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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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sieht es mit den Befragungen im Umfeld des Ateliers aus?«
    Stahnke holte ein zerdrücktes,
     in Leder gebundenes Notizbuch aus der Tasche, ein berüchtigtes
     Exemplar, in dem nur er sich zurechtfand. Er befeuchtete den Daumen, blätterte
     um und räusperte sich. »Den Jungen haben wir bis jetzt nicht
     gefunden. Der Wedding ist eine arme Gegend, da gibt es viele zerlumpte,
     zurückgebliebene Kinder. Aber wir suchen weiter. Wir haben uns zunächst
     auf die Straßen in unmittelbarer Nähe der Rehberge beschränkt
     und weiten die Suche jetzt in alle Richtungen aus.«
    »Schulen, Ärzte, Läden,
     Werkstätten, vielleicht hilft er irgendwo als Laufbursche aus«,
     schlug Leo vor. »Wir müssen ihn finden, egal wie.
     Ich sehe zu, dass man uns noch drei weitere Leute genehmigt. Sie fangen
     schon mal an.«
    Stahnke und Berns nickten und
     standen auf. Als sie den Raum verlassen hatten, warf Walther ihm einen
     fragenden Blick zu. »Es kann doch kein Zufall sein, dass uns dieser
     von Mühl schon wieder über den Weg läuft.«
    Leo antwortete mit einem
     Achselzucken. »Er war mir genauso unsympathisch wie beim letzten
     Mal, aber ich fürchte, wir haben nicht mehr gegen ihn in der Hand als
     einige geschmacklose Äußerungen über Wegners Kunst. Wir können
     natürlich überprüfen, ob schon einmal gegen seinen
     seltsamen Verein ermittelt wurde. Andererseits kann ich mir nicht
     vorstellen, dass er einen Maler umbringt, nur weil er dessen Bilder
     dekadent findet.«        
    »Denk an Erzberger und
     Rathenau, Leo. Die wurden auch aus keinen besseren Gründen ermordet.
     Vielleicht gehen sie jetzt auf Künstler los, die nicht in ihr
     Weltbild passen.« Doch Walther spürte, dass Leo nicht richtig
     auf diese These ansprang, und wechselte das Thema. »Soll ich noch
     mal mit Frau Wegner sprechen und mir eine Liste sämtlicher Bilder
     geben lassen, die augenblicklich angeboten werden?«
    »Tu das, aber zunächst
     hörst du dich bitte im Haus um und befragst die Nachbarn. Ich werde
     den Anwalt aufsuchen, bei dem Wegner das Testament aufgesetzt hat. Bis
     nachher.«
    *
    Dr. Stadler nickte bedächtig
     und schlug die lederne Aktenmappe mit der Aufschrift »Testament
     Arnold Wegner, Mai 1921« auf. Dann sah er Leo Wechsler fragend
     über seine Lesebrille hinweg an.
    »Sie möchten also
     wissen, was die Witwe zu erwarten hat?«
    »Sie bringen es sehr
     schön auf den Punkt, Herr Dr. Stadler«, sagte Leo, der
     langwierige juristische Erläuterungen befürchtet hatte.
    Der Anwalt räusperte
     sich und schaltete die Schreibtischlampe ein, die das düstere
     holzvertäfelte Büro in ein angenehm warmes Licht tauchte. Es war
     eine altehrwürdige Kanzlei, deren Wände mit Ölporträts
     und gerahmten Urkunden geschmückt waren. Moderne Malerei durfte man
     hier wohl kaum erwarten.
    »Nun, die Sache stellt
     sich im Grunde recht einfach dar. Der Erblasser hat sein gesamtes Vermögen
     seiner Frau Nelly vermacht. «
    Das klang nicht sehr
     ermutigend. Leo hatte gehofft, Hinweise auf Dritte zu erhalten, die womöglich
     von Wegners Tod profitieren würden. »Was können Sie mir
     sonst noch über Herrn Wegners Nachlass mitteilen? Worin besteht er
     genau, wie viel ist er wert?«
    »Das ist nicht so
     einfach zu beziffern.« Der Anwalt nahm ein loses Blatt zur Hand, auf
     dem eine Zahlenkolonne zu erkennen war. »Die Wohnung in der
     Hochmeisterstraße ist gemietet. Das Atelier in den Rehbergen wird
     wohl demnächst abgerissen, da dort ein Volkspark angelegt wird, und
     die Erbin erhält eine Entschädigung, die allerdings nicht
     besonders hoch ausfallen dürfte. Weiterer Immobilienbesitz ist nicht
     vorhanden. Ferner gibt es ein Sparkonto, dessen Stand sich auf etwas
     über fünftausend Mark beläuft, in heutiger Zeit ein
     geradezu lächerlicher Betrag. Dann wäre da noch die Einrichtung
     der Wohnung, die Sie sicher schon gesehen haben.«
    Leo nickte. Das alles klang nüchtern
     und geschäftsmäßig, die einzigen wirklichen Anhaltspunkte
     waren die Bilder. »Wie sieht es mit den Werken aus, die noch zum
     Verkauf angeboten werden?«
    Der Anwalt holte eine weitere
     Liste hervor. »Ich gestehe, dass ich kein Kunstkenner bin, Herr
     Kommissar. Es handelt sich um insgesamt dreizehn Gemälde mit den
     folgenden Titeln. « Er schob Leo die Liste hinüber.
    1. Sommerwiese, Aquarell auf
     Leinwand, 1910
    2. Stillleben mit Fischen,
     Öl auf Leinwand, 1911
    3. Elternhaus, Aquarell, 1911
    4. Mutter mit Tulpen,
    

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