Tod in Blau
geschnitztem Holzgriff zurück. »Ich kam an einer Schirmhandlung
vorbei, und da fiel mir ein, dass mein Regenschirm kaputt ist. War ein
altes Ding, also habe ich mir einen neuen gekauft.«
Klingt harmlos, dachte
Walther und registrierte beiläufig die Marke Sprint. Und doch war er
nicht ganz zufrieden. Die Veränderung, die mit Nelly Wegner
vorgegangen war, ließ ihm keine Ruhe. Für heute würde er
Schluss machen, es gab keinen Grund, noch weiter in sie zu dringen,
nachdem sie seine Fragen so offen beantwortet hatte.
Doch er spürte, dass
dies nicht sein letzter Besuch im Hause Wegner gewesen war.
*
Lutz Oswald steuerte seinen
Wagen auf den verlassenen Hof, dessen eiserne Tore lose in den Angeln
hingen. Ziegelsteine waren aus den Mauern gebröckelt und hatten Löcher
wie Zahnlücken hinterlassen. Die dünne Eisschicht auf den Pfützen
brach knirschend unter den Rädern. Ihm war nach wie vor nicht wohl
bei der Sache, doch die Übergabe sollte seine Bewährungsprobe
sein, und er wollte sie um jeden Preis bestehen. Er wunderte sich, dass
dies alles am helllichten Tag geschehen sollte, aber seine Auftraggeber würden
schon wissen, was sie taten.
Als er anhielt und einen Fuß
aus dem Wagen setzte, strich etwas an seinem Bein vorbei, und er zuckte
unwillkürlich zusammen. Die Ratte verschwand im nächsten
Kellereingang. Er stieg aus und schaute sich um.
Eine Gestalt löste sich
aus dem Schatten und kam auf ihn zu. »Wo sind die Sachen?«
»Im Kofferraum.«
Oswald öffnete die Klappe und deutete auf eine Kiste, die mit einer
Plane verhüllt war. »Schauen Sie nach, ob alles da ist.«
Er sah sich nervös um.
Der Mann hob den Deckel und
ging in aller Ruhe den Inhalt durch. Silberne Bestecke und Leuchter,
Schmuck, antike Waffen, alles außer Bargeld, das allmählich nur
noch zum Feueranzünden taugte. Er nahm die Kiste heraus. »In
Ordnung.«
»Das versteht sich doch
von selbst.«
»Nicht so von oben
herab, Herr Offizier«, meinte der Schieber und deutete über die
Schulter. »Ihre Ware ist da drüben. Eigentlich wundert es mich
ja, dass ich Ihnen so was besorgen muss, aber -«
»Ihre Meinung ist hier
nicht gefragt«, fuhr Oswald ihm über den Mund, was er sofort
bereute, da in diesem Fall besondere Behutsamkeit angebracht war. »Verzeihung.«
»Nervös, was?«
Er zog es vor, die Frage zu
ignorieren, schleppte die Kiste, die er kaum heben konnte, zum Wagen und
verstaute sie unter der Plane.
»Damit wären wir
wohl fertig.«
Der Mann tippte grüßend
an den Hut und verschwand im Schatten, wie er gekommen war.
12
»Möchtest du am
Sonntag zum Mittagessen kommen? Ilse ist nicht da«, fragte Leo und
hielt Walther die Glastür zum Morddezernat auf.
»Wo ist sie denn? Mit
ihrem neuen Freund unterwegs?«, fragte Walther mit einem
vorsichtigen Seitenblick, da er nie genau wusste, wie es gerade um das
geschwisterliche Verhältnis bestellt war. Doch Leo wirkte diesmal
recht gelassen.
»Sie fahren übers
Wochenende in den Spreewald.«
»Stelle ich mir im
Sommer zwar schöner vor, aber für Verliebte -«
Ȇbertreib nicht
gleich.«
Walther sah ihn überrascht
an. »Mach dir nichts vor, Leo, wenn sie schon mit ihm übers
Wochenende wegfährt, wird es wohl was Ernsteres sein.« Er
nickte einem Kollegen zu, der ihnen mit einem Stapel Akten entgegenkam.
»Du hast ja recht. Ich
gönne es ihr, hab ihr auch viel Vergnügen gewünscht und
heimlich einen Briefumschlag mit einem kleinen Beitrag in ihrer
Manteltasche platziert. Sonst hätte sie es nie angenommen.«
Walther merkte, dass sein
Freund ein wenig verlegen war.
»Natürlich wird
Schneider für sie bezahlen, aber ich dachte mir… na ja, dass
sie sich wohler fühlt, wenn sie nicht so sehr von ihm abhängig
ist. Stell dir vor, sie bekommen Streit und Ilse möchte nach Hause
fahren.«
Als Walther laut loslachte,
ging die Tür des Vorzimmers auf und Fräulein Meinelt schaute
verwundert heraus. »Darf ich mitlachen?«
Walther schaute Leo an, biss
sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
Die Sekretärin gab sich
beleidigt. »Dann eben nicht. Wenn die Herren Geheimnisse haben möchten.«
Leo und Walther grinsten und
betraten das Vorzimmer mit den vier Schreibtischen. Fräulein Meinelt
nahm wieder an dem ihren Platz und schaute auf einen Notizzettel.
»Herr Kommissar, eben
hat ein Rechtsanwalt Stadler für Sie angerufen und den
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