Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
Levasseur. »Er schien sich an
     einen gewissen Ehrenkodex zu halten, nach dem er Künstlern nicht die
     Frau ausspannte. Da verlegte er sich lieber auf Modelle, manchmal auch aus
     besten Kreisen.«
    »Er liebte die
     Provokation«, warf Kollender ein.
    »Ich hörte etwas
     von einem Gemälde mit Maden«, sagte Leo.
    Die Männer lachten.
    »Ja, die Gräfin
     Zernowitz hatte sich ihr Porträt wohl etwas anders vorgestellt.
     Delikat war, dass sie vorher überall herumerzählt hatte, sie ließe
     sich von Arnold Wegner malen. Danach wurde sie ständig gefragt, was
     denn aus dem Porträt geworden sei und wann sie es endlich in ihren
     Salon hängen wolle. Aber ermordet hat sie ihn deshalb wohl kaum.«
    »Sie wüssten also
     niemanden, der so eifersüchtig war, dass er Wegner deswegen getötet
     hätte?«
    Kollender antwortete mit
     einem Schulterzucken. »Sicher ist man da nie, aber Arnold war…
     wie soll ich sagen, sehr liebenswürdig. Er machte es einem nicht
     leicht, ihn zu hassen.«
    »Dennoch muss ihn
     jemand so sehr gehasst haben, dass er ihn bei lebendigem Leibe anzündete«,
     warf sein Freund bedrückt ein.
    »Wie sieht es denn mit
     seiner Familie aus, seiner Frau, meine ich? Kennen Sie Nelly Wegner? Wie
     hat er von ihr gesprochen? Sprach er überhaupt von ihr?«
    Leo spürte, dass den Männern
     die Frage unangenehm war. Kollender schaute zur Decke, Levasseur holte
     umständlich eine neue Zigarette aus einem zerkratzten Silberetui.
     Schließlich räusperte er sich.
    »Wir haben Arnolds Ehe
     nie ganz verstanden. Er lud keinen von uns je zu sich
     nach Hause ein. Seine Frau lebe sehr zurückgezogen und verkehre nicht
     in Künstlerkreisen, pflegte er zu sagen. Ich habe mich immer über
     diese Ehe gewundert, sie schienen so wenig gemeinsam zu haben.«
    Kollender hob die Hand.
     »Ich muss dich kurz unterbrechen, Kurt. Einmal war sie doch hier, du
     warst seinerzeit in Paris. Mutter Freese feierte damals ihren Sechzigsten,
     und Arnold brachte Nelly mit. Zuerst stellte er sie allen möglichen
     Leuten vor, Dix und Grosz, Beckmann war auch da, doch bald wirkte er wie
     verwandelt, saß nur mit ihr an einem Tisch und redete kaum noch. Sie
     sind schon gegen zehn gegangen. Ich glaube, sie wollte unbedingt nach
     Hause.«
    Das passte zu allem, was
     Nelly Wegner und Alfred Salomon ihnen erzählt hatten, dachte Leo,
     aber eine unerfüllte Ehe allein war noch kein Motiv für einen
     Mord. 
    »Wissen Sie, wer mir
     sonst weiterhelfen könnte?«
    Levasseur deutete mit der
     Zigarette auf die Theke. »Mutter Freese. Wenn er jemandem sein Herz
     ausgeschüttet hat, dann ihr.«
    Leo bedankte sich für
     das Gespräch und begab sich an die Theke. Mutter Freese polierte Gläser
     und redete dabei mit drei Gästen zugleich. Ihr unnatürlich
     schwarzes Haar war zu einem lockeren Zopf geflochten, der lang den Rücken
     hinunterfiel und von einem Lederband gehalten wurde. Über ihrer weißen
     Bluse trug sie eine ungewöhnliche perlenverzierte Lederweste, die Leo
     an Zeichnungen aus Georgs Wildwestromanen erinnerte.        
    Er wartete höflich, bis
     die Gäste eine Gesprächspause einlegten, und stellte sich
     diskret vor. Mutter Freese sah ihn an und sagte ohne das geringste
     Erstaunen: »Sie sind wegen Arnold hier.«
    »Das ist richtig, Frau
     Freese. Könnte ich einen Augenblick mit Ihnen sprechen?«
    Sie nickte und winkte einer
     Bedienung zu, die ihren Platz hinter dem Tresen einnahm, und führte
     Leo in ein Hinterzimmer, wo sie ihm einen Platz auf einem reichlich harten
     Stuhl anbot. Sie selbst blieb stehen, zündete sich eine Zigarre an
     und paffte drauflos.
    »Ich hab die Leute
     reden hören, aber nichts drauf gegeben. Wenn Sie wüssten, welche
     Märchen und Gerüchte hier umlaufen, da muss doch wenigstens
     einer einen kühlen Kopf bewahren. Und jetzt wollen Sie von mir hören,
     wer's gewesen ist.«
    »Nicht unbedingt. Aber
     ich möchte Sie um Hinweise bitten. Vor allem interessiert mich, ob
     Herr Wegner mit Ihnen über persönliche Dinge gesprochen hat.
     Seine Ehe zum Beispiel.«
    »Hm, er war keiner, der
     viel über Privates redete. Er sprach gern über andere Menschen,
     über seine Kunst, über gutes Essen. Aber jetzt, wo Sie mich
     fragen …« Sie schien angestrengt nachzudenken und setzte sich
     nun doch. Dann stützte sie die drallen Arme auf den Tisch und
     richtete die Zigarre wie eine Waffe auf Leo.
    »Doch, da war etwas,
     vor etwa einem halben Jahr. Arnolds Frau wollte

Weitere Kostenlose Bücher