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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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nach der militaristisch geprägten Monarchie zurücksehnten,
     in der ein Offiziersrang viele Türen öffnete.
    Leo schaute sich um. Die großzügige
     Diele verströmte etwas eindeutig Männliches, was nicht nur auf
     die Gewehrsammlung in den Vitrinen, sondern auch auf den herben Geruch
     nach Leder und Rasierwasser zurückzuführen war. Hier wohnte
     bestimmt keine Frau, dachte er.
    Schritte ertönten, der
     Diener kehrte zurück. »Der Herr Oberstleutnant lässt
     bitten.« Er führte Leo zu einer eichenen Flügeltür.
    Der Raum hätte schön
     sein können, wären die holzgetäfelten Wände nicht so
     dunkel und die Vorhänge nicht so bedrückend schwer gewesen. Sie
     verhüllten beinahe gänzlich die hohen Fenster und ließen
     nicht einmal das trübe Novemberlicht in die Bibliothek. In der Mitte
     des Raums stand ein Billardtisch mit einer Messinglampe darüber.
    Ulrich von Mühl löste
     sich aus einer Ecke, als wäre er dem Schatten entstiegen, und kam,
     Billardqueue in der einen, Kreide in der anderen Hand, auf Leo zu.
    »Sie schon wieder, Herr
     Kommissar. Das wird allmählich zur Gewohnheit. Sie scheinen recht
     lange für Ihren Kanalschwimmer zu brauchen.« Er legte Queue und
     Kreide beiseite und gab Leo nun doch die Hand.
    »Nehmen Sie Platz.«
    Leo setzte sich in einen
     Ledersessel, dessen allzu straffe Polsterung das bequeme Aussehen Lügen
     strafte. Er holte Bleistift und Notizbuch aus der Tasche und schlug es
     auf. »Ich bin heute nicht im Fall Carl Bremer hier. Wie es der
     Zufall will, bin ich bei meinen derzeitigen Ermittlungen erneut auf Ihren
     Namen gestoßen. Vermutlich haben Sie in der Zeitung vom Mord an dem
     bekannten Maler Arnold Wegner gelesen.«
    Von Mühl strich sich
     beiläufig über den perfekt gestutzten Schnurrbart, als dächte
     er nach. »Hm, ja, ich erinnere mich. Aber es hörte sich nach
     einem Unfall an, einer Brandsache, glaube ich.«
    »So ist es. Der
     Todesfall wurde zunächst von der Feuerwehr bearbeitet, doch weisen
     bestimmte Spuren darauf hin, dass es sich um einen Mord handelt, der nur
     als Unglücksfall getarnt wurde.«
    Von Mühl wirkte nicht
     überrascht, doch das allein war kaum verdächtig. Er zündete
     sich eine Zigarette an, ohne Leo ebenfalls eine anzubieten, schlug die
     Beine übereinander und lehnte sich zurück. »Muss ich jetzt
     Trauer heucheln?«
    »Nein, Herr von Mühl,
     aber ich habe einen Fall aufzuklären und zähle dabei auf Ihre
     Mitarbeit.«        
    Nun war von Mühl doch
     eine gewisse Verwunderung anzumerken. »Was sollte ich dazu beitragen
     können? Der Mann war mir persönlich völlig unbekannt.«
    »Das mag sein. Ich habe
     allerdings erfahren, dass Sie sich vor einiger Zeit auf einer
     Abendgesellschaft recht abfällig über ihn geäußert
     haben. Ich glaube, das Ganze fand bei einem Konsul Haberland statt.«
    Der Oberstleutnant schnippte
     die Zigarettenasche elegant in den Aschenbecher, ohne auch nur einen Blick
     in die Richtung zu werfen. »Sie sind erstaunlich gut über meine
     gesellschaftlichen Aktivitäten informiert, Herr Kommissar. Wer hat da
     wohl geplaudert?«
    Er quittierte Leos
     Achselzucken mit einem Lächeln. »Nun gut, ich habe nichts zu
     verbergen. Was heutzutage als Kunst verkauft wird, missfällt mir
     zutiefst, das gebe ich ehrlich zu. Wegners Bilder sind ein Symbol für
     alles, was in unserem Land nicht mehr stimmt. Zersetzung, Verderbnis,
     alles wird in den Schmutz gezogen, zertrampelt, gleichgemacht.«
    Die Gleichmacherei scheint
     ihm besonders zu missfallen, dachte Leo bei sich.
    »Nehmen Sie die Politik«,
     fuhr von Mühl fort. »Früher war das eine Tätigkeit für
     Menschen von Stand, die etwas darstellten, aus guter Familie waren, mit
     einer entsprechenden Bildung. Heutzutage kann jeder hergelaufene
     Sattlergeselle und Wirtshausbesitzer Reichspräsident werden.«
    Nun regte sich Leos
     Widerspruchsgeist, doch er blieb gelassen. Heute würde er sich nicht
     um Kopf und Kragen reden. »Sollte ein Staat nicht von Bürgern
     jeder Klasse und Herkunft regiert werden? Wir leben seit
     beinahe vier Jahren in einer Demokratie. Das müssen auch Menschen
     Ihres Standes akzeptieren.«
    Von Mühl machte eine
     wegwerfende Geste. »Leere Worte. Was hat uns diese wunderbare
     Demokratie denn gebracht? Schauen Sie sich die Wirtschaft an, unser Geld
     ist nichts mehr wert, unser Land wird annektiert, wir leisten erdrückende
     Reparationszahlungen, und halb Deutschland wünscht sich den

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