Tod in Blau
etwa
Schulden eintreiben oder so? Da macht Mutter Freese nicht mit. Sie mag es
nicht, wenn Leute ihre Gäste belästigen.«
Leo schüttelte den Kopf.
»Keine Sorge, um Schulden geht es mir nicht.« Er zeigte seine
Marke vor. »Kommissar Wechsler vom Morddezernat.«
Die Bedienung schaute rasch
zur Theke, stellte ihr Tablett ab und setzte sich zu ihm an den Tisch.
»Also ist doch was dran an der Sache. Man erzählt sich nämlich,
dass der Wegner ermordet worden ist. Etwas in der Art hat wohl auch in der
Zeitung gestanden.«
Leo nickte nur und lockerte
ein wenig die Krawatte. Die vielen Menschen ließen die
Temperatur im Lokal beträchtlich steigen.
»Ja, wir vermuten, dass
er einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Daher ermitteln wir im Kreis
der Angehörigen und Freunde. War Wegner beliebt? Wissen Sie von
irgendwelchen Rivalitäten, persönlichen Abneigungen oder
Feindschaften? Ach ja, und Ihren Namen hätte ich auch gern.«
»So viele Fragen auf
einmal«, sagte die Bedienung seufzend. »Ich heiße
Annemarie Schulz und arbeite seit zwei Jahren hier. So lange kenne ich
auch Arnold Wegner. Ob er beliebt war - ja, ich glaube schon. Er war ein
Mann, der gern unter Menschen war, sich für alles interessierte. Er
konnte gut zuhören, das mögen die Leute. Richtige Feinde hatte
er wohl nicht, Rivalen schon. Es gab bisweilen Getratsche, wenn er was
malte, das in der Zeitung als Sensation abgebildet wurde. Die Gräfin
mit den Maden im Bauch, die war ein echter Skandal.«
Leo hob die Hand. »Das
klingt faszinierend. Wieso Maden?«
»Na ja, er hat sie
gemalt, weil sie es wollte, und auf dem Bild quollen dann Maden aus ihrem
Bauch. Da wollte sie es nicht bezahlen. Er hat es hingenommen. War ein
klammer Monat für ihn.«
»Gab es deswegen
weitere Auseinandersetzungen mit der Auftraggeberin?«
»Nicht dass ich wüsste.
Aber Sie sollten mal mit den Herren da drüben sprechen.« Fräulein
Schulz deutete auf einen Tisch ganz hinten in der Ecke, an dem zwei Männer
ins Gespräch vertieft saßen. »Das waren gute Freunde von
ihm.«
Leo bedankte sich, stand auf
und ging zu dem fraglichen Tisch hinüber. Dort stellte er sich mit
einer angedeuteten Verbeugung vor. Die Herren blickten überrascht
auf. Einer war klein und füllig und trug eine kreisrunde Hornbrille,
was ihn wie einen bebrillten Fußball aussehen ließ. Er hatte
an jeder Hand einen auffälligen Siegelring, die beide tief ins
Fleisch schnitten. Sein Begleiter war eher
schmal und dunkel, seine Augen funkelten ironisch und schienen tief in Leo
hineinzublicken.
Der Schmale bot ihm einen
Platz an. »Kurt Levasseur, Maler und Kunstkritiker, leider nicht in
dieser Reihenfolge. Das hier ist Ernst Kollender, einer unserer
boshaftesten Karikaturisten, auch wenn er nicht so aussieht.«
Kollender grinste. »Es
hat auch Vorteile, wie ein satter Säugling auszusehen, Herr Wechsler.
Die Menschen nehmen einen nicht für voll und enthüllen mehr, als
sie eigentlich wollen.« Dann wurde er ernst. »Ist es wahr?
Wegner wurde ermordet?«
»Mit ziemlicher
Sicherheit«, bestätigte Leo. »Wir gehen davon aus, dass
er niedergeschlagen und angezündet wurde.«
Die beiden Künstler
schauten sich betroffen an. Leo beobachtete sie prüfend, an ihrer
Reaktion wirkte nichts gespielt.
»Sie können sich
vorstellen, dass wir Wegners Umfeld untersuchen, mit Freunden und
Bekannten sprechen und allen Hinweisen nachgehen müssen. Da er regelmäßig
hier verkehrte, bitte ich um Ihre Mithilfe.«
Kollender nickte ernst und
winkte der Bedienung. »Was nehmen Sie, Herr Wechsler? Oder sollte
ich Herr Kommissar sagen?«
Leo schüttelte den Kopf.
»Nein, ich möchte kein Aufsehen erregen. Außerdem ist
dies noch kein Verhör, sondern eine Unterhaltung. Sollte ich etwas
Belastendes von Ihnen erfahren, müssten Sie dies ohnehin offiziell zu
Protokoll geben, sonst habe ich nichts in der Hand. - Noch ein Bier,
bitte.«
»Und was genau wollen
Sie wissen?«, erkundigte sich Levasseur, der eine Zigarette mit
starkem Aroma rauchte. Er bot Leo eine an, der dankend ablehnte. Er
rauchte selten, und der durchdringende Geruch behagte ihm nicht.
»Es geht mir vor allem
um Hinweise auf Konflikte, Rivalitäten, die über ein normales Maß
hinausgingen. Eifersucht, Affären, alles, was eine derartige Tat erklären
kann.«
»In Kollegenkreisen war
Arnold recht beliebt«, sagte
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