Wieso?«
    »Wegen der Bibel, die
     auf seinem Nachttisch liegt.«
    »Ach die. Er hat gern
     im Alten Testament gelesen, die saftigen Stellen, wie er es nannte. Und
     die Offenbarung, eben alles, was plakativ und dramatisch war. Judith und
     Holofernes, Susanna im Bade, das Hohelied, das Buch Hiob. Er plante auch
     einen Bibelzyklus, aber dazu ist er nicht mehr gekommen.«        
    »Vielen Dank, Frau
     Wegner.«
    Leo saß auf dem
     Schreibtischstuhl und sah sich nachdenklich um. »Wir können den
     ganzen Kram unmöglich allein durchgehen. Ich schicke morgen zwei
     Leute her, die sich um die Regale kümmern. Aus dem Schreibtisch
     nehmen wir das hier mit.« Er zeigte auf einen Stapel mit Unterlagen,
     Aktenordnern und Heften.
    Walther berichtete kurz von
     Wegners Bibellektüre, dann kehrten sie zurück ins Wohnzimmer.
    »Hier ist die Liste,
     ich hoffe, sie ist vollständig. Aber ich kann gar nicht richtig
     denken, ich habe nur kurz hingeschaut, als ich …« Sie
     schluckte und wischte sich die Augen.
    »Ich verstehe, Frau
     Wegner, lassen Sie sich Zeit. Um eins möchte ich Sie aber noch bitten«,
     sagte Leo. »Schreiben Sie uns auch die Namen der engsten Freunde
     Ihres Mannes auf, dazu die von guten Bekannten, Mäzenen,
     Auftraggebern, wer Ihnen gerade einfällt. Wir müssen uns ein möglichst
     vollständiges Bild von Ihrem Mann machen. Nur so können wir
     herausfinden, ob er Feinde hatte, die womöglich vor einem Mord nicht
     zurückgeschreckt sind.«
    »Muss ich das jetzt
     gleich machen?«
    »Nein, diese Liste können
     Sie in Ruhe zusammenstellen und morgen meinen Kollegen übergeben, die
     die Durchsuchung fortsetzen werden. Seien Sie bitte um elf Uhr vormittags
     zu Hause. Eins noch.« Leo sah sie ernst an. »Ich möchte
     noch Ihre Fingerabdrücke nehmen.« Als sie widersprechen wollte,
     hob er beschwichtigend die Hand. »Es geht lediglich darum, sie mit
     den im Atelier gefundenen Abdrücken zu vergleichen, damit wir
     feststellen können, ob sich dort Fremde aufgehalten haben.« Er
     holte eine Karte und ein Stempelkissen aus der Tasche. Zögernd stand
     Nelly Wegner auf und reichte ihm die Hand. Er drückte ihre Finger
     behutsam nacheinander in die Farbe und dann auf die entsprechend
     beschriftete Karte. »Vielen Dank für Ihr Verständnis, Frau
     Wegner. Dann verabschieden wir uns für heute.«
    Er und Walther waren schon
     auf dem Weg zur Tür. Nelly Wegner verharrte still am Tisch, den Blick
     auf die schwarzgefärbten Fingerspitzen gerichtet, hob dann plötzlich
     den Kopf und rief ihnen nach: »Herr Kommissar, an eines erinnere ich
     mich jetzt. Die Staffelei war nicht mehr da.«

 
    8
    Das Auffälligste in
     Clara Bleibtreus Wohnzimmer waren die Bücherregale, die drei Wände
     bedeckten. Sie waren so hoch, dass in einer Ecke eine alte
     Bibliotheksleiter stand, mit der man an die obersten Borde gelangte. Das
     weich gepolsterte Sofa und die Sessel luden zum gemütlichen Schmökern
     ein. Die Bücher waren das Beste, was sie aus ihrer Ehe mitgenommen
     hatte, dachte Clara bisweilen.
    »Es ist furchtbar, ich
     weiß manchmal nicht, wo mir der Kopf steht«, sagte Magda
     Schott und ließ sich schwer in einen Sessel fallen. Dankbar griff
     sie nach der dampfenden Teetasse, die ihre Freundin gerade auf den Tisch
     gestellt hatte. Der Regen rann in dicken Schnüren an den hohen
     Fenstern hinunter, die Welt hinter dem Glas schien zu verschwimmen. 
    »Du bist heute
     ausgesprochen spät dran. Ich frage mich ohnehin, wie du das alles
     allein schaffst«, meinte Clara und schob Magda die Zuckerdose hin.
    »Ich wäre gern früher
     gekommen, aber dann tauchte noch eine Frau in der Praxis auf. Mit ihrem
     kranken Kind. Na ja, krank sind die Kinder in der Gegend fast alle. Ich
     wollte sie wegschicken, aber sie ließ sich einfach nicht abwimmeln.
     Da konnte ich schlecht nein sagen.« Sie trank einen großen
     Schluck und lehnte sich behaglich in den Sessel zurück.
    »Also habe ich den
     Kleinen noch untersucht.«
    »Und was hatte das
     Kind?«
    Magda seufzte. »Na was
     schon, das Übliche. Schwere Bronchitis, hohes Fieber, Atemnot. Dazu
     mangelernährt und rachitisch. Selbst wenn er die Krankheit übersteht,
     ist

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