Tod in Blau
als Fräulein Meinelt anklopfte
und die Tür öffnete. »Herr von Malchow für Sie, Herr
Kommissar.«
»Herein.«
Er setzte sich überrascht
wieder an den Schreibtisch und begrüßte den Kollegen mit einer
Handbewegung. »Nehmen Sie Platz. Wir sind uns ja länger nicht
über den Weg gelaufen.«
Herbert von Malchow setzte
sich auf den Stuhl gegenüber, schlug die Beine übereinander und
verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Gesichtsausdruck wirkte so
selbstzufrieden, dass Leo ein ungutes Gefühl beschlich.
»Fühlen Sie sich
wohl in der Inspektion D? Interessante Fälle?«, fragte er kühl
und höflich.
Von Malchow nickte gelassen.
»Sie würden sich wundern, Herr Kommissar, was man dort so alles
erleben kann.«
Der selbstgefällige
Tonfall gefiel Leo gar nicht. »Seltsam, ich dachte immer, Sie hängen
mit Leib und Seele am Morddezernat. «
Von Malchow ließ sich
von dem Seitenhieb nicht beirren. »Wenn Sie ein paar Minuten Zeit
haben, würde ich Ihnen gern von einem laufenden Fall berichten.«
Leo zog eine Augenbraue hoch.
»Hat er mit einem Fall dieser Abteilung zu tun?«
»Das nicht, aber mit
Ihnen. Wir beobachten seit längerem einen Schieber. Er handelt mit
Wertgegenständen, die er unter Preis kauft, teilweise auch von
Hehlern bezieht und mit gutem Gewinn ins Ausland verscherbelt. Bis vor
kurzem gab er sich mit Antiquitäten, Tafelsilber, Schmuck und Ähnlichem
zufrieden und konnte sich immerhin einen schönen Wagen davon leisten.
Neuerdings ist er allerdings ins Waffengeschäft eingestiegen. Wir
vermuten Verbindungen zu rechtsnationalen Kreisen. Da ist nach dem
Kapp-Putsch und dem Attentat auf Rathenau natürlich äußerste
Vorsicht geboten.«
»Ich kann mich nicht
erinnern, dass Sie über den Tod Rathenaus sonderlich traurig gewesen
wären«, warf Leo ein.
»Die Überheblichkeit
wird Ihnen noch vergehen, Herr Kommissar«, entgegnete von Malchow
zufrieden. »Zurück zu meinem Waffenschieber.«
»Verraten Sie mir
endlich, was mich diese Sache angehen soll?«
Von Malchow hob
beschwichtigend die Hand. »Immer langsam, Herr Kommissar, ich werde
Sie nicht länger auf die Folter spannen. Mir fiel die Aufgabe zu,
diesen Herrn zu observieren, und was glauben Sie, wie überrascht ich
war, ihn mehrmals in Begleitung einer Dame zu sehen, die Ihnen nicht
unbekannt sein dürfte?«
Leo spürte einen Druck
in der Magengegend, blieb aber äußerlich ruhig. »Woher
wollen Sie wissen, welche Damen ich kenne?«
»Ihre eigene Schwester
dürfte Ihnen wohl nicht fremd sein, oder?«
*
Walther sah seinen Freund
gereizt an. »Leo, du hörst mir gar nicht zu. Was ist mit dieser
Adoptionssache? Womöglich hat sie ihn umgebracht, weil er kein Kind
mit ihr haben und auch keins adoptieren wollte. Die Frau wünscht sich
um jeden Preis ein Kind, sonst hätte sie doch nicht einer
Wildfremden, die zudem die Geliebte ihres Mannes war, davon erzählt.«
Doch Leo schien ihn nicht gehört
zu haben. Worauf Walther aufstand und mit der flachen Hand auf den Tisch
hieb, dass die Papiere in die Luft flatterten. »Verdammt noch mal,
was ist los mit dir?«
Leo schob langsam den Stuhl
nach hinten, lehnte sich zurück und sah ihn an. Er wirkte müde
und angespannt zugleich, unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. »Ilses
Freund wird von der Polizei observiert.«
»Wie bitte?«
»Von Malchow war eben
hier«, antwortete Leo ungeduldig. »Die Inspektion D observiert
Bruno Schneider wegen irgendwelcher Waffenschiebereien. Die Ware geht
vermutlich an rechte Organisationen, du weißt schon, Brigade
Ehrhardt und Konsorten.« Die Brigade Ehrhardt hatte im März vor
zwei Jahren einen Putschversuch unternommen. »Und dabei hat er Ilse
mehrmals mit Schneider zusammen gesehen.«
Walther ließ sich
schwer auf seinen Stuhl fallen. »Und jetzt?«
Leo starrte blind vor sich
hin. »Ilse hat das Wochenende mit ihm verbracht, ist richtig
verliebt. Du würdest sie nicht wiedererkennen. Wie soll ich ihr
sagen, dass ihr Freund allem Anschein nach ein Verbrecher ist?«
»Ist es denn nur ein
Anfangsverdacht, oder haben die echte Beweise gegen ihn?«
»Es hörte sich
ziemlich fundiert an, die warten nur darauf, ihn bei der nächsten
Übergabe zu verhaften. Du hättest von Malchows Gesicht sehen
sollen.«
Das konnte Walther sich
lebhaft ausmalen. »Leo, du musst es ihr sagen.«
»Na wunderbar. Und was
passiert, wenn sie
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